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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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spezialisiert?«
    »Ach wo,
ich kenne viele Geschichten von Kunstraub, wo die Polizei keinen Handschlag gemacht
hat.«
    Energisch
schlug er seinen Spazierstock auf den Boden. »Der Diebstahl des heiligen Franziskus
ist also ein Fall für einen Privatdetektiv?«
    Da ich nicht
reagierte, antwortete er selbst: »Selbstverständlich.«
     
    Anschließend schlenderten wir durch
die Altstadt und erst bei beginnender Dämmerung waren wir in unserem Urlaubsort
zurück. Bis auf wenige erleuchtete Fenster und Sterne über uns war es im Dorf stockdunkel.
Beim Stolpern schimpfte ich: »Verdammt, warum sind nur alle Straßenlaternen aus!«
    Die Pensionswirtin
kam uns mit einer Taschenlampe entgegen. »Ist Ihnen der Hund gefolgt?«
    »Nein«,
sagte ich. »Er bewacht doch Ihre Küche.«
    »Eben nicht
mehr. Die Dogge ist seit heute Mittag weg.«
    »Wenn er
Hunger bekommt, findet er sicher zu seinem Fressnapf zurück.«
    »Jan Linde
hat mehrere Male angerufen.« Die Pensionswirtin reichte mir einen Zettel mit einer
Telefonnummer. »Sie möchten bitte zurückrufen. Es ist dringend.«
    »Ja, ja,
auf einmal. Jetzt gehe ich schlafen.«
    Kurt räusperte
sich. »Ich mache noch einen kleinen Spaziergang.«
    Frau Kochmann
schlug die Hände zusammen. »Aber Herr Schöne, alle Straßenlaternen sind abgeschaltet,
das Dorf muss für ein neues Kirchendach sparen. Sie werden sich verlaufen. Kommen
Sie lieber mit in die Küche. Ich mixe Ihnen einen Cocktail.«
    »Danke,
ich finde den Weg.« Kurt verschwand in der Dunkelheit.
    Mir hingegen
gefiel ihr Vorschlag und ich folgte ihr in die Küche. »Cocktail? Was für einen Cocktail?«
    »Habe ich
Cocktail gesagt? Ich weiß manchmal auch nicht, was ich rede. Ich meinte natürlich
Bier.«
    »Auch nicht
schlecht. Kaltes Bier.«
    »Brühwarm,
die Kiste stand draußen.«
    »Nein, dann
lieber Apfelsaft.«
    »Was sind
Sie mitten in der Nacht so mäklig, Frau Lem? Bin ich etwa ein Viersternehotel?«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
    Alle ließen
mich heute einfach stehen. Was stimmte mit mir nicht, dass alle das Weite suchten?
Eine ansteckende Krankheit schloss ich aus, aber vielleicht roch ich schlecht und
merkte es gar nicht? Ich öffnete das Küchenfenster, lehnte mich weit hinaus und
rief in die Dunkelheit: »Ich warne dich, Ben, du Hund, wehe, du erscheinst morgen
nicht pünktlich zum Frühstück. Ich werde dich in eine Hundepension abschieben.«
    Im Gebüsch
gab es plötzlich Unruhe. Zweige bewegten sich und raschelten. Aber kein Kopf mit
treudoofen Augen lugte hervor. Schade, ich schloss das Fenster und ging schlafen.
Etwas Besseres fiel mir im Moment nicht ein.

9.
     
    Am Morgen war Ben immer noch nicht
zurück. Langsam vermisste ich sein tiefes, müdes Seufzen, während er sich stundenlang
auf dem Rasen unter dem Apfelbaum ausruhte. Mir fehlte sein vorwurfsvolles Aufblicken,
wenn er beleidigt war. Das war er fast immer, aber er war trotzdem klug und besonnen.
Die gute Nachricht erhielt ich so bald, dass ich nicht länger über Bens gute Eigenschaften
nachdenken musste.
    Ein Junge,
der Obst in die Pension lieferte, hatte einen schwarz-weißen Hund, so groß wie ein
Kalb, in seinem Dorf gesehen. Ein leichter Wanderweg den Hügel hinauf führte dorthin.
    Schnell
packte ich meinen Rucksack.
    Kurt wollte
unbedingt mitkommen. Er liebte doch die Berge, das hatte er erst gestern bewiesen.
Alix wollte auch dabei sein, denn sie liebte wiederum das Wandern. In einer Stunde
würde sie bei uns sein. Keine Einwände meinerseits. Inzwischen glaubte ich zu wissen,
warum Alix so ungerne über die bevorstehende Hochzeit redete: Sie kannte mich noch
nicht gut genug. Einer Person, die ein Wappen führt, würde sie sicher mehr darüber
berichten. Sozusagen auf gleicher Wappenhöhe. Die kühle Alix würde ihr blaues Wunder
erleben, ich wusste schon, wie ich sie aus der Reserve locken konnte.
    Eine Stunde
später fuhr sie mit ihrem Wagen vor, stieg aus und wartete auf uns. Ihre farblich
perfekt abgestimmte Wanderkleidung war so glatt gebügelt, als beabsichtige sie,
uns mit den scharfen Kanten ihrer Hose den Weg durch irgendwelche Büsche freizuschneiden,
wie mit einer Machete. Dem Umfang ihres Rucksacks nach rechnete sie mit einer Katastrophe,
die uns für mehrere Tage von der Welt abschneiden würde. Kurt bat, diese Vorratskammer
auf seinem Rücken transportieren zu dürfen. Gnädig willigte sie ein und wir brachen
Richtung Süden auf.
    Nach zwei
Stunden vertrieb die Sonne gänzlich die morgendliche

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