Vom Kriege
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Außer dem Zweck eines absoluten Widerstandes mit der Hauptmacht, kann jede der drei Arten der Flußverteidigung noch den eines Scheinwiderstandes haben.
Dieser Schein eines Widerstandes, den man nicht wirklich leisten will, ist zwar mit vielen andern Maßregeln, und im Grunde mit jeder Stellung [435] verbunden, die etwas anders als ein bloßes Marschlager ist, allein die Scheinverteidigung eines großen Flusses wird dadurch zu einer wahren Vorspiegelung, daß man dazu eine Menge mehr oder weniger umständliche Maßregeln nimmt, und daß die Wirkung größer und dauernder zu sein pflegt als bei allen andern; denn der Akt eines solchen Stromüberganges im Angesicht unseres Heeres ist für den Angreifenden immer ein wichtiger Schritt, worüber er sich oft lange besinnt, oder den er für gelegenere Zeit aufschiebt.
Zu einer solchen Scheinverteidigung ist also erforderlich, daß sich das Hauptheer, ungefähr in der Weise, wie es bei einer ernstlichen statthaben würde, an dem Flusse verteilt und aufgestellt; da aber die Absicht der bloßen Scheinverteidigung zeigt, daß für eine wirkliche die Umstände nicht günstig genug sind, so würde aus jener Aufstellung, die notwendig immer eine mehr oder weniger ausgedehnte und zerstreute sein muß, sehr leicht die Gefahr großer Verluste entstehen, wenn die Korps sich wirklich in einen, wenn auch nur mäßigen Widerstand einlassen wollten; das würde im eigentlichen Verstande eine halbe Maßregel sein. Bei einer Scheinverteidigung muß also alles auf eine unfehlbare Vereinigung des Heeres in einem, weiter und zwar beträchtlich, oft mehrere Tagemärsche weiter zurückliegenden Punkte berechnet sein; und nur soviel Widerstand, als damit verträglich ist, kann geleistet werden.
Um unsere Meinung deutlich zu machen und zugleich die Wichtigkeit zu zeigen, welche eine solche Scheinverteidigung haben kann, erinnern wir an das Ende des Feldzuges von 1813. Bonaparte brachte etwa 40000 bis 50000 Mann wieder über den Rhein. Diesen Strom damit in dem Bereich verteidigen zu wollen, in welchem die Verbündeten nach der Richtung ihrer Kräfte bequem übergehen konnten, nämlich von Mannheim bis Nymwegen, wäre eine Unmöglichkeit gewesen. Bonaparte konnte also nur daran denken, den ernstlichen Widerstand etwa an der französischen Maas zu tun, wo er einigermaßen wieder verstärkt auftreten konnte. Hätte er seine Kräfte sogleich bis dahin zurückgezogen, so würden ihm die Verbündeten auf dem Fuß gefolgt sein; hätte er sie hinter dem Rhein in Erholungsquartiere verlegt, so konnte einen Moment später dasselbe fast nicht ausbleiben; denn auch bei der kleinmütigsten Behutsamkeit würde man doch Schwärme von Kosaken und andern leichten Truppen haben übergehen lassen, und wenn man sah, daß dies so gut gelang, so würde man mit andern Korps gefolgt sein. Es war also nötig, daß die französischen Korps Anstalten machten, den Rhein ernstlich zu verteidigen. Da vorauszusehen war, daß bei dieser Verteidigung, sobald die Verbündeten den Übergang wirklich unternahmen, nichts herauskommen konnte, so war sie als eine bloße Demonstration zu betrachten, wobei die französischen Korps gar keine Gefahr liefen, da ihr Vereinigungspunkt an der obern Mosel lag. Nur Macdonald, der bekanntlich mit 20000 Mann bei Nymwegen stand, beging den Fehler, abzuwarten, bis er wirklich vertrieben würde, welches, da dies [436] durch die spätere Ankunft des Wintzingerodeschen Korps erst Mitte Januar geschah, ihn verhinderte, sich vor der Schlacht von Brienne mit Bonaparte zu vereinigen. Diese Scheinverteidigung des Rheins nun hat hingereicht, die Verbündeten in ihrer vorschreitenden Bewegung zum Stehen und zu dem Entschluß zu bringen, den Übergang bis zur Ankunft ihrer Verstärkungen, d. h. 6 Wochen lang zu verschieben. Diese 6 Wochen mußten Bonaparte von unendlichem Wert sein. Ohne die Scheinverteidigung des Rheins hätte der Sieg von Leipzig unmittelbar nach Paris geführt, und eine Schlacht diesseits dieser Hauptstadt wäre den Franzosen vollkommen unmöglich gewesen.
Auch bei der Flußverteidigung der zweiten Art, also bei mittleren Flüssen, kann eine solche Vorspiegelung stattfinden, nur wird sie im allgemeinen viel weniger wirksam sein, weil hier bloße Versuche zu einem Übergang leichter sind, und also der Zauber bald gebrochen sein wird.
Bei der dritten Art der Flußverteidigung würde die Demonstration vermutlich noch unwirksamer sein und nicht weiter gehen, als die einer jeden andern
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