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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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geben, und noch viel schneller erschöpft sich diese Kraft an den Verhältnissen, wenn diese sich ihr groß und stark entgegenstellen. Wie ganz anders als Daun würde Friedrich der Große den Sieg bei Kolin benutzt haben, und welche anderen Folgen als Preußen hätte Frankreich einer Schlacht von Leuthen geben können.
    Die Bedingungen, welche von einem großen Siege große Folgen erwarten lassen, werden wir bei den Gegenständen kennenlernen, an welche sie sich knüpfen, und dann erst wird das Mißverhältnis sich erklären lassen, welches beim ersten Blick zwischen der Größe eines Sieges und seinen Folgen stattfinden kann, und welches man allzu bereit ist, dem Mangel an Energie des Siegers beizumessen. Hier, wo wir es mit der Hauptschlacht an sich zu tun haben, wollen wir dabei stehen bleiben, zu sagen, daß die geschilderten Wirkungen eines Sieges niemals fehlen, daß sie steigen mit der intensiven Stärke des Sieges, steigen, je mehr die Schlacht Hauptschlacht, d. h. je mehr in ihr die ganze Streitkraft vereinigt, je mehr in dieser Streitkraft die ganze Kriegsmacht und in der Kriegsmacht der ganze Staat enthalten ist.
    Darf denn aber die Theorie diese Wirkung des Sieges als eine ganz notwendige annehmen, muß sie sich nicht vielmehr bestreben, das genügende Mittel dagegen aufzufinden und so die Wirkung wieder aufzuheben? Es scheint so natürlich, diese Frage zu bejahen; aber der Himmel behüte uns vor diesem Abweg der meisten Theorien, wodurch ein sich gegenseitig verzehrendes pro et contra entsteht.
    Allerdings ist jene Wirkung ganz notwendig, denn sie ist in der Natur der Sache gegründet, und sie besteht auch dann, wenn wir Mittel finden, ihr entgegenzustreben, so wie die Bewegung einer Kanonenkugel in der Richtung der Erdumwälzung fortbesteht, wenn sie auch von Osten nach Westen abgeschossen, durch diese entgegengesetzte Bewegung einen Teil der allgemeinen Geschwindigkeit vernichtet.
    Der ganze Krieg setzt menschliche Schwäche voraus, und gegen diese ist er gerichtet.
    Wenn wir also in der Folge bei einer anderen Gelegenheit überlegen, was nach einer verlorenen Hauptschlacht zu tun ist, wenn wir die Mittel in [234] Betrachtung ziehen, die in der verzweifeltsten Lage noch übrig bleiben möchten, wenn wir auch in dieser Lage noch an die Möglichkeit glauben werden, alles wiederzugewinnen: so ist damit nicht gemeint, die Wirkungen einer solchen Niederlage nach und nach gleich Null zu machen, denn die Kräfte und Mittel, die man zur Herstellung anwendet, hätten zu positiven Zwecken angewendet werden können; und dies gilt von den moralischen wie von den physischen Kräften.
    Eine andere Frage ist es, ob durch den Verlust einer Hauptschlacht nicht vielleicht Kräfte geweckt werden, die sonst gar nicht ins Leben gekommen wären. Dieser Fall ist allerdings denkbar, und er ist bei vielen Völkern wirklich schon vorgekommen. Aber diese verstärkte Rückwirkung hervorzubringen, liegt nicht mehr im Gebiete der Kriegskunst, diese kann nur darauf Rücksicht nehmen, wo sie allenfalls vorauszusetzen ist.
    Wenn es nun Fälle gibt, wo die Folgen eines Sieges verderblicher erscheinen können durch die Rückwirkung der dadurch geweckten Kräfte, Fälle, die freilich zu den seltensten Ausnahmen gehören, so muß um so gewisser eine Verschiedenheit in den Folgen angenommen werden, welche ein und derselbe Sieg hervorbringen kann nach dem Charakter des besiegten Volkes oder Staates.
Elftes Kapitel: Fortsetzung
    Der Gebrauch der Schlacht
    Wie sich auch die Führung des Krieges im einzelnen Fall gestaltet, und was wir auch in der Folge davon als notwendig anerkennen müssen, wir dürfen uns nur an den Begriff des Krieges erinnern, um folgendes mit Überzeugung zu sagen:
    1. Die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte ist das Hauptprinzip desselben und für die ganze Seite des positiven Handelns der Hauptweg zum Ziel.
    2. Diese Vernichtung der Streitkräfte findet hauptsächlich nur im Gefecht statt.
    3. Nur große und allgemeine Gefechte geben große Erfolge.
    4. Am größten werden die Erfolge, wenn sich die Gefechte in eine große Schlacht vereinigen.
    5. Nur in einer Hauptschlacht regiert der Feldherr das Werk mit eigenen Händen, und es ist in der Natur der Dinge, daß er es am liebsten den seinigen anvertraut.
    [235] Aus diesen Wahrheiten ergibt sich ein Doppelgesetz, dessen Teile sich gegenseitig tragen: nämlich, daß die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte hauptsächlich in großen Schlachten und ihren

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