Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
Vom Netzwerk:
Lächelns im Gesicht, das – ja, klar – auf mich abzielte. Wieso nicht?, überlegte ich mir im Stillen und lächelte vorsichtig zurück. Was sprach gegen einen kleinen Flirt? Nur, um mich abzulenken. Wäre eine tolle Idee, meinen Vater und meine Einbildung, was Mark anbelangte, mal für ein paar Minuten zu vergessen. Und natürlich das Desaster rund um Almut, das ich kaum noch aus dem Kopf bekam. Wie gut, dass ich Frank bisher verschwiegen hatte, dass ich Almut von früher kannte. Im Zweifelsfall hätte er mich abgezogen. Ganz klar. Doch egal. Ich fühlte mich nicht befangen und ich steckte ohnehin längst mitten drin. Es gab keinen Grund jetzt nicht weiterzumachen. Ich war bereit, alles zu geben, um den Fall Lohmann aufzuklären. Nur wusste ich nicht, ob ich tatsächlich an allen Details, die Wahrheit betreffend, interessiert war. Diesmal war es anders. Vielleicht war ich doch befangen. Ich hatte Almut nie gemocht, eher bewundert, aber wer schätzte es schon, wenn die Ikone von früher demontiert wird. Insgeheim wünschte ich mir, Almut wäre unschuldig. Doch im Grunde war ich mir sicher, dass sie Dreck am Stecken hatte. Bis das bewiesen war, galt natürlich die Unschuldsvermutung. Ich durfte niemanden vorverurteilen. Almut am allerwenigsten.
    Ich neigte dazu, ständig herumzugrübeln, aber diesmal war es besonders schlimm. Ich hatte kaum noch ruhige Momente. Ich brauchte Abstand. Wäre vielleicht vernünftig, noch mal zu dem Typ mit den Geheimratsecken hinzusehen. Wenn er zurücklächelte, würde ich ihm mit einem weiteren Blick zu verstehen geben, dass ich Interesse an einem Gespräch hatte. Und mit ein bisschen Glück würden wir zwei, drei nette Stunden verbringen. Vielleicht ergab sich ein interessantes Gespräch, das mich ablenkte. Wäre außerdem fantastisch, zu sehen, dass ich es noch drauf hatte, dass man mich attraktiv fand.
    Ich lächelte zu dem Fremden hinüber und er lächelte ein weiteres Mal zurück. Na also, ging doch. Der Kellner stellte ein frisches Bier vor ihn hin. Ein kurzer Wortwechsel. Dann kam er zu mir und stellte mir ein Glas Wein vor die Nase. »Soll ich Ihnen von dem Herrn dort drüben bringen. Er heißt übrigens Jürgen.«
    »Oh, wie aufmerksam. Richten Sie Jürgen aus, ich trinke gern ein Glas auf ihn«, gab ich freundlich zurück. Ich kam nicht dazu, etwas auf irgendjemanden zu trinken, denn ich spürte eine kräftige Hand auf meiner Schulter und drehte mich um. Ich erkannte ihn sofort und kam mir komischerweise ertappt vor. Das nächste, was ich dachte, war: Irgendetwas läuft hier gerade aus dem Ruder, Lea.
    »Was dagegen, wenn wir uns an einen Tisch setzen? Ist intimer.« Es war eine Frage, doch die Antwort, das wusste ich, stand bereits fest, bevor ich die Lippen voneinander gelöst hatte. Er deutete mit der Hand auf eine Nische. Wir gingen hin und setzten uns einander gegenüber. »Ist vielleicht besser, wenn wir mal Klartext reden«, fing er ohne weitere Fragen an. Er schien die anderen rund um uns gar nicht zu bemerken, weil er so auf mich fixiert war. »Aber das tun wir doch die ganze Zeit«, erwiderte ich. »Du redest Klartext, seit du das erste Mal das Wort an mich gerichtet hast. Nur, inzwischen wäre ich dafür, dass du dich verabschiedest, Mark.« Ich seufzte laut. Der Satz hatte mir einiges abverlangt und im Grunde klang er jämmerlich. Aber er musste mal gesagt werden. »Denn wenn du es nicht tust«, sprach ich weiter, »muss ich mir irgendwann Sorgen um mich machen. Kommt nicht so gut, wenn man knapp vor Fünfzig noch an Geister glaubt und sogar behauptet, man könne sie sehen.« Dass es mir aufgrund meiner Verliebtheit immer schwerer fiel, mit Mark konfrontiert zu werden, verschwieg ich. Das musste ich mit mir ausmachen.
    »Dann sag’s halt keinem. Kann ruhig unter uns bleiben.« Mark hatte gut reden. Vermutlich ahnte er noch nicht mal was von meinen widerstreitenden Gefühlen. Und das war auch gut so.
    Ich lachte abrupt auf. So laut, dass Jürgen sich zu uns umblickte. Das dezente Lächeln hatte er inzwischen aufgegeben. Für ihn stellte sich die Situation so dar, dass er einer Schnepfe einen Wein gezahlt hatte, die dann mit einem Anderen an einen Tisch gegangen war. Eine Einladung ohne Folgen. Eindeutig ein no-go.
    Ich hatte eine Weile ernsthaft darüber nachgedacht, ob ich mir Mark aufgrund meiner Überlastung zusammenphantasierte, doch spätestens, seit ich in Almut Haus zum ersten Mal seinen Körper wahrgenommen, ihn erspürt und angegriffen hatte, war mir

Weitere Kostenlose Bücher