Vom Alptraum verfolgt
—
halten Sie es für möglich, daß sich Annabelle in einen dieser Vampire
verwandelt hat — und einfach selbst aus dem Büro weggeflogen ist ?«
»Das ist eine interessante
Theorie, Sergeant«, sagte ich in betont unbeteiligtem Ton. »Bei diesem
Erpresserduo, das wir jetzt besuchen wollen, befindet sich die größte,
kurvenreichste Blonde, die Sie je in Ihrem Leben gesehen haben !«
» Ja ?« Polnik setzte sich kerzengerade aufrecht und rammte beinahe
seinen Bullenkopf durch das Segeltuchdach des Healey .
» Huii !« Er warf mir einen triefäugigen Blick zu und
hätte auch noch mit dem Schwanz gewedelt, wenn genügend Platz im Wagen gewesen
wäre. »Das wird ja wie in den alten Zeiten, Lieutenant !«
Als wir vor der Wohnung
ankamen, hielt ich vom Zeitpunkt an, als ich auf den Klingelknopf drückte, bis
sich die Tür öffnete, den Daumen: Ich wollte den Sergeant nicht enttäuschen,
und das tat ich auch nicht, wie ich dankbar feststellte, als ich sah, wie die
Blonde den Türrahmen füllte.
Sie hatte den kanarienfarbenen Pullover gegen eine altrosa Seidenbluse
getauscht, die sie ebensogut hätte weglassen können, sofern
sie sie aus Sittlichkeitsgründen trug. Dieselben schwarzen Satinhosen
schmiegten sich behaglich um dieselben großzügigen Rundungen ihrer Hüften. Ich
hoffte nur inbrünstig, daß das Stück Kaugummi, das sie in die eine Backe
gezwängt hatte, nicht dasselbe von gestern war.
»Hallo!« Sie lächelte mich
flüchtig an. »Sie wollen doch nicht etwa heute mit ihm sprechen? Er ist
lausiger Laune .«
»Das bin ich auch«, sagte ich.
»Wir werden prächtig miteinander auskommen .«
»Wenn ich Sie hereinlasse,
schreit er mich an«, sagte sie unglücklich.
»Dann lasse ich mich selbst
herein«, sagte ich. »Während Sie hier draußen bleiben und dem Sergeant
Gesellschaft leisten .« Ich stellte Polnik mit dramatischer Geste vor. »Das hier ist Sergeant Polnik ,
der tapferste Mann in der Polizei, der Sie für die schönste Frau hält, die er
in seinem ganzen Leben gesehen hat !«
»Ja?« Sie blickte ihn kritisch
von oben bis unten an und nickte dann beglückt. »He — Donnerwetter, diese
tollen Muskeln! Ich wette, Sie könnten ein Mädchen glatt zu Tode drücken,
Sergeant !« Sie kicherte schrill.
»Himmel !« sagte Polnik gefühlvoll. »Bei einer solch dollen Nummer wie Ihnen war’ das ein prima Weg, um in die
Gaskammer zu kommen. Was?«
»Oh, Sergeant!« Sie bohrte
ihren Ellbogen spielerisch etwa sechs Zentimeter tief in seine Rippen, und er
grunzte noch nicht einmal.
»Entschuldigung«, sagte ich
schnell. »Dies ist Sandra-Baby, Sergeant. Kümmern Sie sich um sie. Ja?«
»Verlassen Sie sich darauf,
Lieutenant«, kicherte er.
Ich ging in die Wohnung, und da
lag Kirby noch immer horizontal auf der Couch und fing noch immer Erdnüsse mit
dem Mund auf. Hinter der Couch stand ein massiv gebauter Bursche, der aussah,
als schleppte er an seiner Ein-Meter-fünfundneunzig-Figur zumindest
zweihundertfünfzig Pfund mit herum. Jemand mußte einen Vorschlaghammer
ergriffen und da, wo sein Gesicht hingehört hätte, ein paar primitive
Andeutungen einer Physiognomie hineingehauen haben — eine breite Nase, die an
zwei Stellen gebrochen war — einen horizontalen Schlitz als Mund — und zwei
kleine Murmeln zu jeder Seite der Nase als Augen. Ein paar lose rauhe Haare oben auf seinem Kopf vervollständigten das
behelfsmäßige Werk.
Kirby blickte auf und runzelte
die Stirn. »Sie sind’s«, bellte er heiser. »Wieder zurück?«
»He, Robin Hood«, sagte ich
freundlich und warf dann einen Blick auf den Berg von Mannsbild, der hinter der
Couch stand. »Wer ist das? Little John?«
»Wer ist der Knilch ?« brummte der Berg mit einer Stimme, die so tief war, daß
sie klang, als käme sie gar nicht erst aus seiner Brust, sondern direkt aus
seinen Stiefeln.
»P-o-l-y-p!« Kirby flüsterte
theatralisch das Wort hinter der schützend vor den Mund gehaltenen Hand vor.
»Ich glaube, daß er außerdem nicht alle Tassen im Schrank hat, aber er hat eine
Dienstmarke .«
»Das berühmte Duo Kirby und
King, die Meister der Erpressung«, sagte ich, flüchtig den Conférencier mimend.
»Wie viele Mitglieder des Landau-Forschungsstiftungsteams haben Sie denn auf
der schwarzen Liste Ihrer Kartei ?«
Er warf eine Erdnuß in die Luft, fing sie fein säuberlich auf und
schüttelte dann den Kopf. »Wer hat Ihnen bloß den Quatsch erzählt ?« fragte er in klagendem Ton. »Ich habe nie von dem Bums
gehört, bis Sie
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