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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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damit auf eine Tür am hinteren Ende des Raumes zu zeigen. »Hier entlang, bitte.«
    Wir schlängelten uns zwischen Stapeln alter Bücher und hüfthohen Statuen hindurch, dann folgte ich ihm über eine steile Wendeltreppe in den ersten Stock. Dort verschwand er durch eine Tür, um kurz darauf wieder zu erscheinen und mich in das Zimmer zu winken. »Sie ist bereit, Sie zu empfangen«, sagte er.
    Als ich das Zimmer betrat, erblickte ich eine ältere Frau, die in einem abgenutzten grünen Sessel am Kamin saß und strickte. Sie sah auf und sagte: »Komm her, mein Kind.« Dazu nickte sie in Richtung eines dick gepolsterten Sessels, der ihrem gegenüberstand. Kaum ging ich zu dem mir angewiesenen Platz, verließ der Mann uns und schloss die Tür hinter sich.
    »Wie ich höre, leidest du unter Migräne. Du bist noch sehr jung für dieses Leiden, aber ich habe auch schon Kinder geheilt. Das Jüngste war erst fünf. Ich werde dir sicher helfen können.«
    Ich machte es mir auf dem Sessel bequem.
    »Wann hat sich dieses Leiden das erste Mal gezeigt?«, fragte sie und nahm ihr Strickzeug wieder auf.
    »Um ehrlich zu sein, habe ich gar keine Migräne«, sagte ich. »Ich bin hier, weil ich mit Ihnen über etwas anderes sprechen möchte.«
    Sie schaute mich an, neugierig, aber nicht überrascht. »Dann tu das.«
    »Ich habe eine alte Handschrift gefunden. Sie heißt Unsterbliche Liebe. Darin wurde ein guérisseur in Saint-Ouen erwähnt, der besondere Fähigkeiten besitzt in Bezug auf ... ein bestimmtes Lebewesen.«
    Obwohl ich mir vorab bis ins Detail überlegt hatte, was ich sagen wollte, hörte sich das alles total schräg an. Nun saß ich hier und war mir plötzlich gar nicht mehr so sicher. Auch wenn alles darauf hindeutete, dass dies hier der richtige Ort war ... Mal ehrlich, wie groß war die Chance, dass diese alte Dame wirklich ein Nachkomme des Heilers war, der in dem Text erwähnt wurde? Nach all diesen unzähligen Jahren? Und vor allem bei dem Gedanken daran, wie viele guérisseurs es wohl in ganz Frankreich gab.
    Die Nadeln hörten auf zu klappern und die Frau blickte mich erstaunt an. Zum ersten Mal hatte ich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Im gleichen Moment fühlte ich mich total bescheuert. »Ein bestimmtes, unsterbliches Lebewesen, das man Revenant nennt«, erklärte ich.
    Sie starrte mich noch einen Moment lang an und legte sich dann, kaum dass sie ihr Strickzeug in einem Körbchen neben ihrem Sessel verstaut hatte, eine Hand auf die Brust, wobei sie sich ein Stück nach vorne lehnte. Erst dachte ich, sie hätte einen Anfall, doch dann bemerkte ich, dass sie lachte.
    Nach ein paar Sekunden hörte sie auf, um Luft zu holen. »Das tut mir leid, meine Liebe. Ich lache dich nicht aus. Du solltest einfach nur wissen ... Die meisten Menschen denken, dass wir guérisseurs zaubern können, was natürlich zu allerhand Missverständnissen führt. Ich bin mir darüber im Klaren, dass unser Geschäft sein Übriges dazu beiträgt. Und die ganzen Gegenstände da unten sorgen dafür, dass ich hier im Viertel für eine Hexe gehalten werde. Ich bin aber keine. Ich bin nur eine einfache, alte Frau, die eine Gabe von ihrem Vater geerbt hat: die Kunst zu heilen. Nicht mehr und nicht weniger. Ich kann keine Geister beschwören oder jemanden mit einem Fluch belegen. Und ich weiß nichts über ... irgendwelche Unsterblichen.«
    Ich spürte, dass ich rot wurde. Nicht nur vor Scham, sondern auch, weil sich die aufgestaute Erwartung der letzten Wochen nun löste – und dabei war ich völlig kopflos gegen eine Wand gerannt. In meinen Augen brannte es und ich musste tief Luft holen, um nicht loszuweinen. »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte ich und stand auf. »Muss ich Ihnen etwas bezahlen?« Ich fingerte in meiner Tasche herum.
    »Nein«, sagte sie scharf. Mit sanfterer Stimme fuhr sie fort: »Aber ich bitte dich, deinen Namen auf eine dieser Karten dort zu schreiben und sie in die Schale zu legen. Dann kann ich dich in meine Gebete einschließen.« Sie nickte mit dem Kopf zu einem kleinen Stapel Karteikarten, der auf dem Tischchen neben meinem Sessel stand. Ich kritzelte meinen Namen auf eine der Karten und beugte mich zu der Schale. Und erstarrte.
    In der Schale war die Zeichnung einer Pyramide, die sich in einem Kreis befand. Um die Pyramide loderten Flammen. Ich wirbelte herum, die Frau beobachtete mich reglos, eine Augenbraue erhoben. Abwartend.
    Schnell griff ich in meinen Ausschnitt, zog den Anhänger hervor und hielt ihr das

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