Vom Nehmen Und Genommenwerden
entfachen, müssen wir neue Wege beschreiten, Grenzen verschieben. Der Kontakt mit den eigenen Grenzen löst genau diese Angst aus, die Lust und feurigen Sex in die Beziehung zurückbringt.
Um diesen Prozess in Gang zu setzen, ist es wichtig, miteinander über die Erwartungen und Erfahrungen zu sprechen. Der Austausch über das, was uns Angst macht und wovor wir uns fürchten, aber auch das Mitteilen von Wünschen, Sehnsüchten und Fantasien unterstützt uns dabei, die Grenzen auszudehnen. Auch das erfordert die Ãberwindung von Angst, Angst davor, die intimsten Wünsche mitzuteilen. Wenn die Frau ihrem eher sanften Mann zum Beispiel ihre Fantasie, hart genommen zu werden, eröffnet, mag ihn das genauso schockieren oder beschämen wie sie seine Fantasie, Sex mit zwei Frauen zu haben. Aber Fantasien sind in erster Linie einmal Fantasien und müssen nicht zwingend ausgelebt werden. Doch sie zu kennen, kann höchst an- und erregend sein und auch in einer langjährigen Beziehung die Leidenschaft erneut entzünden.
Viele Paare arrangieren sich unbewusst mit einer eher mittelmäÃigen, lauwarmen Sexualität, anstatt ihre Wünsche beim Namen zu nennen und ihre Grenzen auszutesten. Viele haben Angst, sich auf etwas Neues einzulassen, ihre Fantasien auszusprechen und Tabus zu brechen. Oder sie suchen die Lust auÃerhalb der Beziehung, wo sie zeitlich begrenzt ausgelebt werden kann, anonym und damit wieder kontrollierbar ist. Entscheidet sich ein Paar jedoch, die reinigende Kraft der Sexualität für sich zu nutzen, wird es auÃergewöhnliche Erfahrungen machen. Indem beide die eigenen Grenzen nach auÃen verschieben, um durch Ãngste und Illusionen, durch Kontrollverlust und physischen oder psychischen Schmerz zu gehen, finden sie Freiheit und wahre Liebe dort, wo sie sie längst aufgegeben hatten.
Angst ist nichts anderes als festgehaltene Lebensenergie. Die Bioenergetiker definieren Angst als Erregung ohne Sauerstoff: Wenn wir Angst haben, atmen wir nicht mehr und verlieren dadurch den Kontakt zu unseren Empfindungen und Gefühlen. Wenn wir uns an unsere Grenzen herantasten und dabei bewusst atmen, wird die Angst zwar aktiviert, aber auch unsere Lebendigkeit kehrt zurück, und wir haben sofort wieder Zugang zu den Gefühlen und Empfindungen. Wir haben Angst, uns Grenzen zu nähern, weil wir befürchten, die Kontrolle zu verlieren und dem anderen ausgeliefert zu sein. Wir können jedoch lernen, mit der Angst umzugehen, indem wir die vier Schritte Achtsamkeit, Entspannung, Annahme und Verantwortung beachten. Wenn wir uns Schritt für Schritt auf das einlassen, was uns ängstigt, machen wir die Erfahrung, dass wir unbeschadet, lebendig und wach durch eine angstbesetzte Situation gehen können. Schon für das Individuum ist dies eine Gratwanderung; in der Paarsituation werden wir zusätzlich zu unseren eigenen Befürchtungen noch mit den Ãngsten unseres Partners konfrontiert. Das heiÃt, dass von uns noch mehr Einfühlungsvermögen und Behutsamkeit gefordert werden. Zu groÃe Vorsicht hemmt uns jedoch, und unsere Angst blockiert dann die Lust â und nichts passiert. Bei zu intensiver Lust muss der eine sich vielleicht schützen oder empfindet den Partner als zu fordernd oder egoistisch. Je feuriger die Sexualität, desto mehr Verborgenes bringt sie ans Licht â umso gröÃer ist das Potenzial, dass beide daran wachsen. Wenn wir unsere Angst vor Verletzung und Schmerz auflösen wollen, dann müssen wir bereit sein, durch sie hindurchzugehen. Nur so können wir nicht nur die eigene Angst integrieren und annehmen, sondern auch die des Partners. Dies kann in folgenden vier Schritten geschehen:
Achtsamkeit: Der erste Schritt besteht darin, die Angst überhaupt wahrzunehmen und anzuerkennen. Wir müssen dabei uns selbst und dem Partner gegenüber achtsam sein, um sich wiederholende Reaktionsmuster zu erkennen. Dies kann unangenehm sein, da wir uns die Angst vielleicht nicht eingestehen wollen, uns dafür schämen oder sogar Angst vor der Angst entwickeln. Vielleicht versuchen wir, das unangenehme Gefühl der Angst zu unterdrücken und auszublenden. In der Folge verspannen wir uns. Der physische Körper, aber auch das Energiesystem und unser ganzes Wesen ziehen sich zusammen. Dies nehmen wir als Angst wahr. Wenn wir unbewusst bleiben, verharren wir in diesem Reaktionsmuster, statt es zu
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