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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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Aktentaschen drehten sich im Wind.
    Am dritten Tag passierte nicht viel. Boner hatte beschlossen, die Sache mit amüsierter Nachsicht zu
    betrachten. Sie wußten noch nichts von den
    Zementsäcken. Im Betrieb stauten sich irgendwo in
    einem Vorhaltbecken giftige Abwässer, aber sie hatten es nicht gemerkt. Heute abend würden wir fahren, und wenn sie sehr auf Zack waren, würden sie feststellen, daß ein Einstiegsschacht verschwunden war.
    Am Nachmittag zogen Debbie und ich uns in die
    Flitterwochensuite zurück, wo wir miteinander redeten und beinah Sex hatten. Ich saß auf dem Bett, nutzte die Möglichkeit, per Glotze einzukaufen, schaffte mit der Kreditkarte von Biotronics Mikrowellenherde an, ließ sie an Adressen in Roxbury gehen und trank Bier. Die drei Tage im Lkw hatten mich ziemlich alle gemacht. Jim
    Grandfather kam vorbei, ich stellte das Bier weg, weil der Geruch ihn störte, und dann saßen wir still da,
    schauten Football mit abgestelltem Ton und hörten zu, wie Debbie unter der Dusche sang.
    Am Morgen badete ich, lieh mir einen Fön und trocknete meine Haare, bis ich so verweht aussah wie das
    Schlußlicht bei einem Moto-Cross-Rennen. Dann
    schlüpfte ich in meinen dezenten Dreiteiler, zog
    Kniestrümpfe an, streifte Plastikbeutel drüber und griff zu meinen schreiend grünen Turnschuhen, die mit
    diversen Toxinen besprenkelt waren. Ich bewahrte sie immer in einer kleinen Kühlbox auf. Band mir eine
    Krawatte um, die einer toten Forelle nachgebildet war.
    Jim fuhr mich mit seinem Lieferwagen in die Stadt und setzte mich dort ab. Er zog los, um einen neuen Riemen für seine Waschmaschine zu kaufen; ich betrat die
    Eingangshalle eines großen Bürogebäudes.
    Die Typen vom Sicherheitsdienst warteten schon auf
    mich und brachten mich sofort in eine der obersten
    Etagen. Wir witschten durchs Labyrinth der
    Sekretärinnen, und dann wurde ich in einen schicken
    Konferenzsaal geleitet, in dem das Topmanagement von Boner Chemical versammelt war.
    War alles durchchoreographiert. Ein Dutzend reiche
    weiße Säcke und ich. Natürlich bin ich auch weiß, aber irgendwie vergesse ich das immer. Die weißen Säcke
    saßen im Halbkreis, eine Art Parabolspiegel mit einem leeren Stuhl in der Mitte, damit sie ihre Blicke nach innen bündeln und ihre Gemeinheitsenergien auf mich
    konzentrieren konnten. Aber ich nahm in einem Sessel Platz, der ein Stück abseits unterm Fenster stand.
    Schuhleder knarrte, Parfümwolken und Martinifahnen
    segelten beziehungsweise flatterten durch den Raum, als alle sich umsetzten. Die Sessel waren klotzig, und das Ganze war mit Arbeit verbunden. Die Jungs hatten keine einheitliche Marschroute, also entwickelten sich die Dinge etwas chaotisch. Einige Manager saßen weit außen am linken und rechten Flügel, andere mußten über
    nadelgestreifte Schultern spähen. Alle plierten in die Sonne - ein glücklicher Zufall. Ich lehnte mich mitsamt dem Sessel gegens Fenstersims, so daß meine grünen
    Turnschuhe in die Luft aufstiegen. Da saß ich nun,
    betrachtete diese nervöse Phalanx aus Spitzen der
    Gesellschaft und dachte mir, was für ein besoffener Job das war. Ich verbringe meine Zeit damit, daß ich mit Leuten lebe und arbeite, die wahrscheinlich reisende Puppenspieler wären, wenn es GEA nicht gäbe. Leute,
    die zur Krebsverhütung Quarzkristalle unter ihr
    Kopfkissen legen, die das Gefühl haben, der Tag sei
    verloren, wenn sie keine Gelegenheit hatten, vor
    laufender Kamera einen neuen Sprechchor zu bringen.
    Ab und zu stoße ich Drohungen gegen die Vorstände
    großer Firmen aus. Wenn ich frei habe, gehe ich in
    ungeklärten Abwässern tauchen. Meine Tante fragt mich zwischendurch, ob ich jetzt einen Job habe.
    Die Säcke stellten sich vor, aber ich vergaß ziemlich schnell, wie sie hießen und welchen Dienstgrad sie
    hatten. Vorstände tragen keine Namensschildchen an
    ihrem anthrazitgrauen Kammgarn. Die meisten waren
    von Boner, aber es waren auch ein paar von Basco dabei.
    »Tut mir leid, das mit Ihrem Dioxin- Abflußrohr«, log ich, »aber seien Sie unbesorgt. Mit ein paar Zentnern Dynamit läßt sich das ohne weiteres richten.«
    Der Sack mit den Brillengläsern, die so groß waren wie Bullaugen, sagte: »Sie irren sich, Mister, wenn Sie
    meinen, daß Sie hier einfach ein Abflußrohr dichtmachen und …«
    »Ungestraft davonkommen können?« fragte ich.
    »Genau.«
    »Ebendies ist just passiert«, sagte ich. »Und nun zum zweiten Punkt. Wir sind mächtig sauer über

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