Vom Himmel hoch
trocken war, konnte die Wolke ohne Verzug bevölkert werden. Und sobald Familie Kumpelfing ihre Siebensachen aus dem Flaschenkürbis befördert und auf der Wolke verstaut hatte, trat Vater Kumpelfing in die Mitte, und alle übrigen versammelten sich um ihn, um mit der gebührenden Feierlichkeit, darüber zu beraten, welches Wetter heute sein sollte. Fritzchen brachte den Karton mit den Dosen, Tuben und Tüten, die alle nötigen Zutaten enthielten, um das vom Familienrat beschlossene Wetter anzurichten. Plötzlich zuckte Fritz zusammen. Der Deckel des Kartons hatte sich bewegt. Vater Kumpelfing hatte Fritzchens Erschrecken bemerkt und unterbrach die Wetterdebatte.
›Was nicht in Ordnung?‹ fragte er.
›Der Deckel‹, sagte Fritzchen, ›er hat sich bewegt.‹
›Hast wohl einen heftigen Wind eingepackt‹, meinte Kumpelfing, ›und der ist aus der Tüte gefahren.‹
›Ich habe das neue Sortiment genommen‹, erklärte Fritz, ›da ist gar kein Wind drin.‹
›Gib mal her‹, sagte Kumpelfing, öffnete den Deckel, starrte sprachlos in den Karton und zog ein hübsches weißes Kaninchen heraus. Das Kaninchen strampelte, und als Kumpelfing es erschrocken fallen ließ, rannte es wie von Hunden gehetzt im Kreise herum. Da Vater Kumpelfing die Hände wieder frei hatte, packte er Heinzelmann mit der einen am Kragen und versetzte ihm mit der anderen eine Ohrfeige.
›Wie kommt das Kaninchen in den Karton?‹ fragte er dann.
›Du hast mir doch verboten, es mitzunehmen‹, schnüffelte Heinzelmann mit Tränen in den Augen, ›da habe ich es in dem Karton versteckt.‹
›Und wo ist das Wetter?‹ rief Fritz. ›Da ist nur der Rest vom letzten Mal. Das ganze neue Sortiment fehlt!‹
›Hat das Kaninchen gefressen!‹ rief Karl und klatschte begeistert in die Hände.
Kumpelfing verabfolgte auch Karlchen eine Ohrfeige. Dann blickte er auf das noch immer im Kreise herumrennende Kaninchen.
›Wenn es wirklich unser Wetter gefressen hat, werden wir es schlachten müssen‹, sagte er. ›Wie stehen wir sonst da?‹
Heinzelmann focht einen schweren inneren Kampf aus, und als er ihn ausgefochten hatte, sagte er: ›Das Kaninchen hat das Wetter nicht im Bauch. Ich habe das neue Sortiment aus dem Karton genommen, das Kaninchen hätte sonst nicht hineingepaßt.‹
Kumpelfing kratzte sich hinterm Ohr. Er war sich nicht sicher, ob sein Sohn die Wahrheit sagte oder ob er nur das Kaninchen retten wollte. Für alle Fälle verabfolgte er Heinzelmann eine weitere Ohrfeige.
›Es hätte wirklich nicht hineingepaßt‹, sagte Heinzelmann standhaft.
›Das werden wir ja sehen‹, sagte Kumpelfing, ›los, alle Mann das Kaninchen einfangen!‹
Was sich nun abspielte, spottet jeder Beschreibung. Als hätten alle nur auf dieses Zeichen gewartet, begann unter Kreischen und Jauchzen ein fröhliches Jagen. Die Wolke begann wie närrisch zu schaukeln und drohte mehr als einmal umzukippen. Wer dieses Treiben mit einigem Abstand beobachtet hätte, wäre sicherlich zu dem Schluß gekommen, daß es zwischen Himmel und Erde schon manches gegeben hat, aber so etwas noch nicht. Den meisten Spaß aber schien das Kaninchen zu haben, und seine lustigen Sprünge waren von einer Unberechenbarkeit, die jeden Zugriff erfolglos machte. Endlich besannen sich die Kumpelfings auf eine List. Sie bildeten einen Halbkreis und trieben das Tier an den Rand der Wolke, von wo es, als es keinen anderen Ausweg sah, in den Weltraum zu springen versuchte. Das Schwerefeld zog es jedoch, wie an einem Gummiband, immer wieder zurück. Von den vergeblichen Versuchen ermüdet, ließ sich das Kaninchen schließlich greifen, und Vater Kumpelfing sagte ein weiteres Mal: ›Jetzt werden wir es ja sehen.‹
Doch als man ihm das Tier übergab, fiel ihm ein, daß er in seinem Leben noch kein Kaninchen geschlachtet hatte. Und als er die übrigen ansah, schlug einer nach dem anderen die Augen nieder.
›Na schön, da werden wir mal sehen‹, wiederholte Kumpelfing ein weiteres Mal, steckte das Kaninchen in den Karton und sagte: ›Es hätte wirklich nicht hineingepaßt, wenn das neue Sortiment drin gewesen wäre. Damit ist die Sache entschieden.‹
Heinzelmann machte einen Freudensprung, nahm das Kaninchen auf den Arm und verdrückte sich an den Rand der Wolke.
›Wir dachten schon‹, sagte Elli, ›du wolltest es schlachten.‹
›Kein Gedanke‹, sagte Kumpelfing, ›ich wollte nur sehen, ob es hineingepaßt hätte.‹
›Und was machen wir jetzt ohne Wetter?‹ wollte
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