Vom Dämon gezeichnet - Rowland, D: Vom Dämon gezeichnet
brauch kein Geld für einen Wecker auszugeben.«
Jill lachte, dann sah sie mir ins Gesicht. »Du siehst … anders aus. Bist du okay?«
Ich zuckte die Schultern mit einer Gleichgültigkeit, die ich nicht empfand. »Ich hatte viel zu tun. Nicht viel Schlaf. Ich hab gearbeitet, weißt du.«
Jill schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Du siehst einfach anders aus. Ich kann es nicht genau erklären.« Sie warf mir ein anzügliches Grinsen zu, und ihre blauen Augen blitzten. »Bist du endlich flachgelegt worden?«
»Oh, jetzt komm aber! Warum erzählt mir jeder, ich würde so aussehen, als sei ich mit jemandem in der Kiste gewesen?« Finster starrte ich Jill und Scott an.
Jill lächelte und zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, Süße. Vielleicht liegt es einfach daran, dass dein Haar aussieht, als seist du gerade frisch gefickt worden.«
Ich lachte und fuhr mir mit der Hand hindurch. Der Versuch, es zu glätten, war vergeblich. »Nein, so was kommt, wenn man am Schreibtisch einschläft.«
Sie stemmte die Hände in die Hüften und funkelte mich an. »Du bist so unglaublich bedauernswert. Würde es dich wirklich umbringen, die Arbeit mal ein bisschen Arbeit sein zu lassen und etwas Spaß zu haben?«
»Aber ja, ich bin bedauernswert«, erwiderte ich mit einem Grinsen, nach dem mir eigentlich gar nicht war. Ja, ich bin armselig genug, um einen One-Night-Stand mit einem Dämon zu haben. Armselig und verzweifelt. Ich habe sogar seltsame Träume von ihm, während ich an meinem Schreibtisch schlafe. »Und ich kann es bei der Arbeit nicht unbedingt langsamer angehen lassen, wenn ich meinen ersten Mordfall zugeteilt bekomme«, erinnerte ich sie.
»Okay. Diesmal lasse ich es durchgehen.« Dann warf sie mir einen scharfen Blick zu. »Aber sobald dieser Fall abgeschlossen ist, werde ich deinen bedauernswerten Hintern auf ein Bier um die Häuser zerren.«
Ein warmes Gefühl durchflutete mich, als wenn ich an einem bitterkalten Tag einen Schuss heißen Brandy hinuntergekippt hätte. »Einverstanden«, erwiderte ich lächelnd. »Und jetzt zeig mir, was wir bisher haben.«
Jill verzog das Gesicht und ging zurück zu der Leiche. Ich folgte ihr und wappnete mich im Geiste vor dem, was ich zu sehen bekommen würde.
Ich hatte schon vor vielen Leichen gestanden. Natürliche Tode, Selbstmorde, Morde, Verkehrsunfälle. Wenn man lange genug bei der Polizei war, bekam man davon einiges mit. Aber egal, wie oft ich schon gesehen hatte, welche entsetzlichen Dinge ein Mensch einem anderen zufügen konnte, erschreckte mich das Ergebnis jedes Mal wieder aufs Neue. Und dieser Anblick war der schlimmste, mit dem ich jemals konfrontiert worden war. Sogar noch schlimmer als die Frau vor drei Tagen. Opfer Nummer zwei oder vielleicht Nummer fünfzehn – wie immer man es sehen wollte. Und der Killer steigerte sich offenbar bereits. Normalerweise lagen Monate zwischen einem Leichenfund und dem nächsten. Jetzt waren es nur Tage.
Diesmal handelte es sich um ein männliches Opfer. Der Mann war spindeldürr und wahrscheinlich drogenabhängig. Schätzungsweise in seinen Zwanzigern, aber da konnte man nie sicher sein. Er hatte dunkles, fettiges Haar und einen zotteligen Bart, der aussah, als sei er seit Monaten nicht geschnitten worden. Für einen kurzen, bizarren Moment dachte ich, dass es mein Einbrecher von neulich Nacht war, bis mir einfiel, dass er nur Stoppeln gehabt hatte und keinen Vollbart.
Die Verletzungsmuster erregten schnell meine Aufmerksamkeit. Seit dem letzten Opfer hatte der Symbolmörder seine Technik gewechselt. Statt perfekte und präzise Schnitte mit einer Klinge in das Fleisch des Opfers zu setzen, hatte er das Muster diesmal in die Haut gebrannt. Ich konnte nur daran denken, dass der Killer die Klinge lediglich umgedreht und erhitzt hatte, um mit der breiteren Seite Hunderte von qualvollen Brandwunden auf dem Körper des Opfers zu verteilen. Tausendfach schmerzhafter! Ein perfektes Muster dieser Verbrennungen überzog auch seine Genitalien. Auf Fotos von früheren Opfern hatte ich ähnliche Spuren einer solchen rituellen Folterung gesehen, aber es war ganz etwas anderes, selbst davorzustehen.
Ich erschauerte allein bei dem Gedanken daran, wie qualvoll dies alles für das Opfer gewesen sein musste. Es ist ein Wunder, dass er nicht am Schock gestorben ist. Und wie lange hat es gedauert? Wie lange ist er gequält worden, bevor er erlöst wurde? Und noch eine verstörende Erkenntnis traf mich: Der Symbolmörder hatte diesen
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