Vom Himmel in Die Traufe
auf der Insel gelebt hatte. Gauguin hatte in Europa viele Misslichkeiten erlebt und war nach Tahiti geflohen, um Ruhe zum Malen zu finden – gleichzeitig war er so seine giftige dänische Ehefrau losgeworden. In Tahiti hatte er mehrere Mädchenfrauen gehabt, die ihn umsorgt hatten, und gerade hier hatte er den Hauptteil seiner Werke geschaffen. Die Insulaner hatten ihm zu Ehren ein Kunstmuseum errichtet, es war ein kleines Gebäude mitten im Dschungel. Hier war es, wo Hermanni seinen Butler über Gauguins Leben und Werk belehrte.
Er erzählte, dass Gauguin großes Geschick darin gehabt hatte, das Licht darzustellen, er war einer der großen Impressionisten seiner Zeit gewesen und später zum einfachen Symbolismus übergegangen.
Gauguins Ehefrau, jene erwähnte Dänin namens Mette, war unzugänglich und hart gewesen, ein richtiger Satan von einem Weib, und es war zum großen Teil ihre Schuld gewesen, dass der Maler anfing zu trinken und in der Welt herumzureisen, um seinen Seelenfrieden zu finden. Der arme Kerl starb bereits in mittleren Jahren am Alkohol und an seinen Krankheiten, nachdem er sich erbittert mit den Behörden und auch mit fast allen anderen Menschen gestritten hatte.
Doch bald war es wieder an der Zeit, das Aufstandsprojekt weiter zu planen. Hermanni Heiskari begann ein Handbuch der Guerillataktik zu schreiben. Er studierte die Literatur, die er mitgebracht hatte und die sich mit der Geschichte der finnischen Kriegstaktik befasste. Diese Lehren komprimierte er und passte sie den Erfordernissen eines Aufstands an.
Ragnar Lundmark wiederum schrieb ein Regelwerk der Kriegsökonomie. Die Finanzierung eines Guerillakrieges war eine anspruchsvolle Aufgabe, und ihr versuchte sich der Oberst jetzt mit aller Kraft zu widmen. Dabei konnte er auf seine langjährigen Erfahrungen im Dienste der lundmarkschen Reederei und Spedition zurückgreifen. Wenn auch Reeder im Guerillakrieg nicht gebraucht wurden, so war das Fachwissen aus der Spedition umso wichtiger. Kriegskunst, Kriegsgeschichte, Kriegsökonomie und Waffenlehre, all diese Fragen spielten eine Rolle in den Plänen, die auf Tahiti entstanden.
Über die Grundlagen der Guerillataktik schrieb Hermanni Heiskari eine zusammenhängende, fast hundert Seiten umfassende Broschüre, dabei versuchte er den Text so allgemein verständlich und einfach zu formulieren, dass ihn auch Personen, die nicht die Wehrpflicht absolviert hatten, also Frauen und Jugendliche, verstanden.
Dieses Handbuch war so klar und instruktiv, dass es gut und gern als Grundlage der Militärtaktik des Volksaufstandes dienen konnte. Hermanni teilte seine Anweisungen in zwei Hauptteile ein, der eine handelte von den Aktivitäten der Waldguerilla, der andere von den Erfordernissen des Stadtkrieges.
Für die Kämpfer in den Wäldern plante Hermanni eine leichte Ausrüstung, bestehend aus einem Sturmgewehr, einem Dolch, einem Rucksack mit Tragegestell, einem Tarnanzug, einem Schlafsack und Partisanenverpflegung. Die Kosten für diese Ausrüstung kalkulierte er mit zweitausendachthundert Mark pro Mann, wobei er für die Waffe sechshundert Mark veranschlagte. Ungefähr so viel bezahlte man im internationalen Großhandel für ein chinesisches halbautomatisches Sturmgewehr, während die Sten-Gun-Maschinenpistolen, die aus den Beständen der Alliierten veräußert wurden, mit Magazin und allem Drum und Dran knapp zweihundert Mark kosteten.
Hermanni konstruierte Beispiele von Kampfsituationen. Er erklärte detailliert, wie ein großes Industrieviertel zerstört wurde. Als Ort der Operation wählte er den Hafen von Söörnäinen, und das zu zerstörende Objekt sollten die Öltanks nahe am Wasser sein. Er empfahl ein Kampfkommando von etwa zwanzig Mann. Beginnen sollte der Angriff im Dunkeln, zwischen Mitternacht und frühem Morgen. Zunächst sollten die Kämpfer die Wächter im Hafen töten, anschließend mit zwei LKW s voller Sprengstoff aufs Gelände fahren und die Ladung an vorab geplanten Stellen platzieren, die Sprengladungen aktivieren, mit den Lkws abfahren und sich am Ende noch über das tatsächliche Ausmaß des entstandenen Schadens informieren. Unter Ausnutzung des Chaos, das das Überraschungsmanöver bewirkt hätte, sollten die Kämpfer vom Ort des Geschehens flüchten und sich auf neue Angriffe vorbereiten.
Taktisch anspruchsvoller war die Aufgabe, einen Guerillastützpunkt in der Einöde zu verteidigen. Hermanni veranschlagte als Mannstärke zehn Zellen mit je drei Aufständischen.
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