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Vollmachten unbegrenzt

Vollmachten unbegrenzt

Titel: Vollmachten unbegrenzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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wor­den. Eben­falls MA-Me­tall.«
    Ich spür­te, daß ich blaß ge­wor­den war. Zu ei­ner Fra­ge war ich au­gen­blick­lich nicht fä­hig. Dem Klei­nen schi­en es eben­so zu er­ge­hen. Er ließ nur ge­le­gent­lich einen Seuf­zer hö­ren.
    »Ein Ner­ven­sys­tem in un­se­rem Sin­ne be­sitzt das Ding nicht. Das Ge­hirn gibt die nor­ma­len Be­fehl­sim­pul­se, die auf rein tech­ni­sche Art aus­ge­führt wer­den. Für die feh­len­den Ner­ven sind feins­te Lei­tun­gen vor­han­den. Trotz­dem ist das Et­was als hal­b­or­ga­ni­sches Le­be­we­sen an­zu­se­hen. Das Ge­hirn ist echt, je­doch für uns fremd­ar­tig. Es sind Zen­tren ent­wi­ckelt, über die der Mensch nicht ver­fügt. Wir be­haup­ten fest, daß ein sol­ches Ge­hirn nicht ge­züch­tet wer­den kann, wie es mit dem nor­ma­len Ge­we­be des Flei­sches mög­lich ist. Auch die Au­gen sind echt. Es ist als er­wie­sen an­zu­se­hen, daß die­se wich­ti­gen Or­ga­ne ei­nem wirk­lich le­ben­den Kör­per ent­nom­men und in die bio­tech­ni­sche Kon­struk­ti­on ver­pflanzt wur­den. Wir könn­ten das nicht. So­weit sind wir noch nicht, je­doch ist die Be­herr­schung die­ser Kunst be­reits ab­seh­bar. Nie­ren, Le­ber, Lun­gen und Herz kön­nen schon oh­ne Schwie­rig­kei­ten in einen an­de­ren Kör­per trans­plan­tiert wer­den. Mit der hoch­kom­pli­zier­ten Re­chen­ma­schi­ne des Hirns ha­ben wir noch im vor­lie­gen­den Fall of­fen­sicht­lich einen An­ge­hö­ri­gen ih­res Vol­kes ge­op­fert und des­sen be­stim­men­de Or­ga­ne in den vor­kon­stru­ier­ten Kör­per ge­setzt. So ent­stand ein Mensch, der wie je­ner Mann aus­sah, der die Po­si­ti­on des Ab­tei­lungs­lei­ters ein­nahm.«
    Der Bio­lo­ge trat zu­rück. Für sei­ne Be­grif­fe schi­en er ge­nug ge­sagt zu ha­ben. Mir brann­ten noch tau­send Fra­gen auf der Zun­ge. Hun­dert­tau­send Zwei­fel quäl­ten mich.
    Ich strich mit dem Zei­ge­fin­ger über die un­ver­letz­te Wan­ge. Sie war schlaff, fal­tig and von fei­nen Äder­chen durch­zo­gen. Das Ge­biß war hin­ter den Lip­pen sicht­bar. Es war voll­stän­dig, des­glei­chen Zun­ge und Gau­men.
    Ich ver­lor mei­ne letz­te Scheu, da ich in dem Et­was nur noch ei­ne gu­te Kon­struk­ti­on sah, und be­trach­te­te ein­ge­hend die Mund­höh­le. Dann tas­te­te ich die Li­ni­en und Ver­tie­fun­gen des Gau­mens ab. Es ge­hör­te zur mo­der­nen Iden­ti­fi­zie­rung ei­nes Men­schen, sei­ne Gau­men­li­ni­en gleich Fin­ger­ab­drücken fest­zu­hal­ten.
    Der Al­te be­ob­ach­te­te mich un­abläs­sig. Er fing mei­nen fra­gen­den Blick auf.
    »Okay, ich weiß, was Sie sa­gen wol­len. Ja­wohl, die Gau­men­li­ni­en stim­men mit de­nen des mensch­li­chen Ori­gi­nals haar­ge­nau über­ein. Des­glei­chen die Haut­li­ni­en. Kein be­merk­ba­rer Un­ter­schied. Die Ko­pie ist vollen­det, bis auf die or­ga­ni­sche Ein­rich­tung. Da wa­ren Wis­sen­schaft­ler und Bio­tech­ni­ker am Werk, die uns um Jahr­tau­sen­de vor­aus sein müs­sen. Die Un­be­kann­ten ha­ben den mensch­li­chen Kör­per so ge­nau stu­diert und die ein­zel­nen Funk­tio­nen mit ei­ner sol­chen Prä­zi­si­on er­faßt, daß wir nur noch stau­nen kön­nen. Die­ses Mon­s­trum aus Stahl, bio­lo­gisch ge­züch­te­tem Ge­we­be und ei­nem ech­ten Ge­hirn wur­de erst dann als ge­nia­le Fäl­schung ent­deckt, als der Wahn­sin­ni­ge die ers­te ver­nünf­ti­ge Tat nach Aus­bruch sei­nes Irr­sinns be­ging.«
    Ich stand reg­los vor der Bah­re. Lang­sam dreh­te ich den Kopf.
    »Gre­gor Ba­ne­man?« frag­te ich schlep­pend.
    »Ge­nau der! Des­halb ist er hier. Wir ha­ben ge­schal­tet, kla­rer Fall. Ba­ne­mans ers­ter Tob­suchts­an­fall be­gann wäh­rend sei­ner Ar­beits­zeit. Ir­gend­wie hat er plötz­lich und oh­ne er­sicht­li­chen Grund kurz­ge­schlos­sen. Fra­gen, Ma­jor?«
    »Und ob«, keuch­te ich er­regt. »Wie­so kam das so plötz­lich, nach­dem er vor­her als gu­ter und zu­ver­läs­si­ger Tech­ni­ker galt. Hö­ren Sie, Chef, ich kann mir gut vor­stel­len, daß er mit sei­nem oh­ne­hin kran­ken Geist Din­ge wahr­neh­men konn­te, die wir als über­sinn­lich be­zeich­nen. Ich ver­mu­te, daß ihm kurz vor sei­nem ers­ten

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