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Vom Nehmen Und Genommenwerden

Titel: Vom Nehmen Und Genommenwerden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter A. Schroeter , Doris Christinger
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verankert und sicher ist, ergreift er die Flucht oder schafft Distanz, indem er die Frau mit Worten oder Taten abwertet.
    Im Sexuellen wiederholt und verstärkt sich diese Struktur. Der Mann wird magisch angezogen von der Hingabefähigkeit der Frau. Er will sie erobern und in ihre faszinierende, ihm selbst so fremd gewordene Weiblichkeit eindringen, ohne aber dabei selbst verletzlich zu werden. Er ist seinem Trieb ausgeliefert, was ihn einerseits mit Stolz erfüllt, aber auch mit Ärger, denn er kann dem Ewigweiblichen nichts entgegensetzen. Seine »Waffe« in diesem ungleichen Kampf ist sein steifer Penis. Doch auch diese wird ihm aus der Hand genommen in dem Moment, wo er im Orgasmus in Wonne zerfließt und die Kontrolle verliert. In diesem einen Moment fühlt er sich von der Frau geschwächt, in Gefahr, von ihrem sinnlich-weiblichen Fühlen angesteckt zu werden. Um die notwendige Distanz wiederherzustellen, schläft er kurz nach dem Orgasmus ein oder zieht sich emotional zurück. Tief in seinem Inneren fürchtet er die endlose Lust der Frau und ihre Fähigkeit zu mehreren Orgasmen.
    Merkwürdigerweise fürchten sich aber die meisten Männer genauso vor ihrem Mannsein oder Phallisch-Sein wie vor der Überflutung durch die Gefühlswelt der Frau. Auch hier steht also die Angst im Vordergrund, mit der Urkraft der Frau nicht umgehen zu können. Es ist die Angst, durch seine phallische Kraft die Frau in ihrer Urweiblichkeit zu wecken und ihr dann nicht mehr auf Augenhöhe begegnen zu können.
    Die Lösung liegt für den Mann darin, seine aggressive Geilheit mit seinem Herzen zu verbinden und seine innere, unbewusste Aufspaltung im Frauenbild (Heilige, Hure und Mutter) aufzulösen. Die beiden Prozesse gehen Hand in Hand. Das bedeutet, wenn der Mann sowohl zu seiner phallischen Kraft als auch zu seinen tiefen Gefühlen steht, kann er die Frau als Verführerin, Geliebte und Mutter in sich aufnehmen, ohne sich selbst dabei zu verlieren.
    Unsere Erfahrung in der Männerarbeit zeigt, dass heute viele Männer in erster Linie Angst vor ihrer Lebendigkeit haben, die sich in der Kontrolle ihrer Leidenschaft, ihren Gefühlen und vor allen Dingen in ihrer natürlichen Aggression zeigt. Der sanfte Mann bringt seiner Frau sehr viel Verständnis entgegen. Er hat Angst vor seiner latenten Gewalttätigkeit und will den Geschlechterkampf beenden. Er unterscheidet nicht zwischen Aggression und Gewalt und fürchtet sich davor, wirklich phallisch zu sein und seine Frau mit seinem ganzen Wesen zu überwältigen. Dadurch bleibt sein Liebesleben in Mittelmäßigkeit stecken. Er verliert an Potenz, und seine Frau ist frustriert, weil ihre Sehnsucht, genommen zu werden, nicht gestillt wird. Auf der anderen Seite hat er Angst, von ihrer überschäumenden Gefühlswelt überschwemmt und überflutet zu werden und sich darin zu verlieren. Und so hält er sie auf Distanz, weil das seine einzige Möglichkeit ist, sich zur Wehr zu setzen, wie einst gegen die fordernde und erdrückende Liebe der Mutter. Seine Herausforderung besteht darin, einen neuen Zugang zu seiner Lebendigkeit zu finden.
    Ein Mann baut seine phallische Kraft auf, indem er sich seiner Körperlichkeit bewusst wird. Er könnte eine Kampfsportart ausüben oder mit einem Freund Tennis spielen gehen – ganz egal, was er tut: Es sollte ihm Freude machen, seinen Körper aktiv zum Einsatz zu bringen. Eine Schlüsselrolle auf emotionaler und geistiger Ebene spielen Männerfreundschaften. Hier könnte er sich fragen: Inwieweit konfrontiere ich meine Freunde mit meiner eigenen Meinung? Bin ich durchsetzungsfähig? Nehme ich wahr, dass Männer eine andere Sprache sprechen als Frauen? Wie sieht es mit meinem Freundeskreis aus? Sind meine Freunde Vorbilder für mich? Stehen sie mir mit Rat und Tat zur Seite? Über seine Männerfreundschaften entwickelt er seine phallische Kraft – für sich und seine Frau.
    Die Herausforderung für die Frau
    Dem Prinzip des Männlichen begegnet eine Frau über den eigenen Vater zum ersten Mal. Er ist übergroß, unerreichbar und zunächst verboten. Das kleine Mädchen ist überzeugt, »später« seinen Papa zu heiraten, und es setzt schon früh seine Reize ein, um ihn für sich zu gewinnen, ihn eifersüchtig und damit schwach zu machen. Unterbricht der Vater dieses Spiel nicht, zum Beispiel durch eine

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