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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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Sprünge.
    Paula nickte. »Ja, so könnte man es ausdrücken.«
    Jolin beschmierte zwei Schnitten Schwarzbrot mit Butter und legte anschließend Salamischeiben darauf. »Ist auch so«, sagte sie.
    Paula horchte auf. »Und?«, wollte sie wissen.
    »Was, und?«
    »Na, was ist mit dir?«
    »Mit mir ist gar nichts«, sagte Jolin. Sie klappte die Schnitten zusammen, teilte sie in der Mitte durch und schob sie in eine Brottüte. »Man kann doch Freundschaft nicht an- und wieder ausknipsen wie eine Lampe.«
    »Da gebe ich dir recht«, sagte Paula. Sie hob ihre Teetasse an die Lippen, pustete hinein und trank vorsichtig einen Schluck. »Allerdings muss da doch auch bei dir noch irgendwas sein.«
    Jolin sah ihre Mutter an. »Gefühlsmäßig? - Ja, vielleicht. Aber ich weiß nicht, ob ich ihr tatsächlich wieder vertrauen kann. Ich glaube, ich habe mich verändert. Und Anna wohl auch.«
    »Allerdings«, sagte Paula. »Das hast du.«
    Jetzt war Jolin doch überrascht.
    »Du bist viel verschlossener als früher«, fuhr Paula fort. »Man merkt, dass du dein eigenes Leben führen willst. Dass du deine Konflikte selber löst, dass du uns ... mich nicht mehr so brauchst.«
    »Och, Ma ...« Jolin tastete nach der Hand ihrer Mutter und drückte sie.
    »Nein, nein, das ist völlig in Ordnung so.« Paula schüttelte den Kopf und wischte sich hastig eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann lachte sie. »Es muss ja so sein. Und wenn ich mir dann Gedanken mache, ist das ganz allein mein Problem.«
    »Du musst dir keine Gedanken machen, Ma«, sagte Jolin, und in diesem Augenblick meinte sie es sogar so. »Ich habe ein bisschen viel um die Ohren, und das Groß-werden fällt mir manchmal etwas schwer ...« Sie versuchte ein Lächeln. »Aber eigentlich geht es mir gut.«
     
    Um kurz vor halb vier zog Jolin die Wohnungstür hinter sich zu. In Wahrheit ging es ihr alles andere als gut. Sie musste sich regelrecht zwingen, auf diese Exkursion zu gehen. Außerdem stellten sich ihr bereits beim bloßen Gedanken, den ersten Stock zu passieren, die Nackenhaare auf.
    Jolin schloss die Augen und atmete einmal tief ein und aus, bevor sie sie wieder öffnete. Dann drückte sie auf den Lichtschalter. Die Lampe über ihr sprang sofort an. Langsam bewegte sie sich auf den Treppenabsatz zu und setzte zögernd ihren Fuß auf die erste Stufe. Dann rannte sie los. Wie vom Bogen abgeschossen, stürzte sie die Treppen hinunter. Kein Zaudern im ersten Stock, kein Gedanke an den schwarzen Schatten, kein Gedanke überhaupt. Ihre überhasteten Schritte hallten durchs ganze Haus, Jolin hoffte nur, dass sie nicht bis zu Paula in die Küche drangen. Keuchend und mit wild klopfendem Herzen erreichte sie das Parterre. Sie riss die Haustür auf und sprang auf den Bürgersteig hinaus.
    Der Himmel war verhangen, die Luft feucht, aber nicht nebelig, und die Temperatur lag knapp über dem Gefrierpunkt. Jolin schwitzte. Sie zerrte sich den Schal vom Hals, zog den Reißverschluss ihres Steppmantels bis zur Brust herunter und atmete ein zweites Mal tief durch. Es gab keinen Grund, sich zu beeilen. Treffpunkt war um vier Uhr am Hauptbahnhof. Bis dorthin brauchte die U-Bahn nicht einmal fünf Minuten.
    Jolin ging langsam. Sie hatte Zeit. Vor allem aber hatte sie nicht die geringste Lust, Rouben zu begegnen. Doch als sie am Hauptbahnhof ankam und die Rolltreppe nach oben betreten wollte, stieß sie beinahe mit ihm zusammen. Es war ihr absolut schleierhaft, wo er so plötzlich hergekommen war, doch zum Glück hatte sie den kurzen Schreck, der sie durchzuckte, schnell im Griff. Jolin sah Rouben nur kurz an, dann drückte sie sich an ihm vorbei und stellte sich auf die Rolltreppe. Rouben folgte ihr, schloss zu ihr auf und sah sie an.
    »Hat Anna dir meine Einladung gegeben?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Was und?«, fragte Jolin. »Du willst mir doch jetzt nicht etwa erzählen, dass die Party ohne mich nicht stattfindet!«
    »Nein«, sagte Rouben. »Diese Party findet statt. Meine Mutter richtet sie für mich aus.«
    Jolin schwieg. Seine Mutter also. Einen winzigen Moment lang flammte Neugier in ihr auf, aber dieses Gefühl wischte sie sofort wieder beiseite. Sie blickte stur geradeaus auf den Bahnsteig, der sich ihnen für ihren Geschmack viel zu langsam näherte.
    »Trotzdem musst du kommen«, sagte Rouben.
    »Warum? Weil du es so willst?«
    »Nein, nicht deshalb.«
    »Es ist dir in Wahrheit also egal, ob ich komme oder nicht!«, stieß sie hervor.
    »Nein«, sagte Rouben. »Es ist mir ganz

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