Vom Himmel hoch
sehr nach
Selbstmord an.«
Christoph wollte etwas erwidern, als es zaghaft an der
Tür klopfte.
Kurz darauf betrat Pastor Hansen den Raum.
Christoph wechselte einen schnellen Blick mit seinem
jungen Kollegen. Siehst du? Ich hatte Recht. Ich habe prophezeit, dass der Mann
kommen wird, sollte das heißen.
Nun war er da, begleitet von seinem Rechtsbeistand,
der kleinen, rundlichen Rubina Hansen aus Bredstedt.
»Sie möchten Ihre Fingerabdrücke abnehmen lassen?«,
stellte Christoph fest.
Hansen nickte. »Das auch! Gleichzeitig möchte ich aber
ein Geständnis ablegen.«
Die beiden anderen Kripobeamten im Raum warteten
gespannt auf die sich anbahnenden Ereignisse. Große Jäger sah mit seinem
offenen Mund fast ein bisschen dümmlich aus.
Christoph bot den Hansens Platz an.
Pastor Hansen nahm wie ein armer Sünder auf dem
Besucherstuhl vor dem Schreibtisch Platz. Er hockte sich auf die vordere Kante
und verschränkte die Hände, wie zum Gebet gefaltet, zwischen seinen Knien.
»Man sollte meinen, Angehörige des geistlichen Standes
würden keine Morde begehen«, mischte sich Große Jäger ungefragt ein. »Aber die
Vergangenheit hat ja gezeigt, dass so etwas immer wieder vorkommt. Ganz
abgesehen von den Massenmorden, die manche Päpste früher verordnet haben.«
Christoph schenkte dem Oberkommissar für diese
überflüssige Bemerkung einen strafenden Blick.
Hansen war unter den Worten zusammengezuckt. Mit
hängenden Schultern sah er von einem Beamten zum anderen.
Rubina Hansen legte ihrem Mann die Hand auf den
Unterarm und erntete für diese Geste einen dankbaren Blick.
»Du musst nicht erschrecken, wenn irgendwo ein Schuss
in die Luft geht, nur weil ein Blödmann vergessen hat, die Sicherung
anzulegen«, beruhigte sie ihn.
Der Oberkommissar öffnete seinen Mund wie ein Fisch
auf dem Trockenen und sog hörbar die Luft ein. Doch er verzichtete auf eine
Erwiderung.
»Nun berichten Sie einmal der Reihe nach«, forderte
Christoph den nervösen Mann auf.
Pastor Hansen sah von einem zum anderen. Die Gegenwart
seiner Frau schien ihm etwas von seiner Unruhe genommen zu haben.
»Ich habe mich dumm verhalten«, begann er. »Aber
vielleicht sollte ich früher beginnen. Ich bin seit über vier Jahren im
Ruhestand, was aber nicht bedeutet, dass ich ein exklusives Pensionärsdasein
führe. Ich habe die Verantwortung des Geistlichen nie als Job verstanden, der
mit Erreichen des Pensionsalters an den Nagel gehängt wird. So war es für mich
selbstverständlich, mir die Geschichte anzuhören, die Kurt Schönborn loswerden
musste.«
Pastor Hansen machte eine kurze Pause und bat um ein
Glas Wasser. Er lehnte dankend den angebotenen Tee ab. Schlichtes
Leitungswasser würde ihm besser bekommen.
Dann berichtete er von Schönborns erstem Besuch.
Hansen hatte ihm in der Sache nicht weiterhelfen können.
Schönborn sah keinen Ausweg mehr aus der Situation, in
die ihn das Finanzamt hineingedrängt hatte. Insbesondere die sich abzeichnende
Notlage seiner Familie und das gesamte einstürzende soziale Gefüge hatten ihm
jeglichen Lebensmut genommen.
Verzweifelt hatte der Pastor versucht, dem Mann Mut
zuzusprechen, aber in der Krise verschloss sich Schönborn jeglichen Argumenten.
Während des Gewitters, am Abend, als Harald Banzer
starb, hatte Schönborn mehrere Stunden beim Pastor und seiner Frau zugebracht.
Er war erst nach dem Unwetter in seine Wohnung zurückgekehrt.
An dieser Stelle unterbrach Christoph Hansens
Ausführungen.
»Das würde bedeuten, dass Schönborn nie als
potenzieller Täter für die erste Tat in Frage gekommen ist. Warum hat er uns
das nicht erzählt, sondern die vage Ausrede benutzt, er wäre mit Kopfschmerzen
allein daheim gewesen, was niemand bezeugen konnte?«
Der Pastor wiegte den Kopf. »Das frage ich mich auch.
Ich vermute, dass er zu seinem Nachteil gelogen hatte, weil er sich in seiner
naiven Art einfach nicht vorstellen konnte, dass man ihn verdächtigen würde. Er
traute niemandem etwas Schlechtes zu, wobei er durch seine negativen
Erfahrungen mit einer Behörde, aber auch den Druck, dem er durch Banzer
ausgesetzt war, eigentlich hätte eines Besseren belehrt sein müssen. Zum
anderen hat er sich wohl geschämt und war bemüht, seine katastrophale
wirtschaftliche Lage zu verheimlichen. Wäre sie publik geworden, hätte sie
Banzer womöglich für seine hinterhältigen Zwecke genutzt. Vielleicht hätte man
auch an seiner Zuverlässigkeit gezweifelt, und sein letzter Strohhalm, der
Auftrag beim
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