Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)
oder?«
Der Junge nickte nur und trat einen Schritt zurück, sodass sein Rücken den Schrank berührte.
Carl klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. »Dann werde ich mal wieder gehen, unser guter Mr. Peacock möchte noch einen Spaziergang über Deck mit mir zurücklegen. Vorausgesetzt, er findet es. Und du«, er warf Seth einen verschwörerischen Blick zu, »lass dich nicht erwischen, wenn du hier herumtrödelst.« Dann verschwand er.
Kaum schlug die Tür hinter ihm zu, schauten Mary und Seth sich an. Schwiegen kurz und begannen dann gleichzeitig zu lachen.
Seth sprang an den Tischrand. »Das hast du gut gemacht«, rief er, und wieder erklang sein glockenhelles Lachen.
»Und du hast mir geholfen, danke!«
Schlagartig legte der Junge den Kopf schräg und zog die Stirn in Falten. Seine meerblauen Augen tasteten über ihr Gesicht und versuchten offensichtlich zu ergründen, ob sie mit ihm scherzte.
»Ich meine das ernst, und wenn du magst, kannst du gern noch den letzten Pinsel abspülen, die Tiegel verschließen und mir helfen, alles in die Kajüte zu bringen. Der Tisch muss geräumt werden, da es bald Essen gibt. Und die Salpen sollten ebenfallsweggeschafft werden. Ich könnte deine Hilfe wahrlich noch einen Moment gebrauchen.«
Seths Hand fuhr über den Tisch, packte den Pinsel und tunkte ihn in den Wassernapf. Die grüne Farbe auf der weißen Haut seines Armes war inzwischen getrocknet.
Tahiti, 15. August 1785
Die Sonne brannte. Glatt gestrichen lag das Wasser und rührte sich nicht. Die zerklüfteten Felsformationen der Berge warfen dunkle Schatten, die zu einem Spaziergang einluden, um der Hitze in der Ebene zu entkommen.
Selbst Tupaia war vom Spielen am Strand zur Hütte zurückgekehrt. Owahiri lächelte und strich ihm zur Begrüßung über den Rücken. Die Haut des Kleinen war sandig und verschwitzt. Dann nahm er eines der Bananenblätter und legte es vor sich. Mit einem Blick prüfte er die Steine, die im Feuer lagen. Sie begannen, an einigen Stellen weiß zu glühen. Ein Zeichen, dass er sich beeilen musste. Sofort legte er mehrere Streifen des Schweinefleisches auf das Bananenblatt und schloss es zu einem kleinen Paket.
Tupaia schmiegte sich gegen seinen Arm. »Kann ich dir helfen, Vater?«, fragte er.
»Gern. Nimm dir doch den scharfen Stein und zertrenne das restliche Fleisch in drei Teile.«
Die Steine glühten. Owahiri löschte die Flammen mit Sand und hob neben der Feuerstelle eine Mulde aus. Er langte nach der kleinen Axt und schob mit dem Keil die Steine hinein, bis sie den Boden bedeckten.
»Vater, darf ich die Axt haben? Bitte!«
Der zaghafte Ton in der Stimme seines Sohnes ließ ihn erneut lächeln. »Du siehst doch, dass ich sie gerade benutze«, sagte er.
»Ich will nicht den scharfen Stein nehmen.« Tupaias Tonfall ließ ihn aufschauen. Die Unterlippe des Kleinen schob sich vor.
Owahiri bedeckte die Steine mit einem Bananenblatt und schichtete Yamswurzeln, Bananenscheiben und Brotbaumfrucht darauf. »Warum willst du nicht den scharfen Stein nehmen?« In seiner Stimme klang ein erster Hauch Verärgerung durch, und er fühlte, dass seine Augenbrauen sich zusammenzogen.
»Ich will die Axt nehmen. Die ist gut. Sie ist besser, viel besser als der Stein.«
Wurzeln und Früchte bedeckten das Bananenblatt. »Schau her, ich muss weitere Steine in den Erdofen schieben. Sie sind sehr heiß, und der lange Schaft der Axt macht es mir leichter, sie zu bewegen, als der scharfe Stein. Die Gefahr, sich zu verbrennen, ist geringer. Das heißt, ich brauche sie gerade.«
Er sah seinen Sohn an, der vor ihm stand und den scharfen Stein nicht anrühren wollte. Ein schwarzer Stein, mit einer schmalen Kante, die er eigenhändig geschlagen hatte. »Was stört dich an dem Stein?«
Tupaia verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schob seine Lippe noch weiter hervor. Er schwieg.
»Dann pack dich, dann kann ich deine Hilfe nicht gebrauchen«, fuhr Owahiri ihn an.
Sofort drehte der Kleine sich um und lief davon.
Einen Augenblick sah Owahiri ihm nach, sah die nackten kleinen Füße, die weit ausholten, um so schnell wie möglich von ihm wegzukommen. Das konnte später geklärt werden, beschloss er, erst musste er hier, solange die Steine noch Hitze in sich trugen, fertig werden. Mit der Axt schlug Owahiri in das Fleisch, doch die Stücke gerieten kleiner, als er es sich vorgenommen hatte. Zügig verteilte er sie auf weitere Bananenblätter, die er zu Päckchen zusammenband und im
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