Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
Vom Netzwerk:
Seitenpunkte höchstwahrscheinlich nicht erschüttern wird, oder wirklich nicht erschüttert hat, so liegt doch darin, daß der Feind auf diesen Punkten wirklich Streitkräfte aufgestellt hat, und diesen werden dann, als ein notwendiges Übel andere, angemessenere entgegengestellt werden müssen, weil man seine Verbindungslinie nicht von Hause aus absolut preisgeben kann.
    Die Vorsicht aber kann noch einen Schritt weiter gehen; sie kann fordern, daß das Vorschreiten gegen den Hauptpunkt mit dem Vorschreiten auf Nebenpunkten genau Schritt halte, und daß folglich jedesmal mit dem Hauptunternehmen innegehalten werde, wenn die Nebenpunkte des Feindes nicht weichen wollen.
    Dieser Grundsatz würde dem unsrigen, alles in eine Haupthandlung soviel als möglich zu vereinigen, zwar nicht geradezu widersprechen, allein der Geist, aus welchem er entspringt, ist dem Geist, in welchem der unsrige gedacht ist, vollkommen entgegen. Aus diesem Grundsatz würde ein solches Abmessen der Bewegung, ein solches Lähmen der Stoßkraft, ein solches Spiel von Zufällen, ein solcher Zeitverlust entstehen, daß er sich mit einer Offensive, die auf die Niederwerfung des Gegners gerichtet ist, praktisch durchaus nicht verträgt.
    Die Schwierigkeit wird noch größer, wenn die Kräfte dieser Nebenpunkte sich exzentrisch zurückziehen können - was würde da aus der Einheit unseres Stoßes werden?
    Wir müssen uns also gegen die Abhängigkeit des Hauptangriffs von den Nebenpunkten als Grundsatz durchaus erklären, und behaupten: daß ein auf das Niederwerfen des Gegners gerichteter Angriff, der nicht die Kühnheit hat, wie eine Pfeilspitze gegen das Herz des feindlichen Staates hinzuschießen, sein Ziel nicht erreichen kann.
    4. Endlich liegt noch in der Erleichterung des Unterhaltes ein vierter Grund zum getrennten Vorgehen.
    Es ist freilich viel angenehmer, mit einer kleinen Armee durch eine wohlhabende Provinz zu ziehen, als mit einer großen durch eine arme; aber bei zweckmäßigen Maßregeln und einem an Entbehrung gewöhnten Heere ist das letztere nicht unmöglich, und es sollte also das erstere niemals so viel Einfluß auf unsere Entschlüsse haben, um uns einer großen Gefahr auszusetzen.
    [624] Wir haben nun hiermit den Gründen zur Trennung der Kräfte, wodurch die eine Haupthandlung in mehrere zerlegt wird, ihr Recht eingeräumt, und werden nicht zu tadeln wagen, wenn die Trennung nach einem dieser Gründe mit deutlichem Bewußtsein des Zweckes und sorgfältiger Abwägung der Vorteile und Nachteile geschieht.
    Wenn aber, wie es gewöhnlich geschieht, von einem gelehrten Generalstabe der Plan bloß aus der Gewohnheit so gemacht wird, wenn die verschiedenen Kriegstheater wie die Felder im Schachspiel, jedes mit seinem Teil, vorher besetzt werden müssen, ehe die Züge anfangen, wenn diese Züge mit einer eingebildeten Kombinationsweisheit in verwickelten Linien und Verhältnissen sich dem Ziele nähern, wenn die Heere sich heute trennen müssen, um ihre ganze Kunst darin bestehen zu lassen, sich in vierzehn Tagen mit größter Gefahr wieder zu vereinigen - dann haben wir ein Greuel an diesem Verlassen des geraden, einfachen, schlichten Weges, um sich absichtlich in lauter Verwirrung zu stürzen. Diese Torheit tritt um so leichter ein, je weniger es der oberste Feldherr ist, der den Krieg leitet und ihn in dem Sinne, wie wir im ersten Kapitel angedeutet haben, als eine einfache Handlung seines, mit ungeheuren Kräften ausgerüsteten Individuums führt, je mehr also der ganze Plan in der Fabrik eines unpraktischen Generalstabes entstanden und aus den Ideen von einem Dutzend Halbwisser hervorgegangen ist. -
    Wir haben nun noch den dritten Teil unseres ersten Grundsatzes zu bedenken: nämlich die untergeordneten Teile so untergeordnet als möglich zu halten.
    Indem man den ganzen kriegerischen Akt auf ein einfaches Ziel zurückzuführen strebt und dieses soviel als möglich durch eine große Handlung zu erreichen sucht, beraubt man die übrigen Berührungspunkte der gegenseitigen Kriegsstaaten eines Teils ihrer Selbständigkeit; sie werden untergeordnete Handlungen. Könnte man alles absolut in eine einzige zusammendrängen, so würden jene Berührungspunkte ganz neutralisiert werden, das ist aber selten möglich, und es kommt also darauf an, sie so in Schranken zu halten, daß sie der Hauptsache nicht zu viel Kräfte entziehen.
    Wir fangen damit an, zu sagen, daß der Kriegsplan diese Tendenz selbst dann haben muß, wenn es nicht möglich

Weitere Kostenlose Bücher