Vom Daemon verweht
Tartaros-Dämonen zu tun hat und – falls ja – was diese genau im Schilde führen. Wir tappen völlig im Dunkeln, Padre.«
»Ich weiß«, sagte er. »Aber wenn es sich bei diesem Buch tatsächlich um die Malevolenaumachia Demonica handelt, wie wir vermuten, dann könnten wir bald mit einer Herrschaft der Hölle auf Erden konfrontiert werden, wie wir sie bisher noch nicht erlebt haben.«
Mir lief es eiskalt über den Rücken. Padre Corletti war keiner, der zu Übertreibungen neigte. Wenn er sagte, dass dieses Buch eine echte Bedrohung darstellte, dann wusste ich, dass die Lage verdammt ernst war.
»Aber verzage nicht, cara mia. Ihr werdet die Antwort bald finden. Da bin ich mir sicher.«
»Danke, Padre«, erwiderte ich und fühlte mich wie ein kleines Mädchen, das von seinem Vater liebevoll aufgemuntert worden war.
Ich wollte mich gerade verabschieden, als ich innehielt. Mir fiel noch eine Frage ein, die ich Padre Corletti unbedingt stellen wollte. Es ging um Eric.
»Katherine? Bist du noch da?«
»Ja, bin ich, Padre«, antwortete ich. Auf einmal wusste ich nicht mehr sicher, ob ich ihm die Frage wirklich stellen sollte.
»Gibt es noch etwas, mein Kind?«
Ich musste lächeln. Padre Corletti kannte mich besser als die meisten. Er war mein Lehrer, mein Trainer, mein Vater und sogar einmal mein Krankenpfleger gewesen. Stundenlang hatte er an meinem Bett gesessen. Ich war damals an Lungenentzündung erkrankt, nachdem ich mitten im Winter einen heftigen Kampf mit einem Dämon in den Pariser Katakomben ausgefochten hatte. Zu meinem sechzehnten Geburtstag hatte er mir das feine Silberkreuz geschenkt, das ich noch immer gern trug.
Vor Padre Corletti konnte ich nichts verheimlichen. Und ich wollte es auch gar nicht.
»Ich habe an Eric gedacht«, gestand ich.
»Ach, mein gutes Kind. Du und Eric – ihr durftet eine wunderbare Liebe erleben. Aber du musst jetzt loslassen. In deinem Herzen wird er immer bei dir bleiben. Doch du hast inzwischen einen anderen Mann, den du nicht vernachlässigen darfst.«
»Ich weiß«, erwiderte ich. »Das tue ich auch nicht. Oder zumindest bemühe ich mich darum.« Ich schluckte. »Es ist nämlich so, Padre. Ich habe einen Brief gefunden.«
Ich erzählte ihm von den geheimnisvollen Briefen, die Eric für mich hinterlassen hatte, und merkte, wie die Worte nur so aus mir heraussprudelten. Ich berichtete ihm von meiner Unsicherheit, was ich Allie zu diesen Briefen sagen sollte, und von meinem Schmerz darüber, dass Eric Geheimnisse vor mir hatte. Geheimnisse, die immer größer wurden, je mehr ich in Erfahrung brachte.
»Jetzt stecke ich in einer Sackgasse, Padre«, sagte ich. »Father Oliver ist gestorben, und er hat mir keine Nachricht hinterlassen. Wovon auch immer Eric wollte, dass ich es finde – es ist nicht mehr da. Ich habe das Gefühl, als ob ich ihn im Stich gelassen hätte, Padre. Und gleichzeitig bin ich so verletzt – so wütend –, weil er etwas so Wichtiges vor mir verborgen hat!«
»Ich verstehe, mein Kind. Es ist nie leicht, herausfinden zu müssen, dass etwas, woran man geglaubt hat, nicht ganz der Realität entsprochen hat. Aber auch in einer Ehe gibt es Eigenständigkeit – no? Man bildet zwar eine Einheit, doch gleichzeitig bleibt man auch zwei Individuen.«
»Ich… Ja, das stimmt.« Seine Worte trösteten mich nicht sonderlich. Denn sie änderten nichts an der Tatsache, dass Eric etwas vor mir geheimgehalten hatte.
Ich hörte, wie der Padre am anderen Ende der Leitung leise lachte, und begriff, dass er mich mal wieder durchschaut hatte. Er wusste genau, was ich dachte. »Was möchtest du wissen, Katherine?«
Für einen Moment hielt ich den Atem an, als ich begriff, was er mir gerade angeboten hatte. Padre Corletti wusste, womit Eric beschäftigt gewesen war. Die Spur, die er für mich hinterlassen hatte, mochte inzwischen vielleicht kalt geworden sein, aber ich konnte noch immer die Wahrheit erfahren. Oder ich konnte das Ganze einfach vergessen, mich von Eric und seinem Geheimnis verabschieden und ganz auf die Familie konzentrieren, die ich jetzt hatte.
Ich schloss die Augen und versuchte, meine Vernunft walten zu lassen. Ich wollte eine Entscheidung treffen, die sowohl von Logik als auch von Liebe getragen war. Schließlich traf ich die einzige Wahl, die ich treffen konnte. Ich bat den Padre, mir von Eric zu erzählen.
Falls er von mir enttäuscht war, so zeigte er es jedenfalls nicht, und dafür wuchs er mir noch mehr ans Herz. Er schlug mir vor,
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