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Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)

Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)

Titel: Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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Gesteinsproben. Bücher, Zeichnungen und gepresste Blüten. Larven, Käfer, Schmetterlinge. Federn, Muscheln, Werkzeuge und Waffen. Sammlungsstücke aller Art und Geschenke, die sie erhalten hatten. Zeugnisse ihres Schaffens. Tote Zeugnisse ihres Schaffens. Alles Tand, wert- und bedeutungsloser Tand. Nichts davon lebte, konnte von den Stunden erzählen, nichts davon konnte sie in die Arme schließen, nichts davon konnte sie in Wärme hüllen, die den Schmerz erträglich machte.
    Sie zerrte die vorderste der Kisten aus der Hütte durch den Sand hinab zum Wasser. Die Muskeln der schlaff gewordenen Arme traten hervor, und Kräfte erwuchsen in ihr, die sie berauschten. Sie zog und zerrte, bis das Wasser ihr über die Knie reichte, sichdie Wellen über dem Holz schlossen und die Konturen der Kiste verschwammen.
    Die zweite Kiste war leichter und schneller zum Wasser gezogen. Ihr Atem ging stoßweise. Schneller, sie musste schneller machen und ihr Werk vollenden, um sich Ruhe zu verschaffen. Sie musste den Schmerz im Meer versenken.
    Nichts hatte sie gehört außer ihrem Atem, nichts hatte sie gesehen außer den Kisten und dem Wasser. Plötzlich wurde sie gepackt, hart am Arm gepackt und mit voller Wucht in den Sand geschleudert. Zwei Hände fassten nach der Kiste, an der erste Wellen züngelten, und schoben sie auf den Strand zurück. Mary schrie auf, flehte, dass er sie dort lassen solle.
    Owahiri richtete sich auf, sein Blick war bedrohlich und ließ sie auf Knien im Sand verharren. Er lief ins Wasser, dem dunklen Fleck entgegen, der sich immer weiter vom Land entfernte. Als ihm das Wasser bis zu den Schultern stand, bückte er sich, und sein Kopf verschwand zwischen den Wellen. Einen Wimpernschlag später richtete er sich auf und stemmte die Kiste in die Höhe. Wasser troff auf ihn herab. Das Holz war schwarz vor Nässe und glänzte im Licht.
    Mary schnappte nach Luft. Sie hatte den Schmerz im Wasser versenkt, Owahiri holte ihn wieder heraus und trug ihn vor sich her. Direkt auf sie zu. Vor ihr ließ er die Kiste fallen, ließ die Schlösser aufschnappen und hob jedes Teil aus der Kiste heraus, wischte es mit den Händen ab und legte es behutsam in den Sand, dass die Sonne es trocknen konnte.
    Ihr Schreien war verebbt, und nicht mehr als ein Schluchzen ab und an war geblieben. Das Rauschen des Windes in den Palmenblättern, ein sanftes Plätschern der Wellen. In der Ferne rief ein Vogel.
    »Was tust du, Mary? Du zerstörst alles.«
    Er saß vor ihr, sein rechter Fuß verschwand im Sand, feine weiße Körner rieselten die dunkle Haut hinab.
    »Steine und Pflanzen, sieh hin, das ist alles kalt und tot. Was soll ich noch damit?«
    »Du weißt, dass es nicht so ist.«
    Er ergriff einen Umhang. Die gelben und roten Federn waren von der Nässe verklebt.
Carls Augen haben geblitzt wie blankpolierte Sterne, als er ihn in den Händen hielt.
    Eine Holzmaske tauchte vor ihren Augen auf.
Die Holzmaske hat er vor sein Gesicht gehalten und mich damit gejagt. Geheult hat er wie ein Wolf, bis wir stehen bleiben und uns die Seiten halten mussten, die vor Lachen schmerzten.
    Owahiri legte die Maske beiseite und nahm ein geflochtenes Netz heraus.
Darin hat er Früchte von einem Spaziergang mitgebracht. Er hat sie aufgeschnitten, und gemeinsam haben wir sie gegessen.
    Mary nahm eines der Vogeleier auf, wischte den Sand ab und ließ die Finger darübergleiten.
Dieses Ei hat er selbst ausgeblasen. Seine Finger haben die Schale berührt, sie gehalten.
    »Ich halte das nicht aus, Owahiri.«
    »Ihr habt das zusammengetragen. Auch wenn du es wegwirfst, bleibt es bei dir.«
    »Er hat mich gebeten, alles nach England zu schaffen.«
    »Ja, du sollst allen Menschen davon erzählen. Ich weiß von Omai, dass die Menschen in eurem Land gern von Tahiti erzählt bekommen. Doch du hörst nur, was jedes Teil dir erzählt. Du hörst nur eure Geschichte heraus.«
    Mary ergriff eines der Gläser, öffnete es und schüttete die Samen heraus. Sie waren trocken geblieben.
    »Es war sein letzter Wille. Nimm ihn an. Du hast eine Aufgabe.«
    Owahiri half Mary auf die Beine. Gemeinsam liefen sie den Strand entlang, der Hütte, die sie mit Carl bewohnt hatte, entgegen.
    Ein Knoten bildete sich in ihrer Kehle. Sie blieb stehen und sah, dass Owahiri zwei Matten holte. Er breitete sie im Schatten aus. »Es ist heiß geworden, lass uns ein wenig ausruhen«, sagte er. Erverschwand im Dickicht hinter der Hütte und kam mit zwei geöffneten Kokosnüssen zurück.
    Mary

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