Vom Daemon verweht
schiefgegangen war, und die Sache war als Totschlag behandelt worden. Mein Mann hatte sich ganz einfach zur falschen Zeit am falschen Ort befunden. Wir waren außerdem schon seit zehn Jahren nicht mehr als Dämonenjäger tätig gewesen, und unser Leben war ziemlich langweilig geworden. Wunderbar, aber langweilig. Mord gehörte nicht mehr zum täglichen Brot.
Jetzt jedoch musste ich feststellen, dass ich mich einer Illusion hingegeben hatte. Wieso war ich nicht schon früher misstrauisch gewesen? Blindlings war ich dem gefolgt, was mir die Polizei gesagt hatte. Warum hatte ich nicht näher hingesehen? Warum hatte ich nicht weiter nachgebohrt?
Weil es nichts Verdächtiges gegeben hatte. Nichts außer der Tatsache, dass Eric gestorben war. Und der Tatsache, dass es einem gewöhnlichen Räuber gelungen war, meinen Mann zu töten. Wir hatten zwar nicht jeden Tag trainiert, aber Eric war fit gewesen. Er hatte seinen Körper nie schlapp werden lassen.
Als ich daran dachte, verkrampfte sich mein Magen noch mehr. Allmählich begriff ich, was das alles bedeutete. Mein Mann war ermordet worden, und ich – seine Frau, die ihn am besten gekannt und am meisten geliebt hatte – war völlig ahnungslos gewesen.
Verzweifelt klammerte ich mich an das Lenkrad. War es nicht ein seltsamer Zufall, dass dieser Brief gerade jetzt auftauchte? Konnte es sich nicht um eine Fälschung handeln? Eine Falle?
Etwas in mir klammerte sich für einen Moment an diese Möglichkeit, aber in meinem Innersten wusste ich, dass es nicht stimmte. Zu viele Redewendungen in diesem Brief klangen eindeutig wie Eric, und auch nach diesen ganzen Jahren hätte ich seine Handschrift überall erkannt. Nein – der Brief stammte von meinem ersten Mann.
Wie jedoch war der Schlüssel auf meine Türschwelle gelangt? Das war mir wirklich rätselhaft.
Ich warf einen Blick auf den Beifahrersitz und meine Tasche, in der sich der Brief befand. Fünf Jahre lang hatte ich Eric enttäuscht und wurde jetzt das schreckliche Gefühl nicht los, dass der Schlüssel zum Symbol einer stillen Anklage wurde. Er zeigte mir, dass ich meinen Mann im Stich gelassen hatte.
Doch das würde sich jetzt ändern. Irgendwie wollte ich herausfinden, was geschehen war. Ich wollte seine verschlüsselte Nachricht entziffern und die Wahrheit herausfinden.
Hoffentlich war nach fünf Jahren die Spur nicht für immer verwischt.
Benommen lenkte ich den Wagen nach Hause. Die Liste der Einkäufe, die ich eigentlich nach meinem Besuch in der Bank hatte erledigen wollen, war vergessen. Während das Garagentor langsam aufging, überlegte ich, was Eric wohl gemeint haben konnte. Das Beste von uns? Was war das Beste gewesen? Ich hatte keine Ahnung, doch blöderweise war das genau der Punkt, an dem ich ansetzen musste. Auf einmal fand ich mich in der Rolle eines weiblichen, Dämonen jagenden Terry Cotton wieder.
Das Erste, was ich mit meiner neuen Spürnase entdeckte, war ein Notizzettel auf dem Küchentisch. Kurz und knapp hatte Stuart darauf geschrieben, dass er für ein Weilchen zu Hause gewesen war, dann aber wieder in die Arbeit zurück musste. Er würde also sowohl das Abendessen als auch Allies Strandparty versäumen, was ihm natürlich leidtäte.
Ich schloss die Augen und wartete darauf, wieder einmal die Wut in mir hochkochen zu spüren. In letzter Zeit entdeckte ich nur noch Hinweise darauf, dass mein Mann zwar in diesem Haus lebte (eine feuchte Duschkabine, schmutzige Wäsche auf dem Boden, ein zerwühltes Bett), doch ihn selbst bekam ich kaum zu Gesicht. Diese Tatsache machte mich inzwischen ganz mürbe und führte dazu, dass wir uns häufiger in die Haare bekamen, wenn sich unsere Wege zur Abwechslung einmal kreuzten.
Doch seltsamerweise wurde ich diesmal nicht wütend. Diesmal verspürte ich nur Erleichterung. In Gedanken war ich nämlich ganz bei Eric. Ich wollte mich meiner Trauer hingeben und war nicht gerade scharf darauf, eine weitere Auseinandersetzungen mit Stuart zu führen, nur weil ich vor meinem zweiten Mann den Tod meines ersten betrauerte.
Allerdings blieb mir nicht viel Gelegenheit, mich meinem Schmerz hinzugeben. Mag das nun gut sein oder nicht – ein Leben mit Kindern lässt einem kaum Zeit dazu, melancholischen Anwandlungen nachzuhängen. Ich musste mich um Timmy kümmern, sehen, was Eddie so trieb, eine Leiche verstecken und schließlich zum Strand fahren.
Natürlich musste ich nicht zum Strand. Aber ich vermutete, dass Allie mich nur dieses eine Mal einladen würde,
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