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Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Strandbar, trank ein kühles Bier und schaute aufs Meer, das in der Dunkelheit beruhigend rauschte. Am Horizont, ein paar Hundert Meter entfernt, schimmerte ein weißer Schaumrand, dort lag das Korallenriff, hinter dem der Tausende Kilometer weite Ozean begann. Hermanni war ganz ruhig und entspannt und hatte das Gefühl, dass alle Menschen in ebendiesem Moment lieb und freundlich waren.
    Unheil verkündendes Trommeln klang von den Bergen herunter. Hermanni ahnte, dass hoch droben im Mittelteil der Insel Feste der heftigeren Art begannen. Wo mochte Ragnar stecken?, fragte er sich, ging zum Zimmer des Oberst und klingelte an der Tür. Keine Antwort. Hermanni ließ sich an der Rezeption den Schlüssel seines Reisegefährten aushändigen, fand im Zimmer die kurze schriftliche Botschaft und kehrte wieder in die Bar zurück. Dort begann er in seinem akzeptablen Englisch ein Gespräch mit dem Kellner, fragte, was das Trommeln bedeutete, und plötzlich begriff er. Dort oben war ein Fest und dort war Ragnar, und womöglich in keiner ganz sicheren Gesellschaft. Hermanni griff sich in der Ausleihstation eine Vespa, trat auf den Anlasser und lenkte das Gefährt auf den Trampelpfad, der in die Berge führte.
    Im schwankenden Lichtkegel der Vespa sah er Ananasgewächse und Palmenstämme, bis er in eine Höhe gelangt war, in der nur mehr Sträucher wuchsen. Endlich gelangte er aufs Bergplateau, dort gab es einen freien Platz, ringsum standen mehrere Hütten. Mitten auf dem Platz loderte ein großes Feuer, um das sich die Leute versammelt hatten, und auch Ragnar Lundmark befand sich dort. Er lag in der Nähe des Feuers mit ausgestreckten Beinen auf einer Trage, die Hermanni an einen Operationstisch erinnerte. Im Schein des Feuers konnte er erkennen, dass sein alter Gefährte nicht mehr bei Verstand war, er war in einen Drogenrausch versetzt worden, deswegen halb bewusstlos und begriff nicht, was vor sich ging. Auf seinem Gesicht lag ein glückliches, idiotisches Lächeln.
    Neben Ragnars Trage stand ein Tisch mit mehreren großen Messern und zwei stabilen Fleischklopfern sowie mit Kesseln und Töpfen. Auch Haushaltskrepp und viele Dosen mit verschiedenen Gewürzen waren da. Hermannis Blick fiel auf Grillmarinade und Heinz-Ketchup, auf Soja- und Chilisoße. Ihm schoss durch den Kopf, dass Senf fehlte, aber es war keine Zeit, diesen Gedanken weiterzuverfolgen. Hermanni sauste mit seiner Vespa an die Trage heran, packte Ragnar am Haar und an einem Arm und schwang ihn sich auf den Rücken, dass der Hintern des Nackten auf den Gepäckträger des Mopeds klatschte, und dann steuerte er auf direktem Wege den Pfad an, der zum Hotel führte. Es ging so steil bergab, dass Hermanni ständig bremsen musste. Er sagte sich, dass womöglich die Bremstrommeln verbrannten, aber inzwischen hatte er auch schon fast die Ebene erreicht.
    Als die Dorfbewohner begriffen, dass ihre Delikatesse frech geraubt und fortgeschleppt worden war, wurden sie schrecklich wütend und schlugen auf ihre Trommeln ein, dass an den dünnsten Stellen die Häute rissen. Die hitzigsten unter den jungen Burschen wollten die Verfolgung aufnehmen und den Braten zurückholen, aber schließlich wagten sie es dann doch nicht und demonstrierten nur ihre Wut durch bedrohlichen Lärm. Unten am Strand hörte sich das Gedröhn ganz schrecklich an.
    Am Morgen war Ragnar immer noch so berauscht, dass er sich das Hemd verkehrt herum anzog, anschließend schleppte er sich mit hämmernden Schläfen zum Frühstück. Hermanni gesellte sich zu ihm. Lustlos bestrich sich Ragnar seine Toastscheibe mit Butter und Käse und versuchte Tee zu schlürfen. Es wollte ihm nicht recht schmecken. Vorsichtig erzählte Hermanni von den nächtlichen Ereignissen, an die Ragnar keinerlei Erinnerung hatte. Er wunderte sich allerdings, dass er sich so elend fühlte, und nahm an, er hätte mit der reizenden einheimischen Bevölkerung ein bisschen zu eifrig gefeiert. Hermanni erkannte, dass sein Kumpan rein gar nichts von seinem Martyrium wusste. Auf dieser Insel schien es Kräuter zu geben, die dem Menschen Verstand und Erinnerung gleichzeitig raubten.
    Hermanni schnitt sich ein tüchtiges Stück von einer Scheibe Schinken ab und sagte zu Ragnar:
    »Man wollte dich letzte Nacht in den Kochtopf stecken.«
    Einen so grotesken Gedanken mochte Ragnar einfach nicht glauben, auch nicht, als Hermanni die Einzelheiten dessen erzählte, was sich oben auf dem Berg abgespielt hatte. Unvorstellbar, dass so etwas an der Schwelle

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