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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
Vom Netzwerk:
professionellen Schriftsteller, sondern für alle, die sich so nennen. Der graue Mitgliedsausweis ist kein Gütesiegel, sondern nur das Papier wert, auf dem er gedruckt ist. Wenn ich je wieder aus meinem Hartz-IV-Bezug rauskomme, dann muss ich eben alleine sehen, dass ich Veröffentlichungen und Lesungen bezahlt kriege. Ich werde das schon schaffen. Die erfolgreichen Autoren schaffen das ja offenbar auch ohne Netzwerk. Vielleicht ist es so, dass die Schriftsteller im VS über das Schreiben reden. Und dass die anderen schreiben. Mir jedenfalls reicht es. Wenige Wochen später trete ich aus dem Verband Deutscher Schriftsteller aus.
    Stattdessen konzentriere ich mich auf die anstehende Veröffentlichung von »Im Netz der Meister«: Das Marketing muss beginnen, der Name »Carla Berling« etabliert werden, und ich beginne wieder, mich um Lesungen zu kümmern.
    Eine Homepage muss her. Martin bastelt mir eine. Ich lasse mir Visitenkarten drucken. Dann fange ich wieder an, regelmäßig die SM-Stammtische im Rheinland zu besuchen und dort jedem Besucher, der mir zuhört, unermüdlich von meinem Buch zu erzählen. Jeder zweite bekommt meine Visitenkarte in die Hand gedrückt. Ich versuche, mir so viele Namen und Gesichter wie möglich zu merken, und buhle um jeden potenziellen Leser. In einer großen SM-Community beteilige ich mich aktiv an Diskussionen im Literaturforum, knüpfe auch dort Kontakte, korrespondiere mit unzähligen Leuten. Drei Stunden am Tag, manchmal mehr, verbringe ich in dieser virtuellen Welt.
    Das Manuskript kommt vom Verlag zurück, und ich muss es korrigieren. Die Verlegerin lektoriert selbst, und sie hat unglaublich viele Fehler gefunden. Unglaublich, weil ich der Meinung war, nahezu druckreif geschrieben zu haben. Ich kontrolliere und genehmige die Korrekturen und schicke die Fahnen zurück. Nach fünf Korrektur-Durchgängen finden wir beide keine Fehler mehr. Fertig.

Der fünfte Titel, der erste Roman
    Ich halte es in der Hand. Der Paketbote hat meine zehn Belegexemplare gebracht, die ich aufgeregt auspacke. Ich muss weinen.
    Es ist zu schön. Mein erster Roman. Ein richtiger Roman. Sieben Jahre nach meinem ersten Buch, dem kleinen Ratgeber im Kajaki-Verlag, habe ich den ersten Roman veröffentlicht. Ich streiche über das glänzende Buch. Ich schaffe alles, was ich mir vornehme, es dauert manchmal eben ein bisschen länger.
    Langsam schlage ich das Buch auf. Und bin entsetzt. Die Buchstaben sind so klein, dass ich den Text ohne Lesebrille gar nicht erkennen kann.
    Ich rufe die Verlegerin an. Sie erklärt: »Ich wollte das Manuskript unter keinen Umständen kürzen. Aber weil das Buch im Verkauf unbedingt unter zwanzig Euro bleiben muss, haben wir uns für die kleine Schrift entscheiden müssen. Lieber die kleinen Buchstaben als ein Stück der Geschichte streichen!«
    Okay, damit kann ich leben, das nehme ich als Kompliment.
    Vor meinem ersten Auftritt in einem Bonner Café bin ich unbeschreiblich kribbelig. Satiren und Geschichten aus Kinderbüchern zu lesen, das war eine Sache. Passagen aus einem Roman vorzutragen, noch dazu aus einem Roman, in dem es nicht nur, aber auch um eine besondere Art der Erotik geht, ist etwas ganz anderes. Ich kann wieder mal nächtelang nicht schlafen, weil ich Angst habe. Angst, dass keiner kommt, Angst, dass die Leute »Im Netz der Meister« nicht mögen, dass ich schlecht vorlese, dass ich doch nicht gut genug recherchiert habe, dass ich meine Recherchen unglaubwürdig umgesetzt habe, dass keiner das Buch lesen will, dass ich mich damit blamiere, dass ich wieder scheitere, dass sich herausstellt, dass ich es einfach nicht kann, dass ich niemals eine ernst zu nehmende Schriftstellerin sein werde.
    Fünfzehn Minuten vor Beginn der Lesung ist noch niemand da. Ich möchte mich auf dem Klo einschließen, mich verstecken oder weglaufen. Meine Hände zittern, mein Hals ist trocken, selbst wenn jemand kommt, werde ich kein Wort rauskriegen.
    Es werden etwa fünfundzwanzig Zuschauer.
    Als ich mit brüchiger Stimme beginne, ist es still. Und so bleibt es auch über eine Stunde, vierzig Seiten lang. Es ist eine wunderbare Lesung, der noch viele andere folgen werden.
    Beim Stammtisch, den ich weiterhin regelmäßig besuche, verkaufe ich jede Woche ein paar Bücher, der Leiter dieser Treffen unterstützt mich fleißig dabei. Auch eine Lesung in Köln organisiert er für mich, zu der mehr als achtzig Leute kommen. Im SM-Forum gibt es zahlreiche Veranstaltungsberichte zu meinen

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