Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
haben. Beschaffen Sie es mir, sonst bin ich leider gezwungen, Ihrer Frau König den schlanken Hals durchzuschneiden.«
Jetzt lachte Karin, aber es war ein bitteres Lachen. »Und Sie denken, ich komme einfach so an dieses Geld heran. Ich weiß nicht einmal, wo es sich befindet.«
»Es liegt immer noch in den Räumen der Staatsanwaltschaft, da die Besitzverhältnisse meines Geldes nicht geklärt sind. Erfassen auch Sie die Ironie dieses Sachverhaltes?«
Ohne auf Witkowskis Frage einzugehen, sagte Karin: »Wenn Ihr Informant Sie schon darüber aufgeklärt hat, wo sich das Geld befindet, warum besorgt er es dann nicht für Sie?«
Witkowski hob die Schultern. »Damit ist er eindeutig überfordert. Es ist heutzutage schwierig, gutes Personal zu gewinnen. Wenn Sie also wollen, dass Ihre Partnerin unbeschadet aus dieser Sache herauskommt, dann lassen Sie sich etwas einfallen. Wir kennen uns nun schon wie viele …? Ach, ich weiß nicht, wie viele Jahre. Jedenfalls lange genug, sodass ich Sie einschätzen kann. Wenn jemand in der Lage ist, mein Geld herbeizuschaffen, dann Sie. Sie haben bis heute Abend Zeit. Ich rufe Sie an.«
»Sie wissen, dass ich nicht die Vollmachten habe, dieses Geld abzuholen«, Karin wunderte sich über Witkowskis Ansinnen. Wahrscheinlich war durch seine prekäre Lage sein Urteilsvermögen getrübt. Sie versuchte an seinen Verstand zu appellieren: »Wenn Sie Frau König gehen lassen, kann ich …«
»Lassen Sie das!«, sagte Witkowski hart. »Sie besorgen bis heute Abend mein Geld, sonst stirbt Ihre Partnerin. Und noch eine Kleinigkeit auf den Weg: Wenn Sie auch nur einen Ihrer Kollegen informieren oder um Hilfe bitten, dann sollten Sie immer daran denken – es könnte der Falsche sein. Ich garantiere Ihnen, ich erfahre es, wenn Sie irgendwelche Spiele treiben.«
Witkowski griff nun nach dem Foto, welches Karin immer noch in der Hand hielt. »Darf ich bitten?« Und damit wollte er das Bild wegziehen, doch Karin ließ nicht los. »Geben Sie es her! Oder denken Sie, ich lasse ein Beweisstück in Ihren Händen?« Witkowskis Tonfall wurde gemein. Karin gab nach und ließ das Foto fahren, dann beugte sie sich vor und winkte Witkowski mit dem Finger, näher zu kommen. »Wenn Sie Sandra etwas antun, dann verspreche ich Ihnen, dass es den Gerichtsmediziner bei der Obduktion Ihrer Leiche grausen wird«, zischte sie. »Er wird dann nämlich feststellen müssen, dass Sie zu Tode gefoltert wurden.«
Witkowski fuhr zurück. Er sah an Karins Miene, dass es ihr mit dem was sie sagte, todernst war und er kannte sie auch zu gut, um zu wissen, dass sie nicht bluffte. Er hatte sich schnell wieder in der Gewalt, aber es ärgerte ihn sehr, dass er sich vor ihr eine Blöße gegeben hatte.
»Sie sind hoffentlich intelligent genug und verkneifen es sich, mir jetzt nachzugehen«, warnte Witkowski mit zusammengebissenen Zähnen. Dann erhob er sich und ging mit schnellen Schritten davon.
Karin wäre Witkowski auch ohne dessen Bemerkung nicht nachgestiegen, was hätte das auch bringen sollen, dachte sie. Sie lief langsam in Richtung Polizeidirektion zu ihrem Fahrzeug und überlegte, ob sie es wagen könnte, einen ihrer engsten Mitarbeiter ins Vertrauen zu ziehen. Doch Karin glaubte Witkowski. Sie war sich sicher, dass er einen Maulwurf in ihrer Abteilung bezahlte. Sie dachte kurz daran, Haupt um Hilfe zu bitten, verwarf diesen Gedanken aber rasch wieder. Haupt geht keine Risiken ein, wusste sie. Der Kriminalrat würde die Gefahr eines Alleinganges nicht mittragen. Karin musste systematisch vorgehen. Zuerst dachte sie darüber nach, weshalb das sonst so gerissene ›Krokodil‹ die irrige Meinung vertrat, sein Geld würde sich noch in den Räumen der Staatsanwaltschaft befinden. Karin war sich sicher, dass dem nicht so war. Dieses Geld war inzwischen schon längst auf irgendeinem Konto verschwunden und Karin wollte gar nicht wissen, welche Quelle damit gespeist wurde. Dass diese Summe nicht der Ausrüstung der Polizei zugutekam, war ihr klar, obwohl es dort bitter nötig wäre.
Karin vermutete, dass Witkowskis Informant ihn schlicht belogen hatte. Sie wusste, wie Witkowski Spione anwarb. Zuerst zahlte er für Auskünfte und kaum hatte ein Beamter der Verlockung nachgegeben, zappelte er am Haken. Dann zeigte Witkowski sein wahres Gesicht. Erpressung und Androhung von Gewalt machten den Informanten nun gefügig. Der betreffende Spion wollte seine Haut retten, indem er Witkowski in Dresden festhielt, damit dieser
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