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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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könnt, körperlich weit überlegen. Dagegen war Jimmi beweglicher, vor allem aber hatte er mehr Witz. Ich kroch, sobald Jimmi den Schlächter abgefangen hatte, noch einige Meter auf allen vieren davon und rannte dann hinter einen Verschlag, von wo aus ich den Kampf beobachtete. Anfangs sah es so aus, als ob der Küchenjunge keine Chance hätte. Der Schlächter rammte ihm ein ums andre Mal das Messer zwischen die Rippen, daß die Funken stoben. Doch bald hatte Jimmi die Sache spitz, und jetzt ließ er sich jedesmal, wenn der andere zustieß, zu Boden fallen, so daß der Schlächter über ihn stolperte und lang hinschlug. Und jedesmal schraubte Jimmi ihm, bevor er sich wieder erhoben hatte, eine Mutter locker. Da Jimmi als Smutje lange genug die Küchenmaschine gewartet hatte, wußte er geschickt mit Schrauben umzugehen. Einmal, als er noch nicht gelernt hatte, zwischen sich und anderen Maschinen zu unterscheiden, hatte er sogar sich selber auseinandergenommen. Die dabei gesammelten Erfahrungen kamen ihm jetzt zustatten. Der Schlächter fiel noch einige Male lang hin, und dann fiel er auseinander. Ihr könnt euch denken, daß ich, wenn auch auf schwachen Beinen, auf meinen Lebensretter zueilte und ihn in die Arme schloß. Gleich darauf brachte ich ihn zur Reparatur. Viel war ihm ja nicht passiert, eigentlich mußten nur zwei oder drei Rippen ausgetauscht werden, was aber das Gefühl der Dankbarkeit, das ich Jimmi gegenüber hatte, nicht minderte. Er hatte, gleich einem treuen Freund, sein Leben für mich eingesetzt, und ich ließ ihn fortan nicht mehr von meiner Seite.
    Natürlich blieb der Vorgang nicht ohne Folgen. Der von Jimmi auseinandergenommene Schlachteroboter wurde, sobald ich meinen Bericht abgeliefert hatte, in den Prüfstand gebracht. Und da man nicht hinter die Fehlerquelle kommen konnte, wurden alle Schlachteroboter aus dem Verkehr gezogen. Da sämtliche aus der gleichen Serie stammten, mußte man darauf gefaßt sein, daß auch die anderen eines Tages keinen Unterschied mehr zwischen Mensch und Ochse machten. Diese Maßnahme aber legte den Schlachthof so gut wie still, und da die Ersatzlösungen nicht ausreichten, um unsere Ernährung auf die Dauer sicherzustellen, mußten wir umkehren und schleunigst zur Erde zurückfliegen. Dort angekommen, stürzten sich die Reporter wie die Heuschrecken auf uns, denn die Kunde von Jimmis Heldentat war uns vorausgeeilt. Jimmi kam in alle Zeitungen, von einigen Dutzend Fernsehinterviews, die wir über uns ergehen lassen mußten, ganz zu schweigen. Selbstredend nahm ich Jimmi, als ich auf einem anderen Kahn anheuerte, wieder mit auf Fahrt. Vielleicht war das ein Fehler von mir, denn Jimmis Modell war inzwischen aus der Mode gekommen und wurde nicht mehr produziert, Ersatzteile auch nicht. Ich brachte es jedoch nicht über mich, meinen Lebensretter in die Schrottmühle zu bringen, und half mir recht und schlecht über die Ersatzteilmisere hinweg. Da sich noch ein zweiter Roboter von Jimmis Modell an Bord befand, kam ich auf die Idee, mir eine komplette Reserve zuzulegen. Ich lockte den Roboter in meine Kajüte, setzte ihn außer Betrieb und nahm ihn auseinander. Die Einzelteile wickelte ich in Ölpapier und verstaute sie in meinem Spind. Natürlich wurde der Bursche vermißt. Man gab die Nachforschungen jedoch bald auf, viel hatte man ja nicht an ihm verloren. Jimmi aber war fürs erste geholfen. Die Schwierigkeit war nur, daß er, sosehr ich ihn auch schonte, einen zunehmenden Verschleiß hatte. Das Modell war, wie sich jetzt zeigte, eben doch nicht viel wert. Ich hätte gut und gerne zwei Ersatzroboter gebraucht, um meinen Lebensretter bis ans Ende der Fahrt durchzubringen. Selbstverständlich hätte ich, als meine Reserve aufgebraucht war, einen der Automatenschlosser um Hilfe bitten können, genug davon hatten wir ja an Bord. Aber ich scheute davor zurück. Die Einzelanfertigung von Ersatzteilen, noch dazu für ein überaltertes Modell, ist ziemlich aufwendig. Die Leute hätten Fragen gestellt und mich gewiß ausgelacht, hätte ich ihnen die Gefühle, die mich mit Jimmi verbanden, offenbart. Dabei hing sicherlich jeder von ihnen auch an irgend etwas, und wenn es nur eine alte Hose war, weil sie ihn an etwas Angenehmes, vielleicht an sein erstes Stelldichein, erinnerte, oder einfach nur, weil er sich an sie gewöhnt hatte. Nur für Roboter hatten sie keine Gefühle, da waren sie Fachmann, und als Fachmann hat man keine Gefühle. Einem Metzger wächst ja auch kein

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