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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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unserer Firma hat es nie irgendwelche Unregelmäßigkeiten gegeben. Noch nicht mal eine wirklich nervige Steuerprüfung. Selbst die sind glimpflich abgelaufen«, erzählte Irene Rudik, als sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle hatte und sich endlich nach Frank umsah.
    »Tatsächlich!«, entgegnete der und kam näher. Er spürte, wie er langsam wütend wurde. Sogenannte Vorbilder, wie Lohmann anscheinend eins gewesen war, gingen ihm auf den Sack. Da kam er sich selbst wie ein Pisser vor, der nichts auf die Reihe brachte. »Nur damals, vor ungefähr zwei Jahren, als Bogdan als vermisst gemeldet wurde, da hab ich den Chef erstmals aus dem Ruder laufen sehen. Wir haben Bogdan alle beim Vornamen genannt. Er war sehr beliebt, müssen Sie wissen. Beliebt und gutaussehend.« Irene lächelte auf eine ganz bestimmte Weise, die klarmachte, dass auch sie diesen Bogdan am liebsten zwischen sich gehabt hätte. Und damit war nicht der Spalt zwischen ihrem Schreibtisch und dem Bürostuhl gemeint, ahnte Frank.
    »Gefährliche Mischung, was? Welchen Job hatte dieser Bogdan denn in der Firma und hatte der auch einen Nachnamen?«
    »Sie meinen, als was er eingestellt wurde?«
    »Klar, was sonst?«
    Irene stellte die Gießkanne zurück auf den Aktenschrank, wo sie über ihm zu thronen schien, und setzte sich wieder in ihren ergonomischen Bürostuhl mit schwarzer Lederbespannung. Sicher einer dieser sündhaft teuren Designerstücke, mutmaßte Frank Kastein und überschlug in aller Schnelle, was das Teil gekostet haben mochte. »Bogdan Ivanovic, Serbe, wie Sie sicher schon vermutet haben, hat in der Buchhaltung gearbeitet. Nichts Entscheidendes. Er war für die Vorarbeiten zuständig. Ohne entsprechende Ausbildung läuft hier nun mal nichts Aufregendes. Er hatte nur mäßige Erfahrung auf dem Gebiet. War, glaub ich, mal Steuerprüfer gewesen, allerdings nicht bei uns. In Belgrad. Aber das lag lange zurück. Die letzten Jahre hatte er offenbar, lachen Sie nicht, als Clown gearbeitet und als Pantomime. Sie glauben ja nicht, wie gut der Bogdan Leute unterhalten konnte. Wenn wir hier was zu feiern hatten, haben alle nach Boogie gerufen. So haben wir ihn auch genannt.«
    »Das klingt ja ganz nett, aber nicht gerade so, als wäre er hier richtig aufgehoben gewesen. Oder schätzte Herr Lohmann Angestellte mit schauspielerischen Zusatzausbildungen?« Frank verschränkte seine Hände ineinander und ließ seine Knöchel knacken. Irene verzog irritiert das Gesicht. »Tschuldigung. Ist so ’ne Angewohnheit von mir.« Irene lächelte sauer wie Buttermilch, sagte aber nichts darauf. »Und wo ist dieser bildhübsche, aber nicht top ausgebildete Bogdan Ivanovic hin?«, fragte Frank weiter.
    Jetzt strahlte Irene. »Das war über Monate hinweg das Spiel in der Firma. Wer als Erster herausfindet, wo er hin ist, gewinnt den Jackpot.« Frank verstand nicht. Irene deutete erklärend auf ein riesiges Sparschwein auf dem Nachbarschreibtisch. Dem ihrer Kollegin, die gerade krank gemeldet war. »Da sind über viertausend Euro drin. Wir haben uns echt ins Zeug gelegt. Das war es uns wert.« Frank pfiff laut auf. »Meine Güte, das nenn ich Anteilnahme.«
    »Wenn alle diesen Typen so rattenscharf fanden, ist er Almut Lohmann da nicht auch aufgefallen?«
    Einen Moment lang schwieg Irene. Dann schüttelte sie den Kopf, wobei sie ihn einen ebenso langen Moment wie zuvor während des Schweigens im Nacken liegen ließ, geradeso als schwimme sie im Büro eine Runde auf dem Rücken. »Das hätte ihr Mann nie zugelassen. Der war eifersüchtig wie sonst was und Frau Lohmann wusste das auch. Sie wäre doch nie so verrückt gewesen, einen Traummann wie den Chef gegen so ein gesellschaftliches Würstchen wie den Bogdan einzutauschen. Gutaussehend hin oder her.« Irene holte ihren Kopf wieder nach vorne, zog sich ihren Bleistiftrock zurecht, seufzte und wechselte die Tonlage. »Der wäre was fürs Bett gewesen. Nicht mehr und nicht weniger.« Sie geht langsam auf meinen Tonfall ein, stellte Frank zufrieden fest, stand auf und klopfte Irene jovial auf die Schulter. Sie sah ihn von unten herauf an. »Verstehe. Aber weshalb hat es Ihren Chef dann derart aus der Ruhe gebracht, als Bogdan eines Tages nicht mehr auf der Matte stand? Einen nicht zu ersetzenden Verlust stellte er für die Firma, Ihren Schilderungen zufolge, ja nicht dar.«
    »Schlechte Nachrichten über die Firma?« Irene lachte bitter auf. »Da kannte der Chef kein Pardon. Er war ein Kontrollfreak. Er mochte es

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