Vom Himmel in Die Traufe
Die gesamte Besatzung bestünde also nur aus dreißig Kämpfern, aber die wirksame Verteidigung stützte sich vor allem auf die sorgfältige Wahl des Ortes und auf eine effektive Befestigung.
Das Versteck selbst sollte Teil eines Netzwerkes mehrerer Stützpunkte sein, sodass sich im Falle, dass einer entdeckt würde und an den Feind verloren ginge, die Partisanen mit wenig Verlusten in den nächsten zurückziehen könnten.
Die Stützpunkte sollten weit draußen in der Einöde angelegt werden, in unwegsamem Gelände, am besten in Sümpfen oder auf waldigen Inseln, sodass sie sich effektiv bewachen ließen. In solch einer befestigten Stellung für dreißig Kämpfer benötigte man fünf Unterstände und die sie verbindenden Schützengräben, ferner eine Küche, eine Krankenstube, Lagerraum für den Proviant und die Waffen sowie einen Brunnen. Die Bewaffnung bestünde, außer aus Handfeuerwaffen, aus leichten Granatwerfern und aus Bazookas mit Splittermunition. Jeder Stützpunkt sollte von einem weiten Minenfeld umgeben sein. Die Minen könnte man noch zu Friedenszeiten preisgünstig im Ausverkauf von Schwedens Armee erwerben, die sie für zu grausam hielt und nicht in einem eventuellen Krieg einsetzen wollte.
Falls ein Stützpunkt den Regierungstruppen überlassen werden musste, war er noch vor der Flucht zu sprengen. Wichtig war, dass weder Gefangene noch Dokumente in die Hände des Feindes gerieten. Die Flucht hatte nach einem fertigen Plan zu erfolgen, und falls das nicht gelang, hatte sich die Besatzung in die Grundzellen zu je drei Mann aufzuteilen und in den Wäldern zu zerstreuen. Sie dort aufzuspüren wäre übermächtig schwer für die auf Frontkämpfe eingestellte reguläre Armee.
Ragnars Betrachtungen zur Ökonomie des Aufstandes basierten auf pauschalen Berechnungen, denn der Verlauf des Krieges und der Zeitpunkt seines Beginns waren ja noch unbekannt. Was der Volksaufstand schätzungsweise kosten würde, ließ sich vor dem Ausbruch des Krieges unmöglich verlässlich sagen, schrieb Ragnar in seinem Vorwort und betonte, dass die gesamte Sondierungsarbeit nur dazu gedacht war, den späteren verantwortlichen Kriegsökonomen entsprechende Anhaltspunkte zu geben. Er erwähnte, dass es in der gesamten Geschichte keinen einzigen Krieg gegeben hat, bei dem man vorab auch nur annähernd die Kosten hatte berechnen können. Er verwies auf die Pläne für den Zweiten Weltkrieg und die letztlich durch ihn entstandenen Kosten, die so immens sind, dass man sie bis heute nicht verlässlich berechnen kann.
Wie auch immer, Ragnar Lundmark kam bei seinen Betrachtungen zu dem Schluss, dass der von Hermanni Heiskari geplante Bürgerkrieg etwa fünfzig Milliarden Mark kosten würde. Den größten Posten bildeten die Zerstörungen durch die eigentlichen Kriegshandlungen. Die Berechnungen gründeten sich auf die Annahme, dass der Krieg zwei Jahre dauern würde. Hielte er länger an, wäre er natürlich um ein Vielfaches teurer.
Zu der Frage, wer den Volksaufstand letztlich finanzieren würde, nahm Ragnar nur ganz allgemein Stellung. Zunächst wären es die Aufständischen selbst, die ihren eigenen Krieg finanzieren würden – die heimlichen Depots, die Ausrüstung, den Proviant, die Transport- und Kommunikationsmittel, die Feldlazarette und Ähnliches. Was die größeren Depots und teurere Anschaffungen betraf, müsste bereits zu Friedenszeiten Leihkapital besorgt werden. Die eigentlichen Kriegsschäden müsste automatisch der finnische Staat bezahlen, denn die Europäische Union würde wohl kaum einen lokalen Arbeitsmarktkrieg finanzieren wollen, und Finnland als kleine Nation hätte nicht genügend Autorität, Druck auszuüben. Internationale humanitäre Hilfe würde es für das von einem Bürgerkrieg geschüttelte Finnland natürlich geben. Diesen Einnahmeposten ließ Ragnar bei seinen Berechnungen unberücksichtigt, denn diese Art von Hilfe kam meist verspätet, wenn bereits das Ende des Krieges bevorstand, sodass dieses Geld nicht mehr bei der eigentlichen Kriegsführung zu Buche schlug.
Finnlands Wiederaufbau würde, vorsichtig geschätzt, hundertfünfzigtausend Arbeitslose für zehn Jahre beschäftigen. Somit hätte der Volksaufstand vielfältige Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation. Nahm man die Zahl der Gefallenen, sowohl unter den Guerillakämpfern als auch unter den Soldaten der regulären Armee und unter den unbeteiligten Zivilisten, käme man auf etwa zweihunderttausend Personen, deren Arbeitsplätze
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