Vollidiot
Frau Flik am Tresen.
»Die Geschichte erzählt er jedes Mal!«, lacht Daniela und ergänzt: »Hey ..., das war mit Abstand die lustigste Stunde, die ich hier hatte! Malte und Broder!«
»Das sind aber auch Knallköpfe!«, sage ich und biete ihr eine Zigarette an. Sie nimmt an und gibt mir Feuer.
»Danke«, sage ich und beschließe, meiner Neugierde kurz die Tür zu öffnen. »Wer ist denn sonst so im Kurs?«, frage ich und bin ganz gespannt, was sie zum Thema Flik zu sagen hat. »Na ja ... die beiden Knallköpfe, wie du sie nennst, und dieser Flik.«
»Flik?«, frage ich und nehme einen Schluck Wein. »Komischer Name. Wie ist der so drauf?«
Daniela nippt ebenfalls an ihrem Rioja und ascht dabei nervös ihre vor fünf Sekunden angezündete Zigarette ab, an der natürlich noch gar keine Asche dran ist.
»Nett!«
»Er ist nett?«, frage ich ungläubig.
»Nett, jetzt nicht so lustig wie du ... eher ... halt einfach nur nett!«
Dann tippt sie ihren Finger an meine Nase und lächelt. Nicht so lustig wie ich? Einfach nur nett? Ich finde Flik auch einfach nur nett, aber mit ihm gehe ich ja auch nur in die Kneipe und nicht in die Kiste. Einfach nur nett. Hoppla! Was erzählt mir diese Frau?
»Danke«, sage ich, »aber du lachst ja auch gerne, da ist es leicht, lustig zu sein.«
Daniela nickt und entschuldigt sich dann, um für ein paar Minuten auf der Toilette zu verschwinden. Mir kommt der Gedanke, dass Flik die ganze Daniela-Geschichte einfach nur erfunden haben könnte. Aber warum? Damit er gegen meine sexuellen Eskapaden nicht so abschmiert? Also die, die ich mir in meinem kranken Hirn so zusammenspinne. Nach kurzer Überlegung komme ich aber zu dem Schluss, dass sich ein so grundehrlicher Kerl wie Flik so was nicht einfach ausdenkt. Abgesehen davon: Wenn Flik gelogen hätte, warum ist die Kleine dann so nervös? Die wichtigste Frage des Abends geht aber in eine ganz andere Richtung: Was zum Teufel will ICH eigentlich hier? Neben der Freundin meines Freundes? Und das, wo ich mein Marcia-Date schon in der Tasche habe? Egal! In einer halben Stunde bin ich hier raus. Und wahrscheinlich bilde ich mir auch nur ein, dass Daniela mich gut findet beziehungsweise lustiger als Flik. Das wird es sein. Reine Einbildung. So weit ist es jetzt schon mit Simon Peters. Er glaubt seine eigenen Lügen. Schlimmer noch: Er denkt über sich in der dritten Person!
»Alles in Ordnung?«, fragt mich Daniela und legt ihr kleines, rotes Pumatäschchen auf den freien Hocker neben sich. Es wird nicht allzu schwer gewesen sein zu bemerken, dass ich in Gedanken war.
»Ahhh«, sage ich, »ich hab nur gerade an den Job denken müssen!«
100 Euro für jeden, der mir sagt, was ich hier rede.
»Wieso, was hast du denn für einen Job?«, fragt sie mich.
In dieser Sekunde fällt mir siedend heiß ein, dass ich ja heute Abend nicht Simon, sondern Nils bin. Und wenn ich jetzt T-Punkt sage, fliegt die Kiste schneller auf, als ich meine Kippe ausdrücke. Viel Zeit habe ich auch nicht, denn für gewöhnlich denkt man nicht minutenlang nach, wenn einen jemand nach seinem Job fragt.
Und dann sage ich: »Immobilienmakler!«
Ich könnte meinen Kopf auf die Glastheke donnern. Was ist das denn? Ich hasse Immobilienmakler! Zu spät. Jetzt bin ich selber einer. Und fast hätte ich auch »echt?« gesagt, so wie Daniela, als ich das Wort »Immobilienmakler« ausspreche. Die Dachrinnenreinigung wäre um Welten besser gewesen!
»Dann bist du aber der erste Makler, den ich sexy finde«, sagt Daniela und berührt kurz meine Hand.
Dooooonnnnnnnng!
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den Tagesthemen. Guten Abend. In einem Kölner Restaurant kam es am Abend zu einem Eifersuchtsdrama mit tragischem Ende. Wie Augenzeugen berichten, erschlug ein Amok laufender Telekom-Angestellter einen Immobilienmakler mit einem Serrano-Schinken, als er diesen in flagranti mit seiner Freundin erwischte. Mehrere Gäste wurden durch umherfliegende Mandelsplitter verletzt. Live vor Ort ist uns nun meine Kollegin Lala zugeschaltet. Lala, weiß man inzwischen mehr über den Tathergang?
»Ja, Herr Wickert, große Scheiße passiert hier im Jonny Turista, Spanisch-Restaurant, aber diesmal nicht meine Schuld, ich schwör. Freund von Simon mit Name Flik offenbar hat gesehen durch Scheibe, wie sitzt mit seine Freundin, und durchgedreht und Laden macht kaputt. Ich schätze, braucht Tage und viele Papierrolle, bis Kneipe wieder sauber! Zurück zu Studio!«
»Danke!«, sage ich und
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