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Vom Aussteigen und Ankommen

Titel: Vom Aussteigen und Ankommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Grossarth
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als Terminankündigung in die Facebook-Gruppe »Asta LMU« ein.
    »Dein Name war Pavlik?«, fragte sie.
    »Nein, Elf Pavlik.«
    Im Nebenraum standen Computer mit kostenlosem Internetzugang. Der Elf setzte sich an einen und schrieb an Dutzende Studenten, deren E-Mail-Adressen ihm die Studentenvertreterin gegeben hatte:
    Hello,
I call myself elf Pavlik (…). Since I personally prefer working on practical solutions for problems over protesting, I proposed oganizing workshops in interested universities with goal of starting that day working groups which will work on:

* gathering and publishing information on current organizational details of educational institutions they participate in

* clarifying challenges and problems which make them unhappy * working on preparing detailed and realistic proposals of changes which we can make to solve those problems

(…) Since I currently stay in München I would like to help with organizing working group(s) in Ludwig-Maximilians-Universität München. I apologise for such a short notice (16th is tomorrow!) currently I camp in Englischer Garten and had hard time with finding internet access =)
Since I don’t have easy internet access I will just wait tomorrow June 16th, Wednesday from 9AM at Studentenwerk LMU München, Leopoldstr. 15 in front of the Asta office. I write this email from here using one of those fancy Mac computers. I will wait here until 11AM unless some of you find it interesting and decide to join, than we can spend the rest of the day working on the topic!
To explain shortly what I do in München. Since May 2009 (little over year) I live strictly without using money, and I already lived most of 2008 without using money in California. Person named Jan who writes a book about alternative ways of living asked me for an interview, we ended up deciding to spend together few days somewhere without using money (…)
I apologise again for such a short notice and possibly confusing email. I invite everyone interested to participate in working group tomorrow solidarizing with students around the globe in Day of United Symbolic Actions (…)
Hope to see you tomorrow,
elf Pavlik
    Tags drauf ab neun Uhr wollte er also auf interessierte Studenten warten, um mit ihnen Zukunftsfragen zu diskutieren. Unterdessen war es 15.09 Uhr, und mein Hunger war größer als der Englische Garten.
    Träumen auf Nacktschnecken
    Auf dem Klo des Münchner Studentenwerks trank ich am Wasserhahn eine Minute wie ein Kalb am Euter seiner Mutterkuh, denn wir hatten heute überhaupt noch kein Wasser gefunden, nur etwas Essigsoße, zum Essen hatte es eine Kidneybohne gegeben, ein Melonenstück und die übliche Puffreisschokolade.
    Wir gingen über die Leopoldstraße zum Lidl. Um fünf erreichten wir ihn, und wieder hatten wir Glück: Alle Container auf dem Parkplatz waren offen und voll. Doch leider hatte sich das Waschpulver einer aufgeplatzten Packung über Früchte und Camemberts gelegt wie Neuschnee über eine Almwiese. Die Brote hatten das Waschmittel aufgesogen. Vermeintliche Joghurts entpuppten sich bei genauerem Hinsehen als Becher mit abgelaufener Katzenmilch. Aber wir fanden auch genießbare Äpfel und einen Käse und gingen damit wieder zum Friedhof.
    Dort setzten wir uns an den Rand eines Bassins aus Marmor und wuschen mit dem klaren Wasser, das für die Grabpflanzen gedacht war, das Obst. Mit Blick auf das Grab der Familie Westermeier aßen wir Äpfel und Käse mit dem Toastbrot von gestern. Einen Zehnerpack Eier versteckte Pavlik, der sich als Elfen bezeichnete, hinter einem Busch. Er wollte sie tags darauf wieder abholen und für die Studenten braten, die zu seinem Workshop kommen würden.
    »Der Grund, warum ich kein Geld mehr benutze, ist einfach«, sagte er, »weil ich klar sehe, dass es keine Zukunft hat.«
    Manchmal kam er mir in seinem Idealismus vor wie der heilige Franziskus, der Unternehmersohn. Auch er hatte nach der Einsicht gelebt, dass keinerlei Eigentum die Verhältnisse unter den Menschen regeln solle. Denn sonst, meinte Franziskus, leide die liebende Aufmerksamkeit für den anderen, das gesellschaftliche Miteinander insgesamt. Die Franziskaner machten es sich deswegen zur Regel, dass die Brüder kein Geld annehmen sollen, weil Geld die Beziehungen zerstöre.
    Am Abend bauten wir in einem Waldstück, das von keinem Spazierweg einsehbar war, Pavliks Igluzelt auf. Als es im Englischen Garten inmitten von knöchelhohen Wucherpflanzen stand, gingen wir für die Abendtoilette

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