Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Heimkehr in meine Wohnung auf, abzüglich der Sexkapade.
Als ich zu dem Punkt kam, an dem ich mich nur teilweise in meine Wolfsform verwandelt hatte, zögerte ich. »Dann habe ich meiner Wölfin die physische Kontrolle überlassen … Die Wandlung hat auch begonnen … aber … irgendwie habe ich mittendrinaufgehört … ähm … Tja, eigentlich weiß ich nicht so recht, was passiert ist …«
Dads Schweigen war so umfassend, es ängstigte mich zu Tode.
Ich wartete einige Herzschläge lang. »Dad?«
»Hast du diese Form lange beibehalten? Konntest du in dieser Form kämpfen?«
»Ja.«
»Ich bin gleich morgen früh bei dir. Heute Nacht werde ich den Rudelrat zusammenrufen. Der ganze Rat dürfte es bis acht Uhr morgens in die Stadt schaffen, wenn wir sofort abreisen. Jetzt, wo dein Geheimnis wirklich aufgeflogen zu sein scheint, müssen wir es mit dem ganzen Rudel teilen. Die Sache ist raus, und wir müssen damit zurechtkommen.«
»Dad!« Ich schrie es fast. »Raus damit, sag’s mir! Sag mir alles! Was ist los? Du musst! Danny hat etwas gesagt, nur ein Wort … Er hat mich ›Lykaner‹ genannt. Was hat er gemeint? Ich weiß, was ein Lykaner ist. Aber warum hat er mich so genannt?«
Lykaner waren unsere Vorfahren, die ursprünglichen Werwölfe. Aus ihrem Erbe hatten wir uns vor Tausenden von Jahren entwickelt. Wir waren inzwischen anders als sie. Aber ich wusste nicht genau, wie diese Andersartigkeit aussah und warum es zu dieser Entwicklung gekommen war.
»Jessica, wir reden morgen darüber«, sagte Dad streng.
»Ich will aber jetzt darüber reden!«
Im Laufe der Jahre, nach all den vielen Auseinandersetzungen zwischen Vater und Tochter, die es nun einmal gibt, hatten wir beide einige wertvolle Lektionen gelernt. Wenn mein Vater nicht die Absicht hatte, mir etwas am Telefon zu erzählen, dann würde er einfach auflegen, und das war es dann. Ich würde seine Entscheidung akzeptieren oder sie ihm später vorwerfen und ihm damit das Leben unnötig schwer machen.
Ich wartete.
Er seufzte. »Jessica, ich kann noch nichts mit Sicherheit sagen.Dafür muss ich es mit eigenen Augen gesehen haben. Aber ich glaube, es bedeutet, dass du imstande bist, Dinge zu tun, die seit Tausenden von Jahren kein anderer Werwolf tun konnte. Über das, wozu unsere Vorfahren tatsächlich fähig waren, gibt es nur Mythen und Legenden.«
»Was meinst du damit?«
Wieder seufzte er. »In meinem ganzen Leben wurde niemals ein echter Lykaner gesichtet. Der Begriff ›Lykaner‹ impliziert, dass du in der Lage bist, eine Gestalt beizubehalten, die zwischen Bestie und Mensch rangiert. Du kannst dich so wandeln, wie du es willst, und dabei deine menschliche Gestalt beibehalten. So etwas kann kein anderer Wolf.« Er zögerte kurz. »Auch ich nicht.«
Meine Fresse!
»Das ist die ultimative Waffe und gilt in unseren Legenden als einmalig. In der alten Zeit haben die Lykaner über alle Übernatürlichen geherrscht. Niemand war stärker als sie. Über die Jahrhunderte haben wir uns im Zuge der Evolution den Menschen angepasst und einige dieser großartigen Fähigkeiten verloren.« Mein Vater hörte sich müde an, als er hinzufügte: »Bei uns gibt es ein altes Sprichwort. Es lautet: ›Der, der die Macht der Lykaner besitzt, wird alles beherrschen.‹«
Ich war so verblüfft, mir fehlten die Worte.
»Ich bin morgen früh bei dir. Vorher gehe ich in den geheimen Unterschlupf, um mich von Tyler auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Du bleibst in deiner Wohnung. Du gehst nicht raus. Hast du mich verstanden?«
»Ja.«
»Jessica, das ist ein offizieller Befehl!«
»Ich habe verstanden.«
»Gib James das Telefon!«
Ich tat, wie geheißen.
KAPITEL ZEHN
I ch zog mir einen nassen Waschlappen durchs Gesicht und spülte die letzten Blutspuren den Abfluss hinunter. Dem Spiegel war ich ausgewichen. Schon bei dem Gedanken, wie ich derzeit, halb Wolf, halb Mensch, aussehen mochte, wurde mir ganz anders.
Immer noch über dem Waschbecken hängend, straffte ich die Schultern. Jetzt oder nie. Das Chaos in meinem Wohnzimmer konnte nicht ewig warten.
Ich hob den Kopf und betrachtete mein Spiegelbild.
Ich sah ganz normal aus, nur ein bisschen erschöpfter als vorher.
Mein Haar war scheußlich durcheinander, ein Strubbelkopf war nichts dagegen. Aber es hatte wieder die normale Länge. Ich hatte blaue Flecken am ganzen Leib; sie bildeten sich jedoch schon zurück. Als ich mich vorbeugte, entdeckte ich einen violetten Fleck, der wie ein
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