Vom Kriege
Vernichtung der feindlichen Streitkräfte.
2. Eroberung eines Ortes.
2. Verteidigung eines Ortes.
3. Eroberung eines Gegenstandes.
3. Verteidigung eines Gegenstandes.
Indessen scheinen diese Bestimmungen den Umfang des Gebiets nicht genau auszumessen, wenn wir uns an Rekognoszierungen und Demonstrationen erinnern, bei welchen offenbar keiner jener drei Gegenstände Zweck des Gefechts ist. Wirklich muß uns dies vermögen, noch eine vierte Klasse zuzulassen. Genau betrachtet, werden zwar bei Rekognoszierungen, wo sich der Feind uns zeigen, bei Alarmierungen, wo er sich ermüden, bei Demonstrationen, wo er einen Punkt nicht verlassen oder auf einen andern sich wenden soll, alle diese Zwecke nur mittelbar und unter Vorspiegelung eines der drei oben angegebenen, gewöhnlich des zweiten erreicht; denn der Feind, der rekognoszieren will, muß sich anstellen, als wolle er uns wirklich angreifen und schlagen oder vertreiben usw. Allein diese Vorspiegelung ist nicht der wahre Zweck, und nur nach diesem haben wir hier gefragt; wir müssen also zu jenen drei Zwecken des Angreifenden noch den vierten, nämlich den gesellen, den Gegner zu einer falschen Maßregel zu verleiten, oder mit anderen Worten: ein Scheingefecht zu liefern. Daß sich dieser Zweck nur offensiv denken lasse, liegt in der Natur der Sache.
Auf der anderen Seite müssen wir bemerken, daß die Verteidigung eines Ortes von doppelter Art sein kann, entweder absolut, wenn man den Punkt überhaupt nicht aufgeben darf, oder relativ, wenn man ihn nur eine Zeitlang braucht. Dies letztere kommt bei den Gefechten der Vorposten und Arrieregarden unaufhörlich vor.
Daß die Natur dieser verschiedenen Bestimmungen des Gefechts auf die Einrichtung desselben einen wesentlichen Einfluß habe, ist wohl an sich klar. Anders wird man verfahren, wenn man einen feindlichen Posten bloß von seinem Platze verdrängen, als wenn man ihn total schlagen will; anders, wenn man einen Ort um jeden Preis verteidigen, als wenn man den Feind nur einige Zeit aufhalten soll; im ersteren Fall kümmert man sich wenig um den Rückzug, im letzteren ist dieser die Hauptsache usw.
[215] Aber diese Betrachtungen gehören in die Taktik und stehen hier bloß als Beispiel zur größeren Deutlichkeit. Was die Strategie über die verschiedenen Zwecke des Gefechts zu sagen hat, wird in den Kapiteln vorkommen, die diese Zwecke berühren. Hier nur ein paar allgemeine Bemerkungen.
Die erste: daß die Wichtigkeit der Zwecke ungefähr in der Ordnung abnimmt, wie sie oben stehen; sodann, daß der erste dieser Zwecke in der Hauptschlacht immer vorherrschen sollte; endlich, daß die beiden letzteren beim Defensivgefecht eigentlich solche sind, die keine Zinsen tragen, sie sind nämlich ganz negativ und können also nur mittelbar, indem sie irgend etwas anderes, Positives, erleichtern, nützlich werden. Es ist daher ein schlimmes Zeichen von der strategischen Lage, wenn Gefechte dieser Art zu häufig werden.
Sechstes Kapitel: Dauer des Gefechts
Betrachten wir das Gefecht nicht mehr an sich, sondern im Verhältnis zu den übrigen Streitkräften, so erhält die Dauer desselben eine eigene Bedeutung.
Die Dauer eines Gefechts ist gewissermaßen als ein zweiter, untergeordneter Erfolg zu betrachten. Dem Sieger kann ein Gefecht niemals schnell genug entschieden sein, dem Besiegten niemals lange genug dauern. Der schnelle Sieg ist eine höhere Potenz des Sieges, die späte Entscheidung bei der Niederlage ein Ersatz für den Verlust.
Dies ist im allgemeinen wahr, aber praktisch wichtig wird es bei der Anwendung auf diejenigen Gefechte, deren Bedeutung eine relative Verteidigung ist.
Hier liegt der ganze Erfolg oft in der bloßen Dauer. Dies ist der Grund, warum wir sie in die Reihe der strategischen Elemente mit aufnehmen.
Die Dauer eines Gefechts steht mit seinen wesentlichen Verhältnissen in einem notwendigen Zusammenhang. Diese Verhältnisse sind: absolute Größe der Macht, Verhältnis der gegenseitigen Macht und Waffen, und Natur der Gegend. 20000 Mann reiben sich nicht so schnell aneinander auf als 2000; einem zwei- und dreifach überlegenen Feind widersteht man nicht solange, als einem von gleicher Stärke; ein Kavalleriegefecht entscheidet sich schneller als ein Infanteriegefecht, und ein Gefecht mit bloßer Infanterie schneller, als wenn Artillerie dabei ist; in Gebirgen und Wäldern schreitet man nicht so schnell vor, als in der Ebene; alles das ist an sich klar.
Hieraus folgt also, daß Stärke,
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