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Vom Ende einer Geschichte

Vom Ende einer Geschichte

Titel: Vom Ende einer Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes , Pößneck GGP Media GmbH
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zweites Kind willst, soll das heißen, du weißt nicht recht, ob du ein zweites Kind mit mir haben willst? Warum glaubst du, bei einer Scheidung gehe es um Schuldzuweisung? Was willst du jetzt mit dem Rest deines Lebens anfangen? Wenn du wirklich mit mir in Urlaub fahren wolltest, wäre es dann nicht eine gute Idee gewesen, Tickets zu besorgen? Und worum geht es, Tony?
    Manche Leute fühlen sich unsicher, wenn es um frühere Beziehungen ihres Partners geht, als machten die ihnen immer noch Angst. Das war bei Margaret und mir anders. Nicht dass in meinem Fall eine ganze Kolonne von Exfreundinnen bereitgestanden hätte. Und wenn Margaret sich die Freiheit nahm, ihnen Spitznamen zu geben, dann war das ihr gutes Recht, nicht wahr?

    »Du wirst es nicht glauben, aber es geht um Veronica Ford.«
    »Die Zimtschnecke?« Ich wusste, dass sie das sagen würde, darum zuckte ich nicht mit der Wimper. »Steht die nach so vielen Jahren wieder auf der Tagesordnung? Das hattest du doch längst hinter dir, Tony.«
    »Ich weiß«, antwortete ich. Kann sein, dass ich ein bisschen übertrieben hatte, als ich Margaret endlich von Veronica erzählte, dass ich mich selbst mehr wie einen leichtgläubigen Narren hingestellt und Veronica labiler gemacht hatte, als sie wirklich war. Aber da meine eigene Darstellung zu diesem Spitznamen geführt hatte, konnte ich nicht gut etwas dagegen einwenden. Ich konnte mich nur weigern, ihn selbst zu gebrauchen.
    Ich erzählte ihr die ganze Geschichte, was ich unternommen hatte, wie ich die Sache angegangen war. Wie gesagt, etwas von Margaret hatte im Laufe der Jahre auf mich abgefärbt, vielleicht nickte sie darum an verschiedenen Stellen zustimmend oder aufmunternd.
    »Was glaubst du, warum hat die Mutter der Zimtschnecke dir fünfhundert Pfund hinterlassen?«
    »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
    »Und du glaubst, der Bruder hat dir was vorgemacht?«
    »Ja. Zumindest war das kein natürliches Verhalten.«
    »Aber du kennst ihn doch gar nicht.«
    »Ich habe ihn nur einmal gesehen, das stimmt. Wahrscheinlich traue ich einfach der ganzen Familie nicht über den Weg.«
    »Und was glaubst du, warum die Mutter am Ende das Tagebuch besessen hat?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Vielleicht hat Adrian es ihr hinterlassen, weil er der Zimtschnecke nicht traute.«

    »Das ergibt keinen Sinn.«
    Schweigen. Wir aßen. Dann tippte Margaret mit dem Messer an meinen Teller.
    »Und wenn die vermutlich immer noch unverheiratete Miss Veronica Ford jetzt in dieses Café käme und sich zu uns an den Tisch setzen würde, wie würde der seit Langem geschiedene Mr Anthony Webster dann reagieren?«
    Sie muss immer den Finger auf die Wunde legen.
    »Ich glaube, ich wäre nicht sonderlich erfreut, sie zu sehen.«
    Mein förmlicher Ton brachte Margaret zum Lächeln. »Interessiert? Krempelst du gleich den Ärmel hoch und nimmst die Uhr ab?«
    Ich wurde rot. Du hast noch nie einen glatzköpfigen Mann über sechzig rot werden sehen? Ach, das kommt vor, genau wie bei behaarten, pickeligen Fünfzehnjährigen. Und weil es seltener vorkommt, fühlt sich der Errötende wieder in die Zeit versetzt, als das ganze Leben nichts als eine lange Folge von Peinlichkeiten zu sein schien.
    »Hätte ich dir das bloß nicht erzählt.«
    Sie aß einen Happen von ihrem Rucola-Tomatensalat.
    »Bist du sicher, dass da nicht noch ein …. ungelöschtes Feuer in deiner Brust brennt, Mr Webster?«
    »Ausgesprochen sicher.«
    »Dann würde ich die Sache auf sich beruhen lassen, es sei denn, die Dame meldet sich bei dir. Lös den Scheck ein, such einen Urlaub zum Sparpreis raus, lad mich dazu ein, und vergiss das Ganze. Mit zweihundertfünfzig pro Nase kommen wir glatt bis auf die Kanalinseln.«
    »Ich mag es, wenn du mich auf den Arm nimmst«, sagte ich. »Auch nach so langer Zeit.«
    Sie beugte sich vor und tätschelte meine Hand. »Es istschön, dass wir uns immer noch gernhaben. Und es ist schön für mich zu wissen, dass du diesen Urlaub nie buchen wirst.«
    »Nur weil ich weiß, dass es dir nicht ernst damit ist.«
    Sie lächelte. Und für einen Moment wirkte sie beinahe rätselhaft. Aber Rätselhaftigkeit, dieser erste Schritt zu einer Frau mit Mysterium, will Margaret nicht gelingen. Wenn sie gewollt hätte, dass ich das Geld für einen Urlaub zu zweit ausgebe, dann hätte sie das gesagt. Ja, mir ist klar, dass sie genau das gesagt hat, aber …
    Aber egal. »Sie hat mir mein Eigentum gestohlen«, sagte ich vielleicht etwas larmoyant.
    »Wieso

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