Vom Himmel hoch
›Friesischen Metallbau‹, wäre verloren gegangen.«
Christoph konnte ihm in diesen Punkten nur zustimmen.
Hansen atmete tief durch und berichtete dann von dem
Abend, an dem er mit seiner Frau auf der Terrasse gesessen hatte und ihn der
Anruf Schönborns erreichte.
Der war offensichtlich nervlich völlig fertig und
drohte damit, allem ein Ende zu bereiten. Er sah keinen Ausweg mehr, fühlte
sich verantwortlich für das, was nun über seine Familie hereinbrechen würde.
Hansen hatte versucht, den Mann zu beruhigen, ihn von
nicht rückgängig zu machenden Handlungen abzuhalten. Doch Schönborn war in
diesem Augenblick nicht zugänglich gewesen.
Er hatte tagsüber das letzte Kleingeld aus seinem
Portemonnaie verbraucht und war am Ende der Sackgasse angekommen.
Hansen wollte den Mann hinhalten. Doch Schönborn hatte
gar nicht richtig zugehört. Dem Pastor kam es vor, als suchte er einen letzten
Zuspruch, vielleicht auch nur ein einziges Wort, in dem er einen Trost hätte
finden können.
Hansen wollte ihn vom Selbstmord abhalten und hatte
beschlossen, Schönborn persönlich aufzusuchen, da er glaubte, ein Gespräch von
Angesicht zu Angesicht wäre eher dazu geeignet als beruhigende Worte am
Telefon.
»Warum haben Sie nicht die Polizei oder den Notarzt
verständigt?«, wollte Christoph wissen.
Der Pastor sah ihn aus fahlem Gesicht an. »Sie haben
keine Vorstellung, wie oft ich mich das auch schon gefragt habe«, gestand er.
»Man sollte meinen, dass man in meinem Beruf Ruhe und Besonnenheit gelernt hat.
Aber ich befürchtete, Schönborn könnte sich beim Anblick der Polizei noch mehr
in die Ecke gedrängt fühlen, und glaubte, seelsorgerischer Beistand sei besser.
Aber das war ein Irrtum. Es war keine überlegte, schon gar keine professionelle
Reaktion, die ich gezeigt habe. Ich kann mir Vorwürfe nicht ersparen.
Vielleicht würde Schönborn heute noch leben.«
Hansen atmete tief durch und fuhr sich mit beiden
Händen durch das Gesicht, als müsse er dunkle Erinnerungen abstreifen.
»Jedenfalls hatte ich beschlossen, auf dem schnellsten
Weg zu Schönborn zu fahren. Doch auch das war mit Hindernissen verbunden.
Zuerst musste ich nach meinem Autoschlüssel suchen, dann sprang der Wagen nicht
sofort an.«
Der Pastor fuhr sich erneut mit der Hand durchs
Gesicht. »Ich habe nicht auf die Uhr gesehen, wie lange ich benötigt habe, aber
mir schien es eine Ewigkeit. Dann war ich schließlich vor dem Haus Schönborns.«
»Hat Sie jemand gesehen?«, fragte Christoph.
Hansen schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht sagen.
Mir ist nichts aufgefallen. Ich habe aber direkt vor der Tür geparkt. Es war ja
nichts Geheimnisvolles an meinem Besuch.«
»Und wie sind Sie in die Wohnung gekommen?«
Hansen machte jetzt einen zerknirschten Eindruck. »Ich
habe geklingelt, ans Fenster geklopft. Aber erfolglos. Nichts hat sich gerührt.
Erst später ist mir bewusst geworden, dass ich damit erneut kostbare Zeit
verschenkt habe.«
Er senkte den Kopf, sah betreten auf seine
Schuhspitzen.
»Ich … ich habe die unverschlossene Tür mit meiner
Kreditkarte geöffnet«, stammelte er dann.
Große Jäger pfiff anerkennend durch die Zähne, was den
Pastor offensichtlich irritierte.
Er sah den Oberkommissar an. Ȇberrascht es Sie, dass
auch ein Pastor das kann?«
»Das überrascht mich in der Tat ein wenig«, antwortete
Große Jäger.
Christoph nahm den Faden wieder auf. »Gut. Sie sind
also ins Haus. Was geschah weiter?«
»Ich habe Schönborn gerufen. Ohne Resonanz. Dann habe
ich die Wohnung durchsucht. Das heißt, ich habe in jedes Zimmer nur einen
flüchtigen Blick geworfen. Ja, und dann …« Er ließ den Satz unvollendet.
Christoph übernahm die Antwort. »Sie fanden ihn im
Badezimmer.«
Hansen starrte auf seine Schuhspitzen. Eine ganze
Weile herrschte tiefe Stille im Zimmer. Schließlich nickte er.
»Ja. Er lag in der Badewanne. Das Wasser, das er
eingelassen hatte, war blutrot. Er war regelrecht ausgelaufen.«
Ein Zittern erfasste den Pastor bei der Erinnerung an
das Bild.
»Jede Hilfe kam zu spät. Er war schon tot.«
»Woher wollen Sie das so genau wissen?«, hakte Große
Jäger nach.
Doch Hansen ließ sich nicht beirren.
»Ich habe oft am Bett eines Sterbenden gesessen, um
das beurteilen zu können, auch wenn ich kein Mediziner bin.«
Dann suchte er in seiner Tasche umständlich nach einem
Tuch und schnäuzte sich die Nase. Es war mehr eine Geste der Ratlosigkeit.
»Ich war am Boden zerstört. Alle
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