Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
Vom Netzwerk:
Stimmen. Der zornige Beamte sprang auf, holte unvermittelt
einen Eimer vom Fensterbrett und ging zur Tür hinaus. Bevor er sie hinter sich zuwarf,
zischte er: »Spione erkenne ich sofort. Verlassen Sie sich darauf.«
    Die Tür
fiel ins Schloss und wurde im nächsten Moment schon wieder geöffnet. Ein jüngerer
Mann schlich herein und lächelte mich freundlich an. »Warten Sie auf mich?«
    »Aber ja.
Ich will mich selbst anzeigen. Zufrieden?«
    »Sie sind
unserem Fensterputzer Herrn Baran begegnet, stimmt’s?«
    »Sind denn
alle im Urlaub, dass eifrige Reinigungskräfte einspringen müssen?«
    »Er hat
früher in einer anderen Funktion hier gearbeitet.«
    Der Mann
ging um den Schreibtisch herum, setzte sich mir gegenüber und lächelte mich aufmunternd
an. »Ich bin Inspektor Grabowski. Und jetzt in aller Ruhe und der Reihe nach.« Er
legte ein Formular vor sich hin und zückte einen Kugelschreiber. »Ihr Name, bitte?«
    »Valeska
Lem.«
    »Wohnhaft?«
    »Berlin.«
    »Aha, Berlin.
Ich war dort im Sommer zur Messe. Wie hieß sie bloß? Es war mehr für Männer, na,
sagen Sie schon.«
    »Erotikmesse?«
    »Erotikmesse,
so was gibt’s wirklich.« Seine Augen glänzten kurz auf. »Nein, natürlich nicht,
es war eine Elektromesse. Ihr ausgeübter Beruf?«
    »Nein«,
sagte ich genervt. »Ich bin nicht hier, um Ihnen Daten für Ihre Statistik über ausgewanderte
Polen zu liefern, sondern um mit Inspektor Kowalski zu reden.«
    Er zerknüllte
das Formular. »Ich vertrete ihn augenblicklich. Was ist denn Ihre Hauptbeschäftigung?«
    »Das tut
nichts zur Sache.«
    »Formalitäten«,
lächelte er entschuldigend. »Helfen Sie uns.«
    »Ich bin
Übersetzerin«
    »Soll ich
Ihnen das glauben, Frau Lem?«
    Genervt
zuckte ich die Schultern.
    »Wissen
Sie, was ich glaube«, der Inspektor setzte ein verwegenes James-Bond-Lächeln auf.
»Ich glaube nämlich, dass Sie etwas ganz anderes erreichen wollen.«
    »Ja, was
denn?«
    »Sie wollen
mein Vertrauen gewinnen«, schloss er triumphierend. »Für Spionage und so! Haha!
Ich bin aber auf der Hut! Genauso gerissen wie Sie!«
    »Nicht träumen,
Vizeinspektor«, sagte jemand in meinem Rücken. »Die Diebstähle im Werkzeugladen
sind immer noch nicht bearbeitet. Hier, die Akte.«
    Der Ermittler
sprang hinter seinem Schreibtisch auf. »Jawohl, Herr Inspektor.«
    »Kommen
Sie mit, Frau Lem.« Inspektor Kowalski hielt mir die Tür auf.
    Wir durchwanderten
die labyrinthischen Flure und fanden uns in seinem Büro wieder. Er rief Frau Jola
und bat sie um kalte Getränke. Seinen Tischventilator stellte er auf den Boden,
riss das Fenster auf und wollte wissen, ob ich zu meiner Erklärung von neulich etwas
hinzuzufügen hätte. Während die muffige Wärme im Zimmer durch die stickige Hitze
der Straße langsam ersetzt wurde, wies er mich auf meine Rechte und Pflichten hin.
    Dann sah
er mich neugierig an. »Sie wollten Ihre Aussage korrigieren. Habe ich das richtig
verstanden?«
    »Welche
denn?«
    »Bezüglich
Ihres Besuches am 17. Juni, nachmittags, bei Herrn Linde.«
    »Nein. Ich
habe Ihnen doch erzählt, dass ich Jan Linde besucht habe.«
    Inspektor
Kowalski leckte sich die Lippen und sah zur Tür. »Tatsächlich?«, fragte er heiser.
»Es gibt einen Zeugen, der etwas anderes behauptet.«
    »Ach ja,
was denn?«
    »Dass Sie
das Haus gar nicht betreten haben.«
    »Er irrt
sich. Er muss mich verwechseln.«
    »Hören Sie
gut zu.« Er schlug eine Akte auf und las: »Der Zeuge gab Folgendes zu Protokoll:
›Eine große Frau im grünen Kampfanzug hat zuerst vor dem Eingangstor einen Schattenkampf
vollführt. Danach versuchte sie mittels roher Gewalt ins Haus einzubrechen, indem
sie an den Eisenstäben des Tores wütend und zu allem entschlossen rüttelte. Nach
circa 30 Minuten erschien sie am Parkplatz unterhalb der Siedlung, dort hatte ein
bewaffneter Fremdenlegionär samt einer auf Menschentötung abgerichteten Dalmatiner
Dogge auf sie gewartet. Sie berieten sich zwecks einer neuen Taktik. Erst als der
Zeuge drohend den Hang herunterkam, stiegen die beiden gefährlichen Räuber in einen
Kombi und flüchteten.‹ Nun, was sagen Sie, Frau Lem?«
    »Da werde
ja selbst ich neidisch. Dem Mann wird nie langweilig. Was er sich alles ausdenken
kann!«
    »Hat der
Zeuge etwa gelogen?«
    »Also, Herr
Inspektor, ich trug ein elegantes grünes Kleid und drehte mich sehr anmutig zur
Kamera hin. Was die Tarnkleidung von Kurt Schöne betrifft, auf Reisen trägt er immer
seinen Tropenanzug.«
    »Und Jan
Linde öffnete

Weitere Kostenlose Bücher