Volles Rohr
Pleshys Wahlkampf verfolgt?«
»Da bringst du mich auf was. Basco kauft Boner auf.
Große Fusion. Wahrscheinlich Insider-Geschäfte.«
»Darüber müssen wir uns unterhalten. Und über den
Artikel - du erinnerst dich?«
Und so verabredeten wir uns. Ich war mir noch nicht
sicher mit dem Artikel. Machte vielleicht insofern Spaß, als es ein Kinderspiel war. Aber andererseits versuchte ich mich hin und wieder an politischer Glaubwürdigkeit.
Es waren schon ein paar verblüffend bekannte
Lokalpolitiker zu mir gekommen, damit ich ihnen
Statements über Giftmüllprobleme schrieb. Und wenn ich den Schleimer in der alternativen Presse runterputzte, wurden sie vielleicht kopfscheu.
Irgend jemand hatte mir in meiner Abwesenheit
Zeitungsausschnitte über Smirnoff, dieses
Granatenarschloch, auf den Tisch gelegt. Die
terroristischen Jungpfadfinder hatten ihr erstes Jamboree veranstaltet und die gesamte Bostoner Presse dazu
eingeladen. Ein, zwei Reporter waren auch tatsächlich gekommen. Smirnoff hatte eine Verlautbarung
ausgespuckt, wirr und weitschweifig, wie nicht anders zu erwarten, und GEA teils mit Scheiße beworfen - wir seien zu konservativ -, teils unsere direkten Aktionen gelobt. Einer der Ausschnitte war mit einem Foto
versehen, und ich konnte den Hinterkopf eines
Jungpfadfinders erkennen, der bewundernd zu Smirnoff aufblickte. Das war definitiv Wyman, der Typ, der auf der Autobahn in den Rückwärtsgang geschaltet hatte.
Also versuchte ich, ihn zu fassen zu kriegen, aber er war aus seiner alten Wohnung ausgezogen, und niemand
wußte, wo er war.
»Das hält er geheim«, erklärte sein ehemaliger
Zimmerge nosse, »weil er vom FBI verfolgt wird.«
»Ist ja 'n Ding«, sagte ich und trat damit diesem
unverfolgten Mitverschwörer gewaltig auf den nicht
vorhandenen Schlips.
Den Rest des Nachmittags schrieb ich Briefe und
Pressemitteilungen, in denen ich Smirnoff, sein Idol Boone und ihresgleichen anprangerte und die
Unterschiede zwischen uns und ihnen erklärte. Dann
schmiß ich das Zeug weg, will sagen, ich ließ es vom Computer löschen. Es würde nie gedruckt werden, weil wir über Leute wie Smirnoff nicht reden - wir ignorieren sie.
Ein bißchen Spaß hatte ich allerdings in der ersten
Woche nach meiner Rückkehr. Keine großen Aktionen,
keine Auftritte vor Gericht, keine kaputten Autos. Ich rührte eine Ladung Papiermache an und bereicherte
meine Modelleisenbahn mit einem neuen Berg. Ich
versilberte wieder mal ein paar von meinen alten Mass-Anal -Aktienund kaufte eine antike Lok. Bartholomew, Debbie, Tess, Laurie und ich spielten nach der Arbeit bis zum Umfallen Federball.
Aber am meisten Spaß hatte ich, als mir Esmerelda die Kopie eines Fotos aus dem Wirtschaftsteil des Boston Globe vom 13. Juli 1956 schickte. Es war ein Bild von Alvin Pleshy aus seinen rührigen Tagen als
Jungingenieur im Hauptwerk von Basco in der Alkali Lane. Ich erkannte das Gebäude an seiner Monstrosität: Es war ihre riesige Chloralkalielektrolysefabrik. Sie produzierten eine Menge Chemikalien, also brauchten sie eine Menge Strom. Und das bedeutete gewaltige
Transformatoren. Einen Haufen Transformatoren, jeder von der Größe einer Garage mit zwei Stellplätzen.
»NEUE GERÄTE FÜR BASCO. Oberingenieur Alvin
Pleshy überwacht die Aufstellung von modernen Geräten im Basco-Werk in Everett. Die Geräte sollen bei der
Produktion von Chemikalien für Industrie und
Landwirtschaft eingesetzt werden.«
Die in wenigen Jahren über Vietnam versprüht werden, ergänzte ich. Aber die Bildunterschrift spielte keine Rolle. Ich betrachtete das Foto. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte sehen, daß es sich hier nicht um
irgendwelche »Geräte« handelte, sondern um
Riesentransformatoren.
Daß Basco 1956 neue Transformatoren gekauft hatte, interessierte mich nicht. Mich interessierte, daß sie alte Transformatoren hatten ausrangieren müssen, um Platz für die neuen zu schaffen. Und die alten Transformatoren waren vermutlich voll PCBs gewesen - Hunderttausende Gallonen von dem Teufelszeug. Basco hatte jahrelang PCB-Probleme gehabt, aber nicht in dieser
Größenordnung.
Irgendwo hatte Pleshy einen ganzen Schadstoffsee
verschwinden lassen und es dreißig Jahre lang
geheimgehalten. Ich fragte mich, ob er nachts manchmal daran dachte. Ich fragte mich, was die Aktionäre wohl sagen würden, wenn ich sie darüber informierte.
Angenommen, Basco hatte die Transformatoren einfach im Hafen versenkt. Oder auf einem
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