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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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gegenüberliegenden Ende des Parks tot aufgefunden. Ebenso wie der Schäferhund, der vor einigen Wochen ein ähnliches Schicksal erlitt, fand man auch an Flockis Hals Bisswunden, die bisher keiner Raubtierart zugeordnet werden konnten. Ein hinzugezogener Zoologe sagte, die Anordnung der Zähne erinnere stark an das Gebiss einer Fledermaus, allerdings müsse es sich hierbei um ein Tier mit einer Flügelspannweite von über drei Metern handeln. Ebenfalls Rätsel gibt der dunkel gekleidete Mann auf. Er ist mittelgroß und schätzungsweise achtzehn bis zwanzig Jahre alt. In jener Nacht trug er einen schwarzen Mantel, dunkle Jeans und elegante schwarzglänzende Schuhe.«
    Jolin starrte auf den Bildschirm. Kein Zweifel, der junge Mann, den die Nachrichtensprecherin beschrieben hatte, war Rouben! Die Größe, das Alter, der Mantel und die glänzenden Schuhe, die in dieser Art kein anderer trug - alles stimmte. Außerdem hatte sie selbst schließlich alle mit eigenen Augen dort gesehen: Rouben, die alte Dame und den kleinen weißen Pudel.
    Natürlich dachte Jolin sofort an Carina, die das alles entweder hautnah mitbekommen haben musste oder gar nicht mehr am Leben war. Für Jolin war die bloße Vorstellung, dass Rouben etwas derartig Entsetzliches getan haben könnte, kaum noch zu ertragen. Sie mochte sich nicht einmal ausmalen, wie er die Hunde getötet hatte. Unwillkürlich sah sie Helma vor sich, wie die kleine Hündin herumgetollt war und wie sie sich immer wieder so scheinbar beiläufig an Harro Greims Bein geschmiegt hatte. Jolin hatte sie am liebsten hinter den Ohren gekrault, sie spürte jetzt noch das kringelige, leicht struppige Fell zwischen ihren Fingern und erinnerte sich genau an den verzückten Ausdruck in Helmas Augen. Dieses Bild und die Ungewissheit über Carinas Schicksal zerdrückten Jolin fast das Herz.
    »Ja, es ist schrecklich, nicht?«, sagte Paula Johansson. Sie legte ihrer Tochter die Hände auf die Schultern und schob sie sanft, aber bestimmt in den Sessel hinunter. »Können wir das nicht ausschalten?«, fragte sie ihren Mann. »Und stattdessen ein wenig Musik hören und uns über meinen ersten Fernsehauftritt unterhalten?«
    »Ma«, sagte Jolin. Nur: Ma. Es wollte ihr nicht in den Kopf, wie ihre Mutter so leichthändig über diese Nachrichtenmeldung hinweggehen konnte! Hatte sie denn nicht auch sofort an die Fledermaus gedacht, die sie vor ein paar Tagen in Jolins Vorhängen gefunden und versehentlich getötet hatte? Außerdem hätte Jolin gerne gehört, ob in den Nachrichten auch etwas über Carinas Verschwinden gesagt worden war. Andererseits war sie erleichtert, nichts davon hören zu müssen. Fast war es so, als ob zwei Personen in ihr miteinander stritten.
    »Ich finde es nicht nur schrecklich, sondern vor allem außerordentlich seltsam«, sagte Gunnar Johansson, nach-dem er das Fernsehgerät ausgeschaltet und eine Musik-CD eingelegt hatte. Er ließ sich neben seiner Frau auf dem Sofa nieder, füllte drei Gläser mit Mineralwasser und stellte eines davon vor seiner Tochter auf den Tisch. »Es mag töricht sein, aber mir ist spontan dieses Tier in Jolins Zimmer, diese Fledermaus, wieder eingefallen. Ich habe sie mir damals ziemlich genau angesehen.«
    Jolin blickte ihren Vater überrascht an, sagte aber nichts, sondern wandte sich rasch wieder ab und vergrub ihr Kinn in dem weiten Rollkragen ihres dunkelgrünen Pullis.
    »Sie ist ein wenig größer als gewöhnliche Fledermäuse gewesen«, fuhr Gunnar Johansson unterdessen fort. »Jedenfalls soweit ich das als blutiger Laie beurteilen kann.«
    Seine Frau schüttelte den Kopf. »Du machst Witze, mein Lieber«, versuchte sie die beklommene Stimmung, die sich in ihrem kleinen Wohnzimmer ausgebreitet hatte, zu verscheuchen.
    »Nein, Paula, das mache ich nicht«, erwiderte Gunnar mit einer Bestimmtheit, die Jolin ein leises Schaudern über den Rücken jagte. Sie verspürte einen heftigen inneren Widerstand und wollte sich die Theorien ihres
    Vaters auf keinen Fall weiter anhören. Doch gleichzeitig sehnte sie sich so sehr nach einer anderen Erklärung, nach einem Hinweis, an den sie sich klammem konnte und der die augenscheinlich unumstößliche Tatsache, dass Rouben diese Hunde getötet hatte, zu widerlegen vermochte.
    »Hast du schon vergessen, dass wir in dieser Nacht ebenfalls am Südpark vorbeigefahren sind?«, fragte Gunnar Johansson seine Frau. »Ich glaube, ich habe sogar diese ältere Dame gesehen. Und den Hund natürlich auch.« Er

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