Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
durchs Haar, dann warf ich Jill einen vorsichtigen Blick zu. Sie starrte auf die Stelle, an der sich eben noch der Dämon befunden hatte, die Lippen zusammengepresst, die Stirn gerunzelt. Dann atmete sie einmal tief durch und wandte sich mir zu.
„Okay!“, sagte sie mit verblüffend ruhiger Stimme. „Damit hat sich die Frage erledigt, ob du mir vielleicht nur einen ziemlich aufwendigen Streich gespielt hast mit jemandem in einem echt guten Kostüm.“
Ich lachte, während ich mich auf einen der Hocker schob. Entlassungen waren ermüdend, und ich war schon erschöpft gewesen, als ich angefangen hatte. „Tut mir leid. Das war alles ganz real.“ Misstrauisch sah ich sie an. „Bist du … ich meine, wird das …“ Ich verstummte, denn ich wusste nicht, wie ich sie fragen sollte, was ich gern wissen wollte.
„Ach, zum Teufel, Kara. Ich hab schon immer gewusst, dass du ein bisschen schräg bist. Und jetzt weiß ich auch, wieso. Jedenfalls kann ich dich jetzt um einiges besser verstehen.“
Ich lächelte, und mir war ganz schwindelig vor Erleichterung und Dankbarkeit. Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, und ich schniefte. Sie funkelte mich spöttisch an. „Jetzt fang bloß nicht an, hier rumzuheulen.“
Ich lachte und rieb mir über die Augen. „Auf keinen Fall.“
„Wenn ich nicht Bereitschaft hätte, würde ich ja vorschlagen, mal nachzusehen, ob deine durchgeknallte Tante nicht irgendwas zu trinken im Haus hat. Ich denke nämlich, wir beide sollten uns jetzt unbedingt sinnlos besaufen.“
„Ich finde, da hast du völlig recht.“
„Aber“, sagte sie mit einem schelmischen Glitzern in den Augen, „ich habe draußen im Wagen etwas, was fast genauso gut ist. Zum Glück komme ich gerade vom Einkaufen!“ Damit drehte sie sich um und stürmte zur Tür hinaus. Weniger als eine Minute später kam sie zurück und hielt stolz eine Familienpackung Schokoladeneis mit Schokostückchen in der Hand. „Worauf wartest du noch? Es schmilzt. Hol die verdammten Löffel!“
Und das tat ich.
9
Wir haben nicht die ganze Familienpackung weggeputzt – obwohl wir es versucht haben. Trotzdem reichte es aus, um den Wahnsinn dieses Abends zu überwinden.
Ich hatte noch nie eine enge Freundin oder einen Freund gehabt. Ryan stand mir zwar nahe, aber ich kannte ihn erst seit ein paar Wochen. Und die Dämonen hassen ihn , was ich nicht vergessen durfte. Zumindest Kehlirik. Aber warum? Und woher zum Teufel kannte auch nur einer der Dämonen ihn gut genug, um ihn hassen zu können? Ich mochte Ryan. Das tat ich wirklich, aber ich konnte meine Zweifel nicht länger ignorieren. Und ich verspürte auch eine gewisse Unsicherheit, ob wir nur aus dem Grund Freunde waren, weil er wusste, dass ich eine Beschwörerin war und er ebenfalls arkanische Energien spüren und sehen konnte.
Aber jetzt wusste auch Jill von der arkanischen Welt und den Beschwörungen, und sie ging ganz cool damit um. Oder zumindest tat sie mir zuliebe so, als würde sie cool damit umgehen. Mehr konnte ich auch nicht verlangen. Ich vertraute ihr.
Und wie sehr vertraust du Ryan? , flüsterte die kleine Stimme in meinem Hinterkopf.
Am Schluss erzählte ich Jill alles über den Fall des Symbolmörders – all jene Details, die ich geflissentlich aus meinen Berichten herausgelassen hatte. Ich erzählte ihr sogar von Rhyzkahl und – was noch wichtiger war –, ich erzählte ihr, was passiert war, als ich ihn das erste Mal beschworen hatte. Und das hatte ich bisher selbst Ryan verschwiegen. Hey, ich habe einen Dämonenfürsten beschworen, und dann hatten wir einfach fantastischen Sex auf dem Teppich vor dem Kamin. Ryan war ein Kerl , und Kerle konnten – selbst wenn man nur ganz normal mit ihnen befreundet war – ziemlich komisch werden, wenn sie irgendwelche Einzelheiten aus deinem Sexleben erfuhren, an denen sie nicht beteiligt waren. Oder vielleicht war ich auch mal wieder nur zu feige gewesen. Das war wahrscheinlicher, wenn man meinen Mangel an Erfahrungen mit Männern bedachte.
Aber Jill bekam es zu hören. Und als ich ihr erzählte, wie Rhyzkahl mein Leben gerettet hatte, nickte sie langsam und sagte: „Das ist so unglaublich cool.“
Ich ersetzte die Wächter durch meine eigenen, die nicht einmal halb so effektiv waren, dann fuhr ich zurück zu meinem eigenen Haus und gab mir Mühe, nicht darüber nachzudenken, ob ich Rhyzkahl nun beschwören sollte oder nicht. Ich saß an meinem Küchentisch und versuchte mich abzulenken, indem ich
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