Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
ausbreiten kann. Davon ist auch die fortwährende Rekonstruktion meines Selbstbildes betroffen. Meine Grenzen werden durchlässiger. In der Stille wird das Bewusstsein weiter und mein Wesen transparenter. Es ist offen für das, was noch da ist, und kann davon durchdrungen werden.
Der Weg nach innen ist eine Reise, die nie enden wird, denn es gibt nur einen Eingang, jedoch keinen Ausgang mehr. Wer einmal aufgebrochen ist, wird immer wieder von der Dynamik der Selbsterkenntnis angezogen. Abwege und Umwege werden schmerzlich erlebt. Die Reise nach innen ist lang, aufwendig und steinig; sie bedeutet Abenteuer und Konfrontation. Sie führt aber auch zur Einheit, zu Glück, Erfüllung und wahrer Zufriedenheit im Leben.
Wenn wir uns mit Fragen über den Sinn des Lebens beschäftigen, wird recht schnell klar, dass uns die Wissenschaften keine Antworten darauf geben können, weshalb wir leben, wo wir herkommen und wohin wir gehen. Wir können sie nur in uns finden.
Im Inneren werden wir Schattenaspekten, Spannungen, unbearbeiteten Themen genauso begegnen wie harmonischen Melodien, spontanen Intuitionen, Energiephänomenen, paranormalen Wahrnehmungen oder tiefem Frieden. Nicht immer führt jedoch der gerade Weg ins Ziel, manchmal braucht es Umwege, um Sicherheit zu gewinnen. Dabei kann es auch zu kurzfristigen Rückschritten, Unsicherheiten, äußeren Problemen oder Schwächezuständen kommen. Dann ist es wichtig, im Prozess zu bleiben und durch Ängste hindurchzugehen. Das sind Prüfungen oder Durchgangsstadien, die in extremen Verläufen gleichzeitig Todesängste und Gefühle von Glückseligkeit mit sich bringen können. Sie bereiten segensreiche Durchbrüche vor. In solchen Momenten ist es unterstützend, Übungen durchzuführen, die geistiges und körperliches Wohlsein fördern, spirituelle Literatur zu lesen, regelmäßig zu meditieren und sich führen zu lassen. Um dauerhafte Blockaden zu lösen, kann eine zwischenzeitliche Wegbegleitung hilfreich sein, denn unsere Aufgabe ist nicht geringer, als herauszufinden, weshalb wir leben, wie ein gutes Leben zu führen ist, und Verantwortung in der Welt zu übernehmen – alles im Einklang mit unseren Talenten und Potenzialen. Um zu erkennen, worauf es im Leben ankommt, welche Herausforderungen gestellt werden oder welche impliziten Hinweise in Lebensumständen verborgen sind, muss ich Erfahrungen analysieren, das Geheimnis des Zufälligen entdecken und tief in das Wesen von Sein und Werden eindringen.
Das Innere, das uns stets begleitet, will wahrgenommen, gespürt und erkannt werden. Der Schlüssel muss in die Hand genommen und die Tür nach innen aufgestoßen werden. Wird man sich seiner selbst bewusst und kommt mehr zu sich selbst, spürt man, was im Leben wichtig ist. Wenn man sich auf diesen Prozess der Selbstfindung einlässt, wird man wahrhaftiger, zentrierter und mitfühlender. Tiefer mit dem Leben verbunden, tritt man dem Schicksal versöhnlicher gegenüber, wird ganzheitlicher vom Fluss der Entwicklung getragen sein und kann aus der universellen Kraft der Liebe schöpfen, die den Kosmos durchströmt. Wer innehält, wird sein Wertempfinden verfeinern und das Wahrnehmungsvermögen erweitern.
Auch wenn hier unterschiedliche Ebenen der Innenschau beschrieben werden, sollen diese nicht im Sinne eines hierarchischen Stufenmodells verstanden werden. Jede Ebene kann auch von den anderen durchdrungen und ergänzt werden. Es ist eine eigenartige Dynamik, die diesen Prozess steuert. Jeder, der eine Antwort auf die Frage nach dem Grund seines Lebens finden möchte, bemerkt schnell, dass sogar Menschen, die möglicherweise darüber Bescheid wissen, ihre Erfahrungen nicht auf mich übertragen können; bestenfalls können sie Anregungen oder Hilfen geben. Nirgendwo, außer in mir selbst, kann dieses Rätsel gelöst werden. Das ist das Geheimnis, das uns die Mystiker verantwortungsvoll weitergereicht haben. Der Weg zum Ziel führt über ein Labyrinth. Die Wegweiser sind nicht immer gleich zu erkennen. Manchmal gibt es vielversprechende Abzweigungen, die dann aber doch in eine Sackgasse führen. Dann wieder dunkle Gässchen, die zunächst Angst machen, am Ende aber in Lichtungen münden. Abwege und Umwege lösen Schmerz und Hilflosigkeit aus. Jedoch nicht immer führt der gerade Weg ins Ziel, manchmal braucht es Abweichungen, um Sicherheit zu gewinnen. Zwischendurch sind wir alleine, und dann begegnen wir unerwarteten Wegbegleitern. Auch wenn das Innerste immer präsent ist,
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