Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
neue Festklamotten ihrem Träger anfangs vermittelten.
    Auch der Schuhkauf war eine anspruchsvolle Angelegenheit. Es reichte nicht, dass man das gewählte Paar anzog und mit dem Schuhlöffel zurechtrückte. Zunächst musste man den Schuh gründlich untersuchen und die Weichheit des Leders, die Qualität der Nähte, die Form, die allgemeine Elastizität prüfen. Beim Anprobieren musste man beide Schuhe anhaben, musste eine ganze Weile damit herumlaufen und dabei die Zehen spreizen und krümmen, um auszuprobieren, wie sich der Schuh dem Fuß anpasste. Die Strümpfe mussten genau die Stärke haben, die man auch später in diesem Schuh tragen würde. Für jedes Paar Schuhe musste man sich unbedingt einen gesonderten Satz Strümpfe anschaffen. Schuhe sollte man niemals müde und auch nicht zu spät am Nachmittag kaufen, sondern die beste Zeit war vormittags gegen elf Uhr, auf jeden Fall vor dem Lunch. Dann waren die Füße am normalsten, noch nicht müde oder geschwollen von den Laufereien des Tages.
    Ragnar erzählte, dass seinerzeit nicht nur die Schneider in England – und möglicherweise auch die auf dem Kontinent – neue Kleidungsstücke von Versuchspersonen tragen ließen, auch die Schuhmacher verfuhren nach dieser Methode, sie übergaben die maßgefertigten Schuhe Männern, die sie einliefen, damit sie geschmeidig wurden und sich den empfindlichen Füßen des Auftraggebers besser anpassten. Diese Erstbenutzer zu finden war für die Schuhmacher Ehrensache, und es genügte beileibe nicht, dass die Schuhgröße mit der des Auftraggebers übereinstimmte, auch der Spann, der Ballen und die Ferse mussten so geformt sein wie beim späteren Benutzer. Oft liefen arme Schlucker, die sonst in Lumpen gekleidet waren, in dem neuen Schuhwerk herum, und man erkannte sie schon von Weitem an ihrem Gang, der dem eines stolzen Lords glich.

20
    Ragnar Lundmark schickte Hermannis Hemden, Unterwäsche, Handtücher und seinen Morgenmantel an eine Stickerin und bat sie, sämtliche Stücke mit zwei verschnörkelten H zu versehen. Die Stickereien sollten mit Seidenfaden ausgeführt werden, jeweils in derselben Farbe, aber einen Ton dunkler als das entsprechende Textil.
    Eine Weile überlegte er, ob er für Hermanni auch Visitenkarten drucken lassen sollte, aber was sollte darauf stehen, der Mann hatte ja weder einen Titel noch eine Adresse. »Hermanni Heiskari, obdach- und arbeitsloser Holzfäller aus Lappland« wirkte als Text nicht gerade überzeugend.
    Hermanni war nicht so hinterwäldlerisch, dass er keine Krawatte binden konnte, er beherrschte sogar den doppelten Knoten, aber als es an die Fliege ging, musste er passen. Ragnar führte ihm die Hand, aber Hermanni begriff die Idee trotzdem nicht ganz. So setzte sich Ragnar hin und zeichnete Bilder der einzelnen Phasen, und mit ihrer Hilfe konnte Hermanni endlich die erste Fliege seines Lebens knüpfen. Als sie fertig war, war er in Schweiß gebadet.
    Jeder finnische Gentleman beherrscht die Kniffe beim Knüpfen einer Fliege, aber sollte sich unter die Leserschaft tatsächlich irgendein Stümper oder gar ein ungeschlachter Holzfäller verirrt haben, sei hier detailliert beschrieben, wie die Fliege unter den geschickten Fingern des Mannes entsteht. Zunächst werden die Enden der Rosette übereinandergelegt, vom Träger aus gesehen das linke über das rechte, als Nächstes wird der linke Zipfel um den rechten geschlungen, von unten nach oben, und noch ein zweites Mal, dann macht man eine kleine Schlaufe um das linke Ende, und zwar so, dass man die Spitze unter dem von links kommenden Knoten hindurchzieht. Nun wird das nach unten hängende rechte Ende zwei Mal gefaltet und mit dem gefalteten Ende unter den vorher gefertigten Knoten gesteckt. Zum Schluss zieht man nur noch leicht an, und fertig. Wie einfach!
    In Ermangelung anderer Möglichkeiten meldete Ragnar seinen Schützling zu einem Anfängerkurs für Golf an, der private Trainer oder Pro war ein gewisser Jari Luusua, die Driving Range oder der Abschlagplatz und die dazugehörigen Bahnen befanden sich nördlich der Stadt in Saarenkylä.
    Hermanni mokierte sich ein wenig über dieses Ballspiel, das er für einen bloßen Zeitvertreib von Müßiggängern aus der Oberklasse hielt. Ragnar Lundmark erklärte jedoch leicht indigniert, dass es sich keineswegs um ein Hobby der Oberschicht handelte, jedenfalls ursprünglich nicht. Golf war im schottischen Hochland erfunden worden, dort hatten die Schafhirten zum Zeitvertreib mit ihren

Weitere Kostenlose Bücher