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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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durchforstete seine Unterlagen ja permanent nach Hinweisen auf andere Revenants, die es geschafft hatten, ihrem Drang zu widerstehen. Möglicherweise besaß Papy ein paar Bücher, die Gaspard noch nicht kannte. Jedenfalls zeigte Vincents Suche nach einer Alternative doch, dass es womöglich wirklich eine gab. Und vielleicht konnte ich etwas herausfinden, was er nicht wusste.
    Mein Wissen über Revenants hielt sich noch immer in Grenzen. Vincent hatte mir Grundlegendes erklärt und dank der vielen Zeit, die ich bei ihm und seinen Anverwandten verbrachte, hatte ich Stück für Stück mehr dazugelernt. Natürlich hatte ich auch im Internet nach Revenants recherchiert, nachdem ich erfahren hatte, dass Vincent einer war. Doch alles, was ich damals finden konnte, waren Verweise auf die alte französische Überlieferung, dass Revenants »die auferstandenen Geister von Verstorbenen waren«. Und selbstverständlich die eher moderne Deutung als Zombies oder andere untote Monster. Nirgendwo stand etwas über die »echten« Revenants – die, die ich kennengelernt hatte.
    Einmal fragte ich Vincent, ob man nur in Frankreich die Bezeichnung »Revenant« benutzte. Er hatte damals geantwortet, dass es in den meisten Sprachen ein Wort gab, das »Revenant« nicht unähnlich war, weil es auf das lateinische Lehnwort venire zurückging, das »kommen« bedeutete. Das war also alles, was ich an Informationen hatte: Das Wort »Revenant«, ein paar grundlegende Fakten über das, was sie waren, den Hinweis, dass ihre Feinde auf einer antiken griechischen Vase abgebildet waren und ... nichts weiter. Viel war das natürlich nicht, aber ich war wild entschlossen: Wenn sich irgendetwas in Papys Bibliothek befand, das mit Revenants zu tun hatte, dann würde ich es finden.
    Das kaum angerührte Essen ließ ich stehen und hastete in sein Arbeitszimmer. An allen Wänden standen Regale, die bis zur Decke reichten und proppenvoll mit Büchern waren. Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Ein paar Exemplare waren auf Französisch oder Englisch, aber das galt bei Weitem nicht für die Mehrheit. Ich erkannte italienische Titel, deutsche, und ein paar kyrillische Buchstaben verrieten, dass auch russische Bücher darunter waren. Ich war völlig überwältigt.
    Geh einfach systematisch vor , sagte ich mir. Ich fing bei dem Regal an, das direkt an die Tür anschloss. Dazu zog ich mir einen Tritthocker heran, damit ich mir die Titel der obersten Werke anschauen konnte. Die Kirche Hagia Sophia. Architektur der Antike. Städtebau und Architektur der Römer. Offensichtlich hatte Papy seine Bücher thematisch geordnet. Im Fach darunter das gleiche Thema. Noch eins darunter ebenfalls.
    Das nächste Fach widmete sich chinesischen Grabfiguren. Im untersten Fach stand Literatur zu asiatischen Siegeln und Schnupftabakgefaßen. Also ein ganzes Regal, das ich getrost auslassen konnte, und diese Erkenntnis hatte mich nur fünf Minuten gekostet. Vielleicht war es ja leichter, als ich gedacht hatte.
    Schon nach einer Stunde konnte ich die Bücher von Interesse auf sechs Fächer eingrenzen. Obwohl Papy mehrere Dutzend Bände besaß, die sich mit antiker griechischer Keramik beschäftigten, wollte ich sie nicht alle einzeln durchgehen, um zu prüfen, ob es noch weitere Amphoren mit Numa-Abbildungen gab wie die aus Papys Laden. Selbst wenn ich eine finden sollte, war es sehr wahrscheinlich, dass im Begleittext nur allgemeine – also für mich wenig nützliche – Informationen geliefert wurden. Nein, ich würde mir stattdessen die Literatur über Mythologie vorknöpfen.
    Ich begann damit, Wälzer über die Griechische, Römische und Nordische Mythologie durchzublättern, doch sie waren alle im zwanzigsten Jahrhundert erschienen und standen sicher in jeder öffentlichen Bibliothek herum. Neben den wichtigsten Göttern fanden sich darin nur Einträge zu den bekanntesten Fabelwesen, die man auch aus den Chroniken von Narnia kannte: Sartyren, Baumnymphen und so weiter. Nichts über Revenants. War ja klar.
    Wenn es ihnen gelungen war, so lange unentdeckt zu bleiben, tauchten sie sicher in keinem der gängigen Nachschlagewerke auf. Ich ließ alle weiteren Bände aus, die so aussahen, als wären sie in den vergangenen hundert Jahren entstanden, und nahm mir die Bücher vor, die noch auf alten Druckpressen hergestellt worden waren. Die meisten dieser wertvollen Bücher verwahrte Papy in speziellen Archivschachteln. Eine nach der anderen zog ich sie hervor, stellte sie auf den

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