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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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Tasse?«
    »Nein. Außerdem
hat der Inspektor mehrere Male angerufen.«
    »Na und?
Es handelt sich bestimmt um ein Missverständnis.«
    Es herrschte
Stille, dann hörte ich die Wirtin: »Gut möglich. Erst letzte Woche hat ein Spezialkommando
ein falsches Haus gestürmt. Alle 40 Senioren lagen ordentlich gefesselt auf dem
Fußboden, bevor man merkte, dass dort kein illegales Spielkasino betrieben wurde.
Was sagen Sie nun?«
    »Das hatte
bestimmt ein Nachspiel.«
    »Aber hallo!
Die Alten sind so außer Rand und Band, dass sie nun ihre Rente beim Poker mit dem
Heimkoch verspielen. Haha!«
    »Nochmals
bitte ich Sie, Ihre Stimme zu mäßigen«, flüsterte Kurt. »Sonst wecken Sie Valeska
auf!«
    Die Wirtin
tuschelte aufgeregt weiter, diesmal ganz leise.
    Es war nicht
nötig, ich war längst hellwach und beunruhigt. »Okay, ich komme runter!«
     
    Am Frühstückstisch herrschte Grabesstille.
    »Warum hat
die Polizei Jan festgenommen?«, fragte ich.
    Die Wirtin
warf Kurt einen schnellen Blick zu, er blickte ebenso hilflos zurück, also rief
ich im Polizeipräsidium an. Sofort meldete sich Inspektor Kowalski. »Na endlich,
Frau Lem. Hoffentlich hatten Sie genug Zeit zum Nachdenken.«
    »Ja, Sie
haben einen großen Fehler gemacht.«
    »Ach, wirklich?
Dann würde ich Sie bitten, herzukommen, Frau Lem.«
    »Wozu?«
    »Um den
von Ihnen geschilderten Vorgang vom Dienstag, den 17. Juni, noch mal zu Protokoll
zu geben.«
    »Wieso,
ich habe Ihnen alles erzählt.«
    »Wirklich
alles?«, fragte der Inspektor. Sein Tonfall verhieß nichts Gutes, ich machte mich
auf den Weg ins Polizeipräsidium.
    Inspektor
Kowalski wäre kurzfristig außer Haus. Ich müsse mich in Zimmer 401 melden. Das sagte
mir Frau Jola, die ich beim Lackieren ihrer Zehennägel überraschte. Als ich das
Zimmer betrat, war ihr linker Fuß von der Stuhllehne gerutscht und der Pinsel hatte
eine rote Spur auf ihrem Bein hinterlassen. Danach war sie schlecht gelaunt und
schickte mich auf eine lange Suche nach Zimmer 401. Die schlauchartigen Flure, obwohl
frisch gestrichen, hatten ihren alten Charme nicht eingebüßt, die Wandfarbe wirkte
schmuddelig, und überall roch es nach Lisol, dem universellen Reinigungsmittel der
vergangenen Zeit.
    In Zimmer
401 erwartete mich Inspektor Baran. Oh du Schreck, er sah genauso aus wie der Beamte,
der mir vor über 20 Jahren widerwillig meinen Reisepass über den Schreibtisch geschoben
hatte. Sein Gesicht zeigte den dumpfen Ausdruck der Selbstzufriedenheit, das Markenzeichen
vieler Porträts von Parteifunktionären. Mit unbewegter Miene beugte er sich über
den Schreibtisch und sagte leise: »Gute Frau, beschreiben Sie genau Ihr Anliegen.
Es bleibt alles unter uns. Streng vertraulich.«
    »Ich möchte
Inspektor Kowalski sprechen. Wir haben miteinander telefoniert.«
    Er sah mich
streng an. »Name?«
    »Sage ich
doch, Inspektor Kowalski.«
    »Ihr Name.«
    »Valeska
Lem.«
    »Wohnhaft?«
    »Das ist
doch unwichtig.«
    »Was wichtig
ist, entscheide ich. Also? Die Adresse, schön leserlich. Hier bitte!«
    Auf ein
Blatt Papier kritzelte ich meine Adresse.
    Er hob den
Kopf, als hätte ihm jemand eine belebende Spritze injiziert. »Ausland?«
    »Kann man
wohl behaupten.«
    »Wir wollen
doch nicht polemisch sein, Bürgerin. Nur die Fragen beantworten. Wie lebt es sich
denn so unter Germanen?«
    »Gut.«
    »Gut, sagen
Sie also.« Der Inspektor zerknüllte das Blatt und warf es wütend in die Ecke. »Aber
die Straßennamen schreibt man anders, was? Und die Autos?«
    »Rechtsverkehr,
genau wie hier.«
    »Das meine
ich nicht. Was kostet so ein Audi, zwei Jahre alt, zum Beispiel?«
    »Was meinen
Sie?«
    »Was ich
damit meine? Na, was meine ich wohl damit? Was so ein verdammtes Auto kostet? Vielleicht
will ich mir eines Tages so ein Auto kaufen. Oder darf ich das nicht?«
    »Doch.«
    »Sie haben
aber ein Problem damit?«
    »Natürlich
nicht.«
    »Oh, doch.
Das sehe ich sofort. Und gerade das macht Sie verdächtig. Sie stehen schon mit einem
Bein im Gefängnis.«
    »Nun mal
halblang, Herr Inspektor.«
    Er grinste
höhnisch. »Sie werden Ihr Geständnis schön leserlich unterschreiben und danach wandern
Sie für ein paar Jährchen dorthin, wo so freche Elemente wie Sie umerzogen werden.«
    »Habe ich
was verpasst? Wird hier gerade ein Spionagefilm gedreht?«
    »Bleiben
Sie da sitzen, wo Sie sind!«
    »Sie können
mich mal«, sagte ich genervt und stand auf.
    Seine Stimme
bebte vor Zorn. »Sie mich aber auch.«
    Vom Flur
hörten wir aufgeregte

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