Vom Geist der Dorsai
handelte – und sie hatten ganz offensichtlich nichts zu tun.
„Was ist los?“ fragte ich, als ich zu ihnen trat. Sie waren nicht nur untätig, sondern wirkten auch bekümmert und mißgestimmt.
„Es gibt nichts, was wir tun können, Direktor“, antwortete der dienstälteste Polizeileutnant der Gruppe; es war Lee Hall, ein Mann den ich seit sechzehn Jahren kannte. „Wir könnten selbst dann nicht mit ihnen Schritt halten, wenn sie uns gewähren ließen.“
„Schritt halten?“ wiederholte ich.
„Ja, Sir“, bestätigte Lee. „Kommen Sie, ich zeige es Ihnen. Immerhin lassen sie uns zusehen.“
Er führte mich aus dem Büro hinaus und dann empor zum dritten Stock des Lagerhauses, eine weite, leere Halle, in der nur ein paar Kisten verstreut lagen zwischen Stapeln ungenutzter Verpackungsmaterialien. Auf der einen Seite waren transportable Scheinwerfer aufgestellt worden, die einen bestimmten Bereich mit einem so grellen, blauweißen Licht erhellten, daß die Schatten der Soldaten und Kisten so massiv wirkten, als könne man sich die Zehen daran stoßen. Lee Hall geleitete mich auf die Scheinwerfer zu, bis uns plötzlich ein Gruppenführer den Weg versperrte.
„Das ist nahe genug, Leutnant“, sagte er, an Lees Adresse gerichtet. Dann sah er mich an.
„Das ist Thomas Veit, der Polizeidirektor von Blauvain.“
„Ihr Besuch ehrt uns, Sir“, wandte sich der Gruppenführer an mich. „Aber Sie und der Leutnant dürfen sich nicht weiter nähern und müssen hier stehenbleiben, wenn Sie uns bei der Arbeit zusehen wollen.“
„Womit sind Sie beschäftigt?“ fragte ich.
„Rekonstruktion“, erwiderte der Gruppenführer. „Das hier ist eine unserer Jagdgruppen.“
Ich sah an ihm vorbei. In dem weißen Glanz der Scheinwerfer waren vier Söldner zu erkennen. Auf den ersten Blick betrachtet schienen sie eine Art bizarres Ballett oder Pantomime aufzuführen. Sie standen dicht beisammen. Dann trat einer von ihnen ein paar Schritte zur Seite, gefolgt von einem anderen – in etwa so, als seien sie von nicht existierenden Stühlen aufgestanden und daraufhin an einen ebenfalls nicht existierenden Tisch herangetreten, um sich dort wieder zu den anderen umzudrehen. Unmittelbar darauf folgte ein dritter Mann dem Beispiel seiner beiden Vorgänger.
„Die Männer unserer Jagdgruppen sind in der Hauptsache Verfolger, Direktor“, ertönte die ruhige Stimme des Gruppenführers an meinem Ohr. „Aber einige dieser Teams arbeiten in einer ganz bestimmten Umgebung besser als andere. Diese Jäger hier sind besonders gut im Innern von Gebäuden.“
„Und was machen sie da?“ fragte ich.
„Sie rekonstruieren das, was die Mörder unternahmen, als sie sich hier aufhielten“, antwortete der Gruppenführer. „Drei Männer eines Teams verfolgen jeweils die Spuren von einem der Heckenschützen, und der vierte beobachtet sie und fungiert als Koordinator.“
Ich musterte ihn. Er trug die Ärmelabzeichen eines Dorsai, doch er sah genauso gewöhnlich aus wie ich oder einer von meinen Ermittlungsbeamten. Ganz offensichtlich war er auf einem anderen Planeten geboren und erst dann nach Dorsai ausgewandert – was erklärte, warum er neben diesem Abzeichen nur das Dienstrangemblem eines Gruppenführers und nicht das eines höheren Offiziers trug.
„Aber was für Spuren verfolgen sie denn?“ fragte ich.
„Kleine Dinge hauptsächlich.“ Er lächelte. „Dinge, die so winzig sind, daß Sie oder ich sie nicht einmal dann sehen könnten, wenn man uns mit der Nase darauf stieße. Doch manchmal lassen sich selbst solche Spuren nicht finden, und dann sind sie nur auf Mutmaßungen angewiesen – in diesem Fall hilft der Koordinator weiter.“ Er wurde wieder ernst. „Sieht nach Schwarzer Magie aus, nicht wahr? Selbst ich habe dann und wann diesen Eindruck, und ich bin seit vierzehn Jahren Dorsai.“
Ich starrte auf die sich hin und her bewegenden Gestalten.
„Sie sagten … drei“, bemerkte ich.
„Das stimmt“, entgegnete der Gruppenführer. „Es waren drei Heckenschützen. Wir haben ihre Spur von dem Büro des Gebäudes, aus dem sie das Feuer eröffneten, bis hierher verfolgt. Dies hier war ihr Hauptquartier – der Platz, von dem aus sie unmittelbar vor dem Anschlag das Büro aufsuchten. Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß sie hier wenigstens einige Tage lang gewartet haben.“
„Gewartet?“ wiederholte ich. „Woher wollen Sie wissen, daß sie zu dritt waren und hier gewartet haben?“
„Aufgrund einiger sich
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