Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
anzutreffenden Entwicklungsaufgaben sind jedenfalls ausschlaggebender.
Muladhara (Wurzelchakra): der vierblättrige Lotos am unteren Ende der Wirbelsäule. Kosmologisch steht es für die ursprüngliche Lebensenergie und die grundsätzliche Verbundenheit mit der Welt. Es ist der Sitz der latenten Kundalini, die die vitalen Funktionen reguliert und nach ihrem Erwachen dem Menschen aufzeigt, dass die Sicherheit nicht mehr in der Ansammlung materieller Güter gesehen werden sollte, sondern im Geborgensein durch den Schoß der Erde. Der Kosmos und der eigene Körper werden als von Gott beseelt erfahren. Das Verhalten gegenüber Natur und Schöpfung wird achtsam und liebevoll. Um dorthin zu gelangen, müssen die Angst vor dem Tod, die Furcht vor Kontrollverlust und die vielfältigen Fixierungen an äußerliche Werte überwunden werden. Dies kann zu zeitweiliger psychischer Destabilisierung führen, weil alte Angstmuster explosionsartig aufbrechen und lange unterdrückte Befürchtungen akut werden können.
Svadhisthana (Milzchakra): der sechsblättrige Lotos, an der Wurzel des Fortpflanzungsorgans. Die sexuelle Triebkraft wird bei der Öffnung dieses Chakras als universelle schöpferische Seinsenergie erlebt. Wenn dort Blockaden gelockert werden, können Menschen leichter ihre Kreativität nutzen. Die hinzugewonnene Sinnlichkeit bereichert nicht nur Paarbeziehungen, sondern belebt auch die Ausstrahlung. Interessanterweise wirken dann Menschen auch anziehender und humorvoller.
Zu beachten ist, dass zunächst massive sexuelle Energien, wie nach Öffnung eines Staudammes, in die Psyche schwappen können. Unaufgearbeitete Triebkonflikte, pornographische Fantasien oder ungewohnte Wünsche können in den Vordergrund drängen und seelische Krisen verursachen. Das kann auch mit dramatischen Trennungen, schweren Enttäuschungen oder Abhängigkeitstendenzen einhergehen. Nach einiger Zeit entspannt sich aber die Situation, weil man die schöpferische Urkraft des Eros wahrnehmen kann. Wenn allmählich die Zentrierung auf die Sexualität nachlässt, kommt es zu einem vitalisierenden Wohlbefinden, das den ganzen Körper durchströmt.
Manipura (Nabelchakra): der zehnblättrige Lotos in der Nabelgegend (Solarplexus). Repräsentiert das Element Feuer, die Kräfte der Verwandlung und die Bereitschaft zur Macht. Vom eigenen Willen werden Impulse gesetzt, um spirituelle Ziele zu verwirklichen. Die Zentrierung auf den kosmischen Urgrund verleiht gelassene Stabilität. Vernunft und Gefühle streben nicht mehr auseinander, sondern vereinen sich, um nützlich zu agieren. Die Stärke, die aus der Mitte entspringt, ist klar und zielbewusst. Die mitgegebenen Potenziale und Talente werden achtsam gefördert, weil man sich seiner Verantwortung in der Welt bewusst ist. Aufzulösen sind also Anteile, die sehr eng mit dem Ego zusammenhängen, wie etwa übertriebenes Dominanzstreben, ungerechtfertigte Machtausübung und die Angst vor den eigenen Fähigkeiten.
Anahata (Herzchakra): der zwölfblättrige Lotos in der Herzgegend. Bei Öffnung dieses Chakras werden Liebe, Mitgefühl, Altruismus und Hingabe verstärkt. Wenn das Herz seine Pforten öffnet, wird die Zuwendung nicht mehr von Bedingungen abhängig gemacht und kann sich prinzipiell auf alle Menschen richten. Wie eine Blume, an deren Pracht man sich selbstverständlich erfreut, dienen Menschen mit starker Herzensenergie durch ihre angenehme Ausstrahlung und unaufdringliche Hilfsbereitschaft selbstlos der Schöpfung. Abgebaut werden mangelnde Sensibilität, Passivität, Einsamkeit, Kummer und Eifersucht.
Vishuddha (Halschakra): der sechzehnblättrige Lotos am Halsansatz. Ein Mensch mit diesem aktivierten Bewusstseinspotenzial besitzt die Fähigkeit, subtil zu kommunizieren, so dass seine Mitteilungen inspirierend sind. Öffnet sich dieses Zentrum, so findet man leichter die richtigen Worte und eine vertrauenerweckende Tonlage. Es ist allgemein bekannt, dass ein und derselbe Satz, von verschieden Personen gesprochen, zu ganz unterschiedlichen Wirkungen führen kann. Zu überwinden sind demagogisches und arrogantes Verhalten, in der die Rede zu Machtzwecken oder Denunziation missbraucht wird.
Ajna (Brauenchakra): der zweiblättrige Lotos zwischen den Augenbrauen. Durch die Freilegung des »dritten Auges« erweitert sich die Wahrnehmung bis hin zu parapsychologischen Begabungen und erleuchtungsähnlichen Zuständen. So werden verborgene Seinsdimensionen transparent. Die auftretenden
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