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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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mich.
    »Oh, hallo, Arthur«, sagte ich, legte das Buch in die Schachtel und schob sie so schnell an ihren Platz, wie ich konnte. Als würde er nicht sehen, was ich da tat, wenn ich nur schnell genug war. Sehr klug von mir.
    »Was habt Ihr denn da?«, fragte er.
    »Ach, nur so ein Buch, das ich letztens gefunden habe.« Ich versuchte, locker zu klingen, dabei wusste ich, dass ich die schlechteste Schauspielerin der Welt war. Mir strömten Schuldgefühle aus jeder Pore.
    »Und wovon handelt es?«
    Meine Stimmung schlug ganz plötzlich um und ich dachte: Was geht den das denn an? »Von Werwölfen. Oder nein, warten Sie. Vielleicht waren es auch Vampire. Aber woher soll ich das wissen? Ich bin ja nur eine ahnungslose Sterbliche, da ist es kein Wunder, dass ich euch Monster die ganze Zeit durcheinanderbringe.«
    Er stand auf und machte einen Schritt auf mich zu. »Kate, ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich Euch vor allen anderen gedemütigt habe. Das ...« Er machte eine Pause und wählte seine Worte mit Bedacht. »Das habe ich wirklich nicht gewollt. Aber es gibt einfach ein paar Informationen, zu denen Sterbliche keinen Zugang haben sollten. Das umfasst alles, was in unseren Besprechungen gesagt wird. Das umfasst sogar die Bücher dieser Bibliothek. Und zwar nicht, weil Ihr es nicht verdient, all das zu wissen, sondern weil dieses Wissen Euch in Gefahr bringen kann.«
    Rasend vor Zorn hob ich abwehrend die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Fangen Sie gar nicht erst an, Arthur, ich will das nicht hören.« Ich legte die Hand an der Stelle auf mein Hemd, unter der sich das signum befand, als könnte es mir allein dadurch Kraft schenken, dass wenigstens ein Revenant – der einzige, auf den es mir ankam – mich als Anverwandte sah. Und dann brach es aus mir heraus.
    »Sie stammen aus einer Zeit, in der Personen wie Sie vielleicht noch auf Menschen herabgesehen haben. Aus einer Zeit, in der man glaubte, dass nur Männer intelligent genug sind, um Schulen zu besuchen und gebildet zu werden.« Ich deutete auf die Bücher, die um ihn herum verstreut lagen. »In der Frauen wie Violette noch Beschützer brauchten. Aber wir leben mittlerweile im einundzwanzigsten Jahrhundert. Außerdem habe ich das hier«, ich zog das signum hervor und hielt es ihm vor die Nase, »was bedeutet, dass ich zu euch gehöre. Und ich habe das hier«, ich tippte mir an den Kopf, »was bedeutet, dass ich so intelligent bin wie Sie. Und ich habe das hier«, ich zeigte ihm meinen Mittelfinger, »und das bedeutet: Fahr zur Hölle, du unsterblicher Heuchler.«
    Dann machte ich auf dem Absatz kehrt und stampfte aus der Bibliothek. Der Ausdruck auf Arthurs Gesicht würde sich für immer in mein Gedächtnis einbrennen – und zwar unter der Kategorie: Momente, auf die Kate stolz ist.
    Am Freitagnachmittag begrüßte uns pures Chaos am Gare de Lyon. Die Beschäftigten der Bahn befanden sich mal wieder im Streik, was bedeutete, dass nur einer von drei Zügen überhaupt fuhr. Wir studierten die Anzeigetafel auf der Suche nach unserer Verbindung.
    »Entfällt«, las Vincent vor. Als er meine Enttäuschung sah, drückte er aufmunternd meine Hand. »Das ist noch lange kein Grund aufzugeben. Mal sehen, wann der nächste Zug fährt.« Er ging die Liste durch, die Namen der Zielorte dabei leise vor sich hinmurmelnd, bis er fündig wurde: »Paris-Nizza, morgen früh, Ankunftszeit in Nizza gegen zwei Uhr nachmittags.«
    »Oh nein«, stöhnte ich. »Dann sind wir ja nicht mal vierundzwanzig Stunden da. Vorausgesetzt natürlich, es fährt überhaupt rechtzeitig ein Zug zurück.« Ich löste meinen Blick von der Tafel und sah ihn an. »Wie lange braucht man mit dem Auto?«
    »Ohne Pause achteinhalb Stunden. Natürlich nur, wenn’s keinen Stau gibt. An einem Freitagnachmittag dauert es sicher mindestens zehn Stunden. Auto ist also keine Alternative.« Er dachte kurz nach, kramte dann sein Handy hervor und schrieb eine SMS. »Ich hab eine Idee«, sagte er. »Komm, suchen wir uns ein Taxi.«
    Eine halbe Stunde später waren wir am Flughafen Le Bourget und stiegen in einen kleinen Privatjet. »Der gehört Jean-Baptiste. Normalerweise benutzen wir ihn nur in äußersten Notfällen«, rief Vincent mir über den Turbinenlärm zu.
    »Das glaube ich gern. Es kostet sicher ein Vermögen, mit diesem Ding unterwegs zu sein!«, sagte ich und setzte meinen Fuß in die Flugzeugkabine, die Platz für acht Personen bot.
    »Daran liegt es weniger«, erklärte Vincent.

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