Vom Regen in die Traufe
Lundmark.
» Ja, und so soll's auch sein « , bekr ä ftigte der Fahrer.
Da die Rede sowohl vom Zweiten Weltkrieg als auch vom Schmucken Jussi gewesen war, erz ä hlte Hermanni Heiskari zur Erg ä nzung noch die Geschichte von einer historischen Bege g nung. Nach dem Krieg traf der Schmucke Jussi bei einem Moskaubesuch im Kreml mit Stalin zusammen. Jussi war f ü r Pr ä sident Paasikivi eingesprungen, denn der war an einer heftigen Grippe erkrankt und hatte nicht zu den Verhandlu n gen nach Moskau reisen k ö nnen. Da hatten sich also Jussi und Stalin ü ber Sicherheitsfragen in Skandinavien beraten. Sie hatten sich in Rekordzeit geeinigt und anschlie ß end ü ber die Weltpolitik geplaudert. Gemeinsam hatten sie unter anderem den Atombombenabwurf der USA in Hiroshima und Nagasaki verurteilt, auch wenn Stalin der Meinung gewesen war, dass die Russen nur so die Kurileninseln h ä tten besetzen k ö nnen. Die Sowjetunion h ä tte selbst gern die Bomben abgeworfen, und zwar direkt auf Tokio und nicht auf irgendwelche unbedeute n den Provinzst ä dte. Nun ja, so viel dazu. Die beiden hatten Wodka gebechert, und zwar nicht wenig. Im beginne n den Rausch hatte Jussi m ä chtig auf den Putz gehauen und zu Stalin gesagt, h ö r zu, Generalissimus, du solltest den Finnen noch anst ä ndig die Reparationszahlungen erh ö hen, damit in der Welt nicht von einem Kuhhandel gemunkelt wird, denn das ist nicht gut f ü r Finnlands Ruf.
Stalin hatte den Hinweis ernst genommen und die Rec h nung um hundert Prozent erh ö ht. Aber wie ja alle wussten, erwies sich das letztlich als Vorteil f ü r Finnland. Der Masch i nenbau und vor allem die Werftindustrie erlebten einen echten Au f schwung, und das Land wurde industrialisiert.
Als der Schmucke Jussi dann zu gegebener Zeit aus Moskau zur ü ckkehrte, wurde sein Zug auf jedem finnischen Bahnhof von gro ß en Volksmassen empfangen. Die Leute sangen vate r l ä ndische Lieder und Lobeshymnen, und die B ü rgermeister hielten feierliche Reden. Auf dem Bahnhof in Helsinki hatte sich Juho Kusti Paasikivi h ö chstpers ö nlich eingefunden. Er war inzwischen von seiner Grippe genesen, hatte nicht einmal mehr Fieber. Paasikivi bedankte sich sehr bei Jussi f ü r die ausgezeic h net gef ü hrten Verhandlungen. Wer einmal Russisch gelernt hat, der kann es f ü r immer, darin waren sich beide einig. Wieder wurden Lieder gesungen, und Beifall gab es bis zum Ü berdruss. Alli Paasikivi ü berreichte dem Vertreter ihres Mannes einen Strau ß Dahlien.
» Ohne den Schmucken Jussi h ä tten wir heute nicht diesen hohen Lebensstandard, und das trotz der Krise « , best ä tigte der Fahrer. » Wir w ä ren garantiert nicht EU-tauglich. «
In Siikaselk ä betrat Hermanni Akseli Rotivaaras H ü tte, es war ein ehemaliges Holzf ä llercamp, und Akseli wohnte in den R ä umen der Chefs. Auf dem Hof vor der H ü tte stand, auf mehreren Steinen, Hermannis R ä ucherkiste. Sie war au ß en v ö llig verru ß t, also wohl flei ß ig benutzt worden.
Nach einer Weile kam Hermanni mit Akseli heraus, unter dem Arm trug er ein dickes B ü ndel maschinenbeschriebener Seiten und einen Sto ß Landkarten. In der anderen Hand hielt er ein B ü schel grauer Haare. Akseli hatte Tr ä nen in den A u gen. Er plapperte:
» Wir haben uns geeinigt, Hermanni und ich, dass ich bis Vuotso mitfahren kann. Er spendiert mir ein Bier. «
» Sozusagen als Dank f ü r die Aufbewahrung des Man u skripts « , erg ä nzte Hermanni Heiskari.
Die T ü ren des Wagens knallten zu, und das neue Ziel hie ß Vuotso.
15
Sie setzten Akseli Rotivaara in Vuotso ab, damit er Bier tanken konnte. Der Alte schwor, Hermannis Geheimnis f ü r sich zu behalten, w ü nschte aber unbedingt als Reservist in die zu gr ü n dende Partisanenarmee eingezogen zu werden, immerhin verstand er zu k ä mpfen und troff au ß erdem vor Wut auf die hohen Herren. Hermanni knurrte nur, der alte Feldwebel m ö ge seine Kriegstr ä ume begraben und strikt die Klappe halten. Akseli erkl ä rte, dass er immerhin noch zum Dienst in der Kleiderausgabe taugen w ü rde, falls Not am Mann sein w ü rde.
Ragnar gab anschlie ß end zu bedenken, dass der Alte im Suff Hermannis Aufstandsprojekt verraten k ö nnte, aber Hermanni machte sich darum keine Sorgen. Hier im Norden plante jeder Kerl die Revolte, wenn er ein paar Bier intus hatte. Auf dieses Gerede achtete sowieso keiner.
Hermanni und Ragnar fuhren im Taxi weiter nach Ivalo. Sie suchten ein Papiergesch ä ft
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