Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vollmondstrand

Vollmondstrand

Titel: Vollmondstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra M Klikovits
Vom Netzwerk:
Heut’ hab ich schon um eins aus, Lehrer-Konferenz, passt dir das?«
    Rosa überlegte, ein wenig in Zweifel, wer die letzte Stunde ausfallen lassen würde, und gab als Antwort: »Ich kann aber erst um zwei!«
    »Alles klar. Wie immer beim Chinesen?«
    »Genau. Und jetzt geh wieder in die Klasse!«
    »Hallo, hier bin ich!«
    Alfi wedelte mit den Armen. Beim Chinesen, der Betreiber war eigentlich Japaner, aber alle sagten Chinese, war es gerammelt voll um diese Zeit. Das Lokal war belagert von Schülern, die sich am Nachhauseweg noch ein Menü zur Stärkung holten.
    Wer weiß, wie lange sie sonst allein zu Hause wären, ohne anständige Mahlzeit! Rosa dachte es in einem Anflug von Mütterlichkeit, als sie eintrat.
    »Na, geht’s gut?« Ein breit grinsender Alfi saß vor ihr. Sein Outfit war mehr als cool.
    Rosa warf ihre Jacke auf die Lehne des letzten freien Stuhls und ließ sich daraufplumpsen. Gänzlich not-lady-like.
    Sie war mit ihrem Neffen unter lauter jungen Leuten und nicht mehr in der Praxis, wo sie sich unter Kontrolle haben musste.
    »Klar, und dir?«, fragte sie zurück.
    »Immer!« Alfi setzte sein schelmischstes Lächeln auf. War das ein Strizzi!
    »Was treibst du so?« Rosa wollte das Gespräch ein wenig in Gang bringen.
    Alfi war sichtlich hin- und hergerissen zwischen der Konzentration auf das Gespräch mit seiner Tante und den Mädels, die vom anderen Ende des Lokals zu ihm herüberschauten. Rosa tat er beinahe leid.
    Als schien er ihre Gefühle zu erraten, fuhr er fort: »Die stehen alle auf mich!« Dabei lenkte er, nicht unbeabsichtigt, das Thema in die Richtung, die ihm gefiel.
    »Na, du bist ja auch ein fescher Zapfen, wie man bei uns früher gesagt hat!« Rosa zuckte zusammen. Wie konnte sie nur das Wort ›früher‹ hier und überhaupt in diesem Zusammenhang verwenden? Das klang, als wenn sie aus dem letzten Jahrhundert stammen würde…., dabei war es das letzte Jahrtausend, haha!
    Du liebe Zeit. Sie war urpeinlich! Sie könnte es verstehen, wenn Alfi aufstehen und sich zu den Mädels hinübersetzen würde!
    Alfi blieb ungerührt an seinem Platz. »Die Mädels sind uranstrengend, verstehst du? Die wollen immer hören, wie schön und wie toll sie sind. Die merken gar nicht, wenn du jeder dasselbe erzählst!«
    O ja, das merken sie irgendwann, glaub mir! Rosa sparte sich die nächste Möglichkeit, sich zu blamieren. Wenigstens war sie lernfähig!
    »Und, dir gefällt keine?«
    »Die sind alle so dumm und so leicht zu kriegen. Das interessiert dich irgendwann nicht mehr.«
    Alfi, der Abgeklärte, der von den Freuden der Lenden mit 16 schon Gesättigte, sprach – zu einer alten Frau! Was für ein Erlebnis in der Mittagspause zwischen zwei Klienten, fand Rosa.
    »Na, wenn die es ihm so einfach machen?« Marti blieb ungerührt, als sie ihm auf der Heimfahrt telefonisch davon berichtete.
    So sehen die Boys das also, aber egal, ich bin eh schon aus dem Rennen!
    Das sagte sie nicht mehr. Für heute reichte es.
    »Wann bist du abends fertig, Rosa? Ich komm um acht«, meinte Marti zum Abschluss.
    »Ich auch, bis dann«, antwortete Rosa kühl, »und nimm nichts vom Chinesen mit. Von dem Essen wird man alt!«

40
    Von vier bis halb acht hab ich meinen ersten Malkurs, dachte Rosa, als sie mit dem Auto in die Hauseinfahrt einbog. Die Bausubstanz war im großen Stil modernisiert worden und strahlte nun einen eigenen Charme aus. Eingesäumt wurde das Grundstück von alten Nuss- und Kastanienbäumen.
    Ein schönes Anwesen hatte sie. Sie war ihrer Oma Käthe dankbar. Fast jeden Tag dachte sie: Wie lieb, dass sie mir das Haus vererbt hat. Im Gegensatz zu Maria konnte Rosa nahezu sorgenfrei leben. Das Haus und die Liebe zum Paprika habe ich von der Käthe-Oma!
    Marti wusste, was das hieß. Andere Köchinnen verwendeten Meersalz oder hatten einen erhöhten Basilikumverbrauch, das war eine Zeit lang sehr modern, bei wieder anderen durften es nur die frisch geriebenen, schwarzen Körner sein, aus dem Land, wo der Pfeffer wächst. Und bei Rosa? Bei Rosa musste es Paprika sein!
    Alle meine Lieblingsgerichte sind feuerrot, schwärmte sie bei passender Gelegenheit: Pörkölt, Szegediner Gulasch, Grenadiermarsch, Ungarisches Reisfleisch, Paprikahendl …
    Beim Kochen mit dem süßlich-scharfen Pulver kannte Rosa keine Hemmungen, weder in der Größe der Töpfe noch in der Verwendung des Gewürzes. Hart für einen Nordländer, befand Marti. Die finnisch-ugrische Gemeinschaft endete bei ihm in der Sprache. Alles andere

Weitere Kostenlose Bücher