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Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Titel: Vollmondfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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glühendes Stück Kohle tief in meiner Iris aufblitzte. Jetzt noch von gelben Augen zu sprechen, wäre Unsinn. Da war nichts Gelbes.
    Ich hatte violette Augen.
    Genau wie mein Vater.
    Ich hatte vergessen, meinem Vater von diesem Detail zu erzählen. Aber meine Augenfarbe war auch das Letzte gewesen, woran ich gedacht hatte. Vor dem Spiegel verzog ich das Gesicht. Lykaner mussten ein furchterregender Anblick gewesen sein. Ein Wolf in seiner vollständigen animalischen Gestalt war die schönste Kreatur der Welt. Aber ein halber Wolf?
    Vermutlich die scheußlichste.
    Der schönste Wolf der Welt war mein Vater. Das Bild von ihm in seiner wahren Gestalt gehörte so sehr zu meiner Kindheit wie alles andere, woran ich mich erinnern konnte. Dad war prachtvoll: Das Fell, so schwarz wie Kohle, überragte er alle anderen, war stark und gefährlich und zugleich atemberaubend schön. Einfach umwerfend.
    Ich trat vom Spiegel zurück, warf meine zerfetzten Laufschuhe in eine Plastiktüte, die ich unter der Küchenspüle hervorgeholt hatte. Meine Kleider würden ihnen in Kürze folgen.
    Ich verknotete den Beutel, öffnete die Badezimmertür und ging hinaus ins Chaos.
    »Die Luft ist offiziell rein«, erklärte Nick, nachdem Danny und er wieder hereingekommen waren. Er drehte sich um, um meine kaputte Tür zurück in die Zarge zu drücken. Die Tür war unverschlossen gewesen. Aber James, der gewusst hatte, dass ich in Gefahr war, hatte keine Zeit darauf vergeudet, sich davon zu überzeugen, sondern war einfach durchgestürmt. »Wir haben deine Nachbarn zusammengetrieben und schnellstens zurück in ihre Wohnungen gescheucht.«
    James und Tyler hatten den Leichnam in eines meiner Laken eingewickelt und diskutierten nun darüber, wie sie ihn am besten aus meiner Wohnung schaffen könnten.
    Danny kicherte. »Ja, wir haben dem ganzen Haufen draußen auf dem Korridor erzählt, wir feierten gerade eine Riesenparty, die ein bisschen aus dem Ruder geraten sei. Sie haben den Köder samt Angelschnur und Schwimmer geschluckt.«
    Nick schnaubte. »Sie haben ihn geschluckt, nachdem ich ihnen gesagt habe, sie sollen schlucken!«
    »Das einzige andere Problem war die Polizei vor dem Haus. Aber um die hat Nick sich auch gekümmert.« Danny klopfte Nick auf den Rücken. »Echt eine tolle Gabe, diese Überzeugungskunst!«
    »Die Polizei war hier?«, fragte ich erschrocken.
    »Entspann dich, Jess!« Nick kam zu mir und legte mir die Hände auf die Schultern. »Es war nicht Ray, und sie waren nur hier, um einer ›Lärmbelästigung‹ nachzugehen, nicht der grausigen Tötung eines Werwolfs. Ich habe sie davon überzeugt, dass dies das falsche Gebäude ist. Jetzt ist alles bestens.«
    »Danke.« Meine Wölfin stromerte durch mein Bewusstsein. Sie und ich waren immer noch erregt. »Wir müssen ihn schnell hier rausschaffen.« Ich sah mich zu dem eingewickelten Leichnam um. »Und dann müssen wir herausfinden, was eigentlich los ist – warum der Kerl überhaupt hier war. Ich bin gerade erst zur Werwölfin geworden. In so kurzer Zeit hätte eigentlich noch niemand hinter mir her sein dürfen. Es ist beinahe so, als hätte der Kerl auf Abruf bereitgestanden.«
    »Wir müssen ihn in den geheimen Unterschlupf bringen, damit wir herausfinden können, wer er ist und was hier vorgeht«, sagte James.
    »Einverstanden«, erwiderte Tyler. »Wir bringen ihn über den Balkon raus. Danny und ich gehen runter, und ihr könnt ihn zu uns hinunterwerfen.«
    Ich zog eine Braue hoch und ging dazwischen. »Äh, ein bisschen viel Hauruck-Aktion, meint ihr nicht? Wenn etwas in Form einer Leiche von meinem Balkon fällt, könnte das ja immerhin jemandem auffallen.«
    Sie starrten mich ausdruckslos an.
    Mit Werwölfen auf Vernunftbasis zu diskutieren, erfordert Geduld, aber die hatte ich gerade nicht. »Na schön, wie wäre es damit«, schlug ich vor. »Stellt euch doch mal vor, es wird bemerkt und folglich auch gemeldet. Ich kann mir nicht leisten, noch mehr Misstrauen zu erwecken. Nur für den Fall, dass ihr die letzten paar Tage hinterm Mond verbracht habt …« Meine Stimme wurde um einige Dezibel lauter, während ich die Finger spreizte und ungeduldig abzählte. »Ich habe gerade einen Werwolf getötet, über den wir nichts wissen. Ich werde vermutlich wegen des Todes eines Vergewaltigers in Koboldgestalt vor Gericht aussagen müssen. Meine Wohnung war bereits Tatort eines gemeinen, unerklärlichen Einbruchs, der vor … oh, ja, richtig … vor gerade vier verdammten

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