Vom Baum Der Erkenntniss
zu fühlen.
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Große wünschen, daß man zuweilen etwas von ihnen erbittet, und können es nicht gut ertragen, wenn man sie umgeht. Gewähren oder abschlagen, beides erhöht ihre Würde.
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Du Thor, du kommst aus dem Palast eines Großen, aus dem Schloß eines Fürsten und denkst mit behaglicher Hoffnung: welchen Eindruck hab' ich ihm wol gemacht? Der Fürst aber, der große Staatsmann spricht im selben Augenblick zu sich ganz das nämliche, aber nur in Bezug auf sich: »Welchen Eindruck hab' Ich ihm wol gemacht – ?«
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Aufzuhorchen, welche Wendungen die Wahrheit nimmt, um sich dem Thron zu nähern, sollten frühdie Fürsten angeleitet werden. Aber sie verstehen es auch schon von Natur. Ein noch lebender Dichter fiel in Ungnade, als er seinem Monarchen ein Gedicht widmete, worin er dessen Herzensgüte pries. Der Fürst begriff sehr wol, es sollte so viel heißen, als, es fehlte ihm an Verstand.
Erziehung.
Jedes Kind, das zur Welt kommt, predigt sogleich das Evangelium der Liebe.
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Nein, nicht zum Entbehren erziehe die Deinen, nur zum mäßigen Gebrauch dessen, was sie besitzen.
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Die Erziehung soll frühzeitig die Kritik wenn nicht aller, doch der meisten Wünsche des Herzens sofort an die Beantwortung durch den Verstand verweisen.
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Wir sind viel zu schnell bei der Hand mit dem Urtheil, daß uns dies oder das durch die Natur versagt wäre. Ein wenig mehr Fleiß und es stellt sich das Gegentheil heraus.
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Wenn Erzieher ihren Zöglingen die Schwärmerei widerrathen, so thun sie im Grunde kaum etwas anderes, als sie zur Herzensträgheit anleiten.
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Früh soll auch das Weib wollen und wählen lernen. Weibliche Würde ist etwas Angebornes, mehr aber noch eine Errungenschaft.
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Lehne kein Geschenk ab, das dir ein Kind anbietet – ! Wäre deine Ablehnung auch noch so gut gemeint, sie würde Entwickelungskeime stören.
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Am sichersten wird in der Erziehung das Gute nicht durch die offene Mahnung um des Guten willen, sondern durch eine lebhafte Darstellung der Folgen des Schlimmen hervorgebracht.
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Von einem Baum, der noch in Blüthe steht, mußt du nicht schon Früchte erwarten.
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Bei Schauspielern gilt es für eine praktische Regel, daß man mit der Mehrzahl derselben nicht in theoretischen Ausdrücken sprechen kann, wenn es sich um die Auffassung einer Rolle oder das feinere Verständniß irgend einer einzelnen Stelle handelt. Man muß ihnen die Meinungen, die man anschaulich machen will, in eine zugänglichere, praktische Ausdrucksweise übersetzen. Auch in der Erziehung und in manchen Lebensbezügen überhaupt bewährt sich diese Regel. Wem man Tage lang gepredigt hat: »Sei gleichmäßig in deinem Wesen zu den Menschen, bleibe deinen Vorsätzen treu, sei in deinem Umgang an Haltung und Ton würdig!«der wild oft umsonst suchen und suchen, wie er es anstellen soll, dieser Vorschrift nachzukommen. Sagt man ihm aber: »Sei geistig vornehm! « so versteht er sogleich was gewünscht wird und sucht es nach Kräften zu treffen.
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Es ist lange nicht so thöricht wie es klingt, wenn man sagen wollte: der Jugend muß man auch Unterricht im richtigen Fühlen geben.
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Ein wunderbar latenter Zustand – die der elterlichen Strenge zu Grunde liegende elterliche Liebe – !
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Früh lehre man die Kinder, sich über eine erlittene Kränkung, einen bitter empfundenen Schmerz der Klage enthalten.
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Die höhere und seelische Erziehung hat die Aufgabe, die Eingebungen der Natürlichkeit mit den Gesetzen des guten Tons so in Harmonie zu bringen, daß man gebildet wird und doch natürlich bleibt und natürlich bleibt bei aller Bildung.
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Die Identität der Person pflanzt sich mehr von Mutter auf Tochter, als von Vater auf Sohn fort.
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Bei klugen und herzensguten Kindern ist die beste Methode, einen starren Willen zu brechen, Nachgiebigkeit.
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Grob ist besser als fein, bei Handtüchern und in der Erziehung.
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Der Schatz des Alterthums liegt für die Menschheit im Großen und Ganzen fast noch unangebrochenda. Man wird ihn erst heben, wenn man auf den Schulen die alten Klassiker in Uebersetzungen liest und das Studium des Urtextes den Gelehrten überläßt.
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Du freust dich des Kindes, das dir auf einer Wanderung durchs Feld Blume um Blume pflückt und dir jede Handvoll, die sein Eifer zusammengebracht hat, als glückliche Trophäe reicht – ! Ist dies endlose Pflücken und Sammeln nur die Entfaltung eines sinnigen Gemüths? Ist es im Kinde nur das, was du
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