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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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waren. »Es ist ja gut.«
    Nein, gar nichts ist gut, dachte Jolin. Verzweifelt senkte sie den Kopf, ließ sich gegen seine Brust fallen und fing lautlos an zu weinen. Rouben blieb ganz still. Er hielt ihre Oberarme, mehrere Sekunden lang, bis sie sich albern vorkam, sich von ihm wegdrehte und verstohlen mit dem Handrücken die Tränen fortwischte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Rouben. »Was ist denn mit dir? Warum bist du so aufgebracht?«
    Jolin schüttelte unwillig den Kopf. »Ich weiß auch nicht. Keine Ahnung, wirklich nicht.« Sie würde nicht mit ihm darüber reden. Noch nicht. Sie würde ihn erst fragen, wenn sie mit dem Buch nicht weiterkam, wenn sie rein gar nichts herausfinden würde, dann vielleicht.
    »Es ist der Kurs, nicht?«, sagte Rouben. »Mir fällt Bio auch nicht leicht. Ich kann mir das alles nicht merken, diese ganzen lateinischen Begriffe und die Zusammenhänge. Ich hasse es.«
    Jolin blickte ihn überrascht an. Einen solchen Gefühlsausbruch hatte sie nicht erwartet. Nicht von ihm, wo er doch sonst immer so klar und so kühl war. »Ich nicht«, sagte sie. »Eigentlich mag ich Bio. Ich finde es wahnsinnig interessant zu erfahren, was in unseren Körpern passiert, wie Tiere, wie Pflanzen funktionieren und wie das alles zusammenhängt. Ja, ich interessiere mich gerade für diese Zusammenhänge.«
    Rouben sah zu Boden und schwieg.
    »Trotzdem wünsche ich mir manchmal, ich hätte einen anderen GK gewählt. Geschichte oder so«, fuhr Jolin fort. »Geschichte und Englisch, das passt eigentlich viel besser zusammen.« Sie starrte ihn an und fragte sich, warum sie ihm das alles erzählte. Ausgerechnet ihm!
    Rouben nickte. Als er den Kopf wieder hob, war die Wärme aus seinem Blick verschwunden, und er wirkte so kühl und unnahbar wie immer. »Gehen wir?«, fragte er.
    »Was?« Einen Moment lang war Jolin irritiert. Sie holte tief Luft und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. »Okay«, sagte sie, umfasste den Tragriemen ihrer Umhängetasche und lief mit schnellen Schritten voraus.
     
    Am Ende der Doppelstunde packte Jolin hastig ihre Sachen zusammen. Sie wollte auf jeden Fall verhindern, dass Rouben sich wieder an sie heftete. Doch als sie auf die Tür zuging, merkte sie, dass ihre Sorge unbegründet gewesen war. Rouben hatte sich ebenso sehr beeilt, folgte ihr aber nicht, sondern wandte sich an Frau Schreimer und redete mit ernstem Gesicht auf sie ein. Jolin streifte ihn nur mit einem flüchtigen Blick, spürte aber dennoch die Intensität, die von seinen Worten ausging. Worte, die sie nicht verstand, denen die Biologielehrerin jedoch gebannt lauschte.
    Jolin zögerte einen Augenblick, dann lief sie in den Gang hinaus und beschleunigte ihre Schritte bis zur Cafeteria.
    Klarisse, Susanne, Rebekka, Melanie, Katrin und ein paar andere Mädchen hatten den größten Tisch besetzt. Anna war auch dabei. Sie sah blass und angespannt aus. Jolin fragte sich, ob sie Stress hatte. Mit Klarisse vielleicht. Die jedenfalls beachtete Anna nicht, sondern plapperte munter mit den anderen. Ohne hinzulauschen, wusste Jolin sofort, worum es ging. Um die Party. Anna sah auf, als Jolin an ihr vorbeiging. »Setzt du dich zu uns?«, fragte sie.
    Jolin schüttelte den Kopf.
    »Aber warum denn nicht?«, fragte Klarisse. Man sah ihr an, dass sie sich um Ernsthaftigkeit bemühte, doch sie schaffte es nicht, den Spott in ihrer Stimme zu verbergen.
    »Weil ich nie bei euch sitze«, erwiderte Jolin. »Ich wüsste nicht, warum ich plötzlich damit anfangen sollte.«
    »Vielleicht, weil Klarisse dich eingeladen hat«, sagte Rebekka. Sie war genauso klein und zart wie ihre kurzen hellblonden Haare, die sich an den Spitzen zu feinen Locken kringelten.
    »Hat sie nicht«, erwiderte Jolin. »Anna hat mich gebeten ...«
    »Okay«, sagte Klarisse. Sie stand von ihrem Stuhl auf. »Dann bitte ich dieses Missverständnis zu entschuldigen. Natürlich habe ich dich eingeladen. Ich dachte eigentlich, das wäre klar.« Sie zog den Stuhl ein wenig zurück und deutete auf seine Sitzfläche. »Bitte schön.«
    Jolin spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten. Klarisses augenscheinlich großzügige Geste war in Wahrheit nichts anderes als eine versteckte Erniedrigung. Und Jolin dachte nicht daran, sich demütigen zu lassen. »Du hast nicht mich eingeladen, sondern Rouben«, sagte sie kühl.
    Klarisse kniff die Augen zusammen. »Na klar, Schätzchen. Das hast du vollkommen richtig erkannt«, stieß sie hervor. »Der schöne Rouben ist alles,

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