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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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verloren. Und auch nichts von ihrer Durchsetzungskraft.
    »Wollen Sie denn nicht, dass wir den Tod Ihres Mannes aufklären?«, versuchte ich es noch einmal.
    »Das ist mir scheißegal. Ich will meine verfluchte Ruhe. Wenn ich weiß, wer’s war: Bringt mir das meinen Mann zurück?« Almut hatte plötzlich einen herrischen Zug um den Mund, den ich noch nicht an ihr gesehen hatte. »Lassen Sie mich in Frieden, Frau Einsiedel. Klären Sie einen anderen Fall. Gehen Sie! Verlassen Sie mein Haus. Und kommen Sie nie wieder.« Sie meinte es ernst, das wusste ich sofort.
    Ich sah sie verwundert an. Irritiert und auch überrascht von der Energie, mit der sie mir ihre Worte entgegengeschleudert hatte wie eine Waffe. Diese Frau hatte Energiereserven, die ich ihr nicht zugetraut hätte. Zumindest nicht in der Situation, in der ich ihr heute gegenübersaß. Ich nickte ihr stumm zu, stand auf, strich die Falte glatt, die ich auf ihrem Bett hinterlassen hatte, und verließ den Raum.
    Unten traf ich auf Frank und Norma Thata. Ich zuckte nur die Schultern.
    »War nicht zu überhören das zarte Organ der Frau Lohmann«, gab Frank zu und grinste emotionslos.
    »Ich befinde mich in der Zwickmühle. Da soll ich Almuts freien Willen respektieren und gleichzeitig meiner Arbeit nachgehen und Ergebnisse liefern«, stellte ich verwirrt fest. »Auch um eventuell Menschen zu schützen, die als Nächstes als Opfer missbraucht werden könnten.« Eine dichte, pochende Hitze hatte sich im Raum breitgemacht. Ich ging zur Schiebetür, die in den Garten führte, und öffnete sie. Hitzegetränkte Luft strömte herein. Ich atmete sie ein und setzte mich Frank und Norma gegenüber in einen der Designersessel.
    »Offenbar hab ich das Gespräch falsch angelegt. Keine Ahnung, was schiefgelaufen ist«, gab ich zu. Norma Thata hatte mir ein verstelltes Lächeln gegönnt, war aufgestanden und leise hinausgegangen. Wahrscheinlich war sie auf dem Weg zu ihrer Patientin. Dafür wurde sie bezahlt.
    Mir fielen Mark und seine seltsamen Eröffnungen ein. Und natürlich das Gefühl, das sich nach den Kontakten mit ihm bei mir eingebrannt hatte. Fieberhaft überlegte ich, ob ein weiteres Gespräch mit ihm helfen würde.

Elf

    Zu Hause erlitt ich den nächsten Schock. Mein Vater hatte sich im Wohnzimmer breitgemacht, wie es sonst nur kleine Kinder tun, die neues Spielzeug geschenkt bekommen hatten und es nun auf Teufel komm raus ausprobieren wollten. »Ich arbeite nur ausnahmsweise hier, Lea«, versprach er in einem Ton, dem man die charmante Lüge anhörte. »Ich muss die Wasserflecken an dieser Holzplastik entfernen und natürlich die Kratzer. Dafür war in deinem Büro eindeutig zu wenig Platz. Ach ja, und den angeschlagenen Rahmen dieses kleinen Bildes hier, mit dem muss ich mich natürlich auch noch befassen, und zwar mit dem hier.« Er deutete auf eine Flasche und mehrere Gefäße, in denen er irgendein Gebräu angerührt hatte. »Das gebe ich auf die beschädigten Stellen und im Nu ist der Farbton wieder in Ordnung. Eine einfache Prozedur, aber sehr wirksam.«
    »Eine einfache Prozedur, die vermutlich eine Menge einbringt. Ich weiß«, seufzte ich und ließ mich in meinen Lieblingssessel vorm Fenster fallen. Ich blickte hinaus, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Positivere. Wenn es so weiterging, hatte ich bald nur noch mein Schlafzimmer zur Verfügung. Und natürlich das Bad, zumindest zwischen halb sechs und viertel nach. Danach stürmte mein Vater den kleinen Raum. Aber das war im Augenblick nebensächlich. Mich interessierte mein Scheitern bei der Befragung von Almut. Ich sah mich ständig mit Menschen konfrontiert, die Traumata erlitten hatten. Ausnahmslos alle hatte ich befragt, weitere Behandlungen mitbestimmt oder angeregt. Natürlich glich kein Fall dem anderen, aber meistens war es mir gelungen, einen Zugang zu der Person zu finden, mit der ich sprechen sollte, um so den Fall zu lösen. Diesmal war ich gleich zu Beginn gescheitert. Ich sollte nicht mehr wiederkommen. Das war etwas Neues. Und es irritierte mich.
    »Wieso bist du schon zurück? Ich hab noch nicht mit dir gerechnet«, redete mein Vater in meine Gedanken hinein, während er geschickt, das musste man ihm lassen, an der Plastik herumwerkelte. »Es ging schneller als gedacht«, sagte ich nur.
    »Mit gutem oder schlechtem Ergebnis?«, wollte er wissen.
    »Mit miserablem Ergebnis, sofern man in der frühen Phase überhaupt von einem solchen sprechen kann.«
    »Dacht ich’s mir doch. Du

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