Vom Regen in die Traufe
guter Jahrgang.
Zufrieden registrierte Lena, dass ihr anverlobter Lebensre t ter, der fliegende Geselle Hermanni Heiskari, innerhalb von zwei Monaten gute Weine zu sch ä tzen gelernt hatte und sich ehrlich ü ber die Delikatessen, die vor ihm standen, zu freuen vermoc h te, unaufgeregt und entspannt wie ein Gentleman, der sich in der Welt der Gen ü sse bestens auskennt. Lena sah in ihm den edlen und wilden Guerillachef aus den W ä ldern, der sich nach kurzer Eingew ö hnung sogar in den h ö chsten Kreisen wie zu Hause f ü hlte.
Oberst Ragnar Lundmark, dessen Wangen bereits leicht gl ü hten, hob sein Glas und schw ä rmte von den kommenden Monaten:
» Stell dir vor, wir besuchen eine Ausstellung von Salvador Dali in Z ü rich oder sonst wo, schl ü rfen in Paris die edelsten Weine der Welt, speisen zu Abend in der kameradschaftlichen Enge der Offiziersmesse eines argentinischen U-Bootes auf einem Atoll im Stillen Ozean …, machen einen Abstecher ins N ö rdliche Eismeer, um auf den Vogelklippen der B ä reninsel den wilden Schreien der Papageientaucher zu lauschen, oder wir reisen vielleicht nach Afrika in die Serengeti zu den wilden Tieren, ruhen uns nach einem hei ß en Tag unter dem k ü hlen Schutz eines Moskitonetzes aus …, nur um von diesen Ausfl ü gen wieder in die Metropolen und die glamour ö se Welt der Salons zur ü ckzukehren. Und dort hoffen wir dich zu treffen, liebste Lena! Sk å l! «
Lena Lundmark versp ü rte das Bed ü rfnis, die Toilette aufz u suchen. Auch die M ä nner nutzten die Gelegenheit zu einem Besuch des Pissoirs. Dort standen sie eintr ä chtig nebeneina n der vor den Porzellanbecken, und Ragnar schwor mit dem Unte r ton des f ü rsorglichen Butlers:
» Vor uns liegt eine Folge fantastischer Gen ü sse, fast ein ga n zes Jahr lang! Wir werden im Gl ü ck schwimmen! Wir k ö nnen die besten Delikatessen der Welt genie ß en, sehen die sch ö nsten Landschaften, riechen engelhafte D ü fte, erleben die g ö ttlichsten Dinge, alles, was sich auf dieser Welt nur derjenige leisten kann, der unermesslich viel Geld und ein ausgezeichnetes Organisat i onstalent besitzt. «
Als Lena an den Tisch zur ü ckkehrte, erkundigte sie sich, was Hermanni von dem Programm hielt, das beim Abende s sen zur Sprache gekommen war. Hatte er noch irgendwelche speziellen pers ö nlichen W ü nsche?
In bescheidenem Ton ä u ß erte Hermanni, dass er, zus ä tzlich zu alledem, einfach nur den Wunsch des gew ö hnlichen Vag a bunden hatte, eine Reise um die Welt zu machen.
Lena warf ihm ü ber ihr Moltebeerenparfait hinweg einen verliebten Blick zu und versprach:
» Aber nat ü rlich, liebster Hermanni, Ragnar und du, ihr k ö nnt in der Zeit sogar zwei oder drei Mal um die Welt reisen, es liegt ganz in eurem eigenen Ermessen. «
Im tiefsten Inneren f ü hlte sich Hermanni wie ein schmier i ger Gigolo oder zumindest wie ein Pflegekind, ein Brath ä h n chen von Holzf ä ller, aber er hatte nicht die Zeit und eigentlich auch keinen Anlass, diesen Gedanken weiter zu vertiefen.
Dritter Teil
19
Hermanni und Ragnar brachten Lena am Morgen zum Flu g platz. Sie hatte es eilig und wollte ü ber Helsinki nach Maaria n hamina reisen, um sich ihren Gesch ä ften zu widmen. Auf dem windigen Flugfeld umarmte Hermanni sie zum Abschied. Zum ersten Mal w ü nschte er sich, sie m ö ge l ä nger oder sogar f ü r immer bleiben, und er wartete extra auf dem Flugplatz, bis er die donnernde D ü senmaschine in steilem Winkel zum Hi m mel aufsteigen sah. Er hatte einen Klo ß in der Kehle, musste schl u cken. Hermanni hatte sich verliebt. Ragnar Lundmark fand daf ü r die Worte:
» Wie mir scheint, herrscht in deiner Brust momentan ein ziemliches Chaos der Gef ü hle. «
Ragnar war ü bergangslos in seine alte Rolle als Butler g e schl ü pft, auch wenn er Hermanni nicht mehr siezte.
Als sie zur Tagesordnung und in die Stadt zur ü ckkehrten, stellten sie auf einmal fest, dass Hermanni gar keinen Reis e pass besa ß . Ragnar faxte an den Landpolizeikommissar von Inari und erhielt bald darauf aus dessen B ü ro die Antwort, dass es vom Zeitpunkt der Beantragung zwei Wochen dauern w ü rde, bis das Dokument ausgestellt war. Also marschierten sie in ein Fotostudio, und anschlie ß end musste Hermanni nochmals nach Ivalo fliegen. Ragnar blieb diesmal in Rov a niemi, um den Aufstandsplan ins Reine zu schreiben und auf Disketten zu speichern. In dieser Form w ü rde sich der Text leichter bearbe i ten,
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